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STERN/187: VISTA entdeckt 96 Sternhaufen (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 12/11 - Dezember 2011
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten

VISTA entdeckt 96 Sternhaufen


Auf dem Berg Paranal in der chilenischen Atacama-Wüste betreibt die Europäische Südsternwarte ESO nicht nur das Very Large Telescope mit seinen vier Acht-Meter-Spiegeln, sondern auch ein spezielles Durchmusterungsteleskop für den Infrarotbereich. Mit diesem gelang kürzlich der Nachweis von 96 bislang unbekannten offenen Sternhaufen in unserem Milchstraßensystem. Der Name des 4,1-Meter-Teleskops ist VISTA, die Abkürzung steht für »Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy«. Es wird vor allem im nahen Infraroten eingesetzt. Vor etwa einem Jahr begann eine Forschergruppe um Jura Borissova mit einer systematischen Durchmusterung des Himmels mittels VISTA entlang der Ebene unseres Milchstraßensystems. Im infraroten Spektralbereich sind viele der dichten Gas- und Staubnebel in unserem Milchstraßensystem durchsichtig, so dass VISTA in sie hinein und durch sie hindurch blicken kann.

Der Name des Programms ist »VISTA Variables in the Via Lactea« (ungefähr: VISTA-Beobachtungen von Veränderlichen in der Milchstraße) oder kurz VVV. Nun stellte das Team seine ersten Ergebnisse vor. Die neuentdeckten Sternhaufen verbergen sich hinter dichten Gas- und Staubwolken. Die Forscher fanden sie vor allem bei schon bekannten Sternentstehungsgebieten in Regionen, die im sichtbaren Licht völlig leer erschienen.

Um im Gewimmel von Vordergrundsternen einem Sternhaufen auf die Schliche zu kommen, entwickelten die Astronomen ein Computer-Programm, mit dem sich zufällig im Bildfeld befindliche Vordergrundobjekte »ausblenden« ließen. So konnten die Forscher anschließend die Anzahl der jeweiligen Haufenmitglieder zählen.

Zudem bestimmten sie den Durchmesser der Sternhaufen und bei ausreichender Mitgliederzahl auch ihre Entfernung und ihr Alter. Die meisten der neuentdeckten Objekte sind sehr klein und bestehen aus nur 10 bis 20 Mitgliedern. Sie sind somit auch lichtschwach und oft stark zum Zentrum hin konzentriert. Der Staub schwächt ihre Helligkeit im sichtbaren Licht um Faktoren zwischen 10.000 und 100 Millionen ab, so dass sie bisherigen Himmelsdurchmusterungen im sichtbaren Licht entgehen mussten.

Derzeit sind in unserer Galaxis rund 2500 offene Sternhaufen bekannt. Die Forscher nehmen an, dass sich hinter den Gas- und Staubschwaden der Milchstraße noch bis zu 30.000 weitere Objekte dieser Art unseren Blicken entziehen. Sie sind wichtige Bausteine für unser Verständnis vom Aufbau und der Entwicklung des Milchstraßensystems (siehe SuW8/2011, S 30).

Astronomy & Astrophysics 532, A131, 2011


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w i s - wissenschaft in die schulen

Zu diesem Beitrag stehen didaktische Materialien auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de/artikel/1116791 zur freien Verfügung. Sie zeigen anhand einfacher Experimente, wie Astronomen durch kosmischen Staub beobachten und bisher unentdeckte Objekte aufspüren können.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Eine Auswahl von 15 der 96 mit dem Durchmusterungsteleskop VISTA entdeckten neuen offenen Sternhaufen in unserem Milchstraßensystem. Die Bilder sind Falschfarbenkomposite in drei verschiedenen infraroten Wellenlängen.


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Quelle:
Sterne und Weltraum 12/11 - Dezember 2011, Seite 14
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2011