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STERN/277: Spektakuläre Landschaften der Sternentstehung (idw)


Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network - 20.08.2014

Spektakuläre Landschaften der Sternentstehung



Bildveröffentlichung der Europäischen Südsternwarte (Garching) - Das vorliegende Bild, welches von der Wide Field Imager-Kamera am La Silla-Observatorium der ESO aufgenommen wurde, zeigt zwei spektakuläre Sternentstehungsregionen in der südlichen Milchstraße. Die erste Region, im Bild auf der linken Seite zu sehen, wird vom offenen Sternhaufen NGC 3603 dominiert. Er befindet sich in einer Entfernung von etwa 20.000 Lichtjahren im Carina-Sagittarius Spiralarm unserer Milchstraße. Die zweite Region, im Bild auf der rechten Seite, ist eine Ansammlung von leutenden Gaswolken, bekannt als NGC 3576. Sie ist etwa 9000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Bild: © ESO/G. Beccari

Sternentstehung in der südlichen Milchstraße
Bild: © ESO/G. Beccari

NGC 3603 ist ein sehr heller Sternhaufen, der dafür bekannt ist, dass er die größte Konzentration an schweren Sternen enthält, die bisher in einem Sternhaufen gefunden wurden. Im Zentrum liegt ein Wolf-Rayet-Mehrfachsternsystem mit der Bezeichnung HD 97950. Wolf-Rayet Sterne befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Sternentwicklung, ihre Einzelsterne besitzen mehr als 20 Sonnenmassen. Wolf-Rayet Sterne verlieren große Mengen an Materie über starke Sternwinde, welche das Material an der Sternoberfläche mit mehreren Millionen Kilometern pro Stunde in den Weltraum transportieren. Es ist eine Art extreme "Stern-Diät" in kosmischen Dimensionen.

NGC 3603 ist ein Gebiet sehr intensiver Sternentstehung. Sterne werden in dunklen und staubigen Regionen des Alls geboren, die weitgehend dem direkten Blick entzogen sind. Wenn die jungen Sterne dann langsam beginnen zu leuchten, entfernen sie selbst das sie umgebende Material und werden sichtbar. Sie erzeugen auf diese Art jene leuchtenden Gaswolken, die als H II-Regionen bekannt sind. H II-Regionen leuchten aufgrund der Wechselwirkung zwischen ultravioletter Strahlung, welche von den jungen und heißen Sternen abgegeben wird, und dem Wasserstoffgas in den sie umgebenden Wolken. H II-Regionen können Durchmesser von mehreren hundert Lichtjahren besitzen. Die Region, welche NGC 3603 umgibt, hat die Besonderheit, dass sie jene mit der größten Masse in unserer Galaxis ist.

Der Sternhaufen wurde zum ersten Mal von John Herschel am 14. März 1834 beobachtet. Er führte eine dreijährige Expedition zur systematischen Untersuchung des südlichen Sternenhimmels durch, und beobachtet in der Nähe von Kapstadt in Südafrika. Er beschrieb den Haufen als ein bemerkenswertes Objekt und dachte, dass es ein Kugelsternhaufen sein könnte. Spätere Studien zeigten jedoch, dass es kein alter kugelförmiger Sternhaufen, sondern ein junger, offener und sehr sternreicher Haufen ist.

NGC 3576, auf der rechten Seite im Bild zu sehen, liegt ebenfalls im Carina-Sagittarius-Spiralarm unserer Milchstraße. Er befindet sich nur etwa 9.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und ist daher viel näher als NGC 3603, obwohl er im Bild als sein Nachbar erscheint.

NGC 3576 ist aufgrund zweier großer Objekte bemerkenswert, die den gekrümmten Hörnern eines Schafbocks ähneln. Diese seltsamen Filamente sind das Ergebnis stellarer Winde, die von den heißen und junge Sternen in der Zentralregion des Nebels ausgehen. Sie haben Staub und Gas über hunderte Lichtjahre nach außen transportiert. Im obernen Bereich des Nebels sind zwei dunkle Silhouetten zu erkennen, sogenannte Bok-Globulen. Es sind Bereiche, in denen in Zukunft neue Sterne entstehen können.

NGC 3576 wurde ebenfalls im Jahr 1834 von John Herschel entdeckt. Es war eines der produktivsten und erfolgreichsten Jahre des englischen Astronomen.


Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner bei den neuartigen Teleskopverbund ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

Weitere Informationen unter:

http://www.eso.org/public/germany/news/eso1425/
- Webversion der Bildveröffentlichung mit weiteren Bildern und Videos

http://www.eso.org/public/images/archive/search/?adv=&subject_name=mpg
- Fotos vom MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop

http://www.eso.org/public/images/archive/search/?adv=&facility=15
- Weitere Aufnahmen mit dem MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1413

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network
(Dr. Carolin Liefke), 20.08.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2014