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ZOOLOGIE/1232: Schadtier und Nützling zugleich - Pflanzenwespen in Afrika untersucht (idw)


Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 03.03.2015

Schadtier und Nützling zugleich - Pflanzenwespen in Afrika untersucht


Müncheberg, den 03.03.2015. Wissenschaftler des Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg haben gemeinsam mit deutschen und afrikanischen Kollegen die Verbreitung und Ernährungsweise von Pflanzenwespen in Afrika untersucht. Die Larven der Tiere ernähren sich von Lebensmittel- und Futterpflanzen und können dadurch deren Ernte schädigen. Eine der Arten könnte aber auch als biologische Maßnahme gegen die invasive "Tagblume" (Commelina communis) eingesetzt werden, die sich in Teilen Europas und Nordamerikas ausbreitet. Die Studie ist in der "Deutschen Entomologischen Zeitschrift" erschienen.

Das westafrikanische Benin lebt von seiner Landwirtschaft: Rund zwei Drittel aller Beniner arbeiten im landwirtschaftlichen Betrieb und erwirtschaften dabei etwa ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Umso wichtiger ist es potentielle Schädlinge an Lebensmittel- oder Futterpflanzen frühzeitig zu erkennen. "Wir haben deshalb westafrikanische Pflanzenwespen untersucht, deren Larven als landwirtschaftliche Schadinsekten verdächtigt werden", erzählt Andrew Liston vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg und resümiert: "Unsere Studie zeigt, dass die von uns untersuchten Insekten alle mehr oder weniger Einfluss auf die Ernteergebnisse haben."

Pflanzenwespen gehören zwar zur Gruppe der Wespen, haben aber im Gegensatz zu ihren gelb-schwarz gestreiften Verwandten keine sogenannte "Wespentaille". Die Larven der Wespen leben meist auf Pflanzen und ähneln optisch den Schmetterlingsraupen. Zahlreiche Arten der Pflanzenwespe sind in den gemäßigten Klimaregionen beheimatet, "aber auch in Afrika gibt es eine Vielzahl von Pflanzenwespen-Arten", ergänzt Liston. Während in Europa der potentielle Schädling als sehr gut untersucht gilt, sind die afrikanischen Pflanzenwespen nahezu unerforscht. "Und das obwohl die beiden häufigsten Arten der afrikanischen Gattung Xenapates (X. braunsi und X. gaullei) schon 1896 von einem deutschen Wissenschaftler beschrieben wurden", fügt der Müncheberger Entomologe hinzu.

Liston hat mit seinen Kollegen Dr. Georg Goergen vom "International Institute of Tropical Agriculture" in Benin und Dr. Frank Koch vom Museum für Naturkunde in Berlin nun diese beiden weit verbreiteten Pflanzenwespen-Arten genauer unter die Lupe genommen. "Wir haben sowohl die Morphologie der Tiere als auch ihre Lebensräume und Ernährungsgewohnheiten untersucht", erläutert Liston. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass sich die Larven der Pflanzenwespe Xenapates braunsi von verschiedenen Gräsern ernährt, unter anderem von Mais - einem wichtigen Bestandteil der afrikanischen Landwirtschaft. "Die Pflanzenwespenart ist bisher die einzig bekannte, die sich von dieser wichtigen Futterpflanze ernährt", erklärt Liston.

Die Larven von Xenapates gaullei dagegen fressen bevorzugt Tagblumen (Commelina) und nehmen so ebenfalls direkten Einfluss auf die Landwirtschaft: die Blätter dieser meist blau blühenden Pflanzen werden in afrikanischen Ländern als Gemüsebeilage gegessen.

Doch auch Commelina communis steht auf dem Speiseplan der gefräßigen Raupen, "diese Pflanze breitete sich invasiv in Europa und Nordamerika aus. In den USA steht sie in einigen Ländern auf der "schwarzen Liste" für gefährliche invasive Pflanzenarten", ergänzt Liston. Einen Einsatz der Pflanzenwespe zur biologischen Kontrolle der Ausbreitung von Commelina communis schließt der Müncheberger Wissenschaftler nicht aus.


Publikation:
Liston A, Goergen G, Koch F (2015) The immature stages and biology of two Xenapates species in West Africa (Hymenoptera, Tenthredinidae). Deutsche Entomologische Zeitschrift 62(1): 9-17.
doi: 10.3897/dez.62.8922

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution639

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Judith Jördens, 03.03.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2015

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