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ZOOLOGIE/1385: Konstanzer Studie untersucht Gruppenbewegungen von Pavianen (Universität Konstanz)


Universität Konstanz - Pressemitteilung vom 3. Februar 2017

Die Wege der anderen

Eine Studie von Konstanzer Biologen zeigt, dass Umfeld und soziales Verhalten die Gruppenbewegung von Pavianen beeinflusst


Bei der Entscheidung, welchen Weg sie während einer gemeinsamen Wanderungsbewegung einschlagen, folgen einzelne Paviane meistens den Wegen, die ihre Gruppenmitglieder genommen haben. Eine Studie der Konstanzer Biologen Prof. Iain Couzin, Ph.D., und der Doktorandin Ariana Strandburg-Peshkin legt darüber hinaus nahe, dass Umweltfaktoren, wie zum Beispiel Straßen und die Dichte der umgebenden Vegetation, eine wichtige Rolle dabei spielen, wie sich Paviane als Gruppe bewegen. Die Ergebnisse wurden im Open Access-Wissenschaftsjournal eLife vom 31. Januar 2017 veröffentlicht.

Um dieses Verhalten zu untersuchen, beobachteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA und Deutschland im Mpala Research Centre in Laikipia (Kenia) 25 wildlebende Anubispaviane, die zur selben Gruppe gehörten. Die Beobachtung wurde durch ein sekundengenaues GPS-Systems ermöglicht. Außerdem benutzten die Wissenschaftler ein Dronen-basiertes Bildgebungsverfahren, um hochauflösende, dreidimensionale Abbildungen der physischen und vegetativen Struktur der Umgebung der Paviane zu erhalten. Schließlich kombinierten sie für die Vorhersage der Tierbewegungen die Daten mit einem Modellierungssystem.

Durch diese Methoden wurde erstmals klar, wie der Lebensraum der Paviane und die sozialen Interaktionen der Tiere, insbesondere ihre Neigung, einander zu folgen, zusammenspielen. Es zeigte sich auch, wie die Bewegungen von einzelnen Tieren die Gruppe beeinflussen und letztendlich die gesamte Gruppenstruktur bestimmen. Als wichtigster Indikator für die Entscheidung der Paviane, wohin sie sich bewegen werden, haben sich die Wege herausgestellt, die andere Gruppenmitglieder in der Vergangenheit gegangen sind - insbesondere innerhalb der vergangenen fünf Minuten. Je mehr Paviane in dieser Zeit einen bestimmten Punkt durchqueren, desto attraktiver wird dieser für die einzelnen Tiere.

"Wir haben auch festgestellt, dass Paviane dazu neigen, von Menschen angelegte Straßen zu nutzen, in geringerem Maß auch Tierpfade. Das ermöglicht ihnen ein effektives 'Pendeln' von und zu dem Schlafplatz ihrer Gruppe", sagt Erstautorin und Doktorandin Ariana Strandburg-Peshkin vom Department of Ecology and Evolutionary Biology, Princeton University (USA), die derzeit am Max-Planck-Institute für Ornithologie in Radolfzell forscht.

"Die Bewegungen der Tiere werden auch von Eigenschaften ihres Lebensumfeldes begrenzt wie zum Beispiel der Vegetation. Beispielsweise in besonders dicht bewachsenen Umgebungen bewegt sich die Gruppe langsamer, und die einzelnen Tiere gleichen ihre Bewegungsrichtung einander weniger an. Dies belegt, wie die Umgebung die gesamte Struktur und Bewegung einer Gruppe beeinflussen kann.

Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, den Lebensraum auf der einen Seite und soziale Eigenschaften auf der anderen Seite in Verbindung zu bringen, um die Bewegungen sowohl von einzelnen Tieren als auch von Gruppen zu verstehen. Laut Ariana Strandburg-Peshkin ist dies ein "bedeutender Schritt" um vorhersagen zu können, wie Umgebungen, die sich verändern, Tiere in einem sozialen Verbund beeinflussen können.

Hauptautor Iain Couzin, Professor für Diversität und Kollektivverhalten an der Universität Konstanz, der zugleich am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell die Abteilung für Kollektivverhalten leitet: "Obwohl unsere Arbeit zeigt, welche Einblicke man mit Technologien wie der Dronen-basierten Fernbildaufnahme und GPS-Tracking gewinnen kann, mussten wir uns bei der Datengewinnung auf einen relativ kurzen Zeitraum beschränken - hauptsächlich aufgrund der begrenzten Lebensdauer der Batterien."

Couzin weiter: "Es wäre sehr reizvoll, zukünftig längerfristig oder wiederholt über das ganze Jahr Einblicke in Tiergruppen zu erhalten, um Änderungen der Umweltbedingungen, wie zum Beispiel sehr nasses oder sehr trockenes Wetter, zu erfassen. Dies würde uns ermöglichen, mit noch größerer Genauigkeit zu untersuchen, wie diese Veränderungen die Entscheidungen der einzelnen Tiere und die der gesamten Gruppe beeinflussen."


Originalpublikation:
Ariana Strandburg-Peshkin, Damien R Farine, Margaret C Crofoot, Iain D Couzin:
Habitat and social factors shape individual decisions and emergent group structure during baboon collective movement.
eLife, 31. Januar 2017.
doi.org/10.7554/eLife.19505.

Faktenübersicht:

  • eLife ist ein Zusammenschluss von Förderern und Wissenschaftlern, die die Methode, wie wichtige Forschung ausgewählt, präsentiert und geteilt wird, verbessern wollen.
  • eLife publiziert herausragende Arbeiten in allen Bereichen der Life Sciences und Biomedizin.
  • eLife wird vom Howard Hughes Medical Institute, der Max-Planck-Gesellschaft und dem Wellcome Trust unterstützt.
  • Inhalte, einschließlich Text, Bilder und Daten des Artikels können im Rahmen einer CC BY 4.0-Lizenz frei benutzt werden.
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Quelle:
Universität Konstanz - Pressemitteilung vom 3. Februar 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2017

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