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BERICHT/030: Naturerlebnis im 100 Jahre alten Boselgarten (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 13 vom 21. Juli 2009

Naturerlebnis im 100 Jahre alten Boselgarten
Akanthus, Lein und Backenklee derzeit in voller Blüte

Von Andrea Fink


Zwischen Meißen und Radebeul, unmittelbar an der sächsischen Weinstraße, liegt die markante Boselspitze im Spargebirge. Wer sich auf den Weg macht, sie zu ersteigen, wird nicht nur mit einer einmaligen Aussicht auf die Elbe und die weitere Umgebung belohnt, sondern den erwartet auch ein kleiner, aber feiner Garten mit hundertjähriger Geschichte und einer Vielfalt an einheimischen und überregionalen Pflanzen. Der Boselgarten gehört zum Botanischen Garten der Technischen Universität Dresden und wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts von dem bedeutenden Dresdner Botaniker Professor Oskar Drude, ehemals Leiter des Botanischen Instituts und des Botanischen Gartens der Technischen Hochschule Dresden und des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, gegründet.

Die Entstehung des Boselgartens an diesem einzigartigen Standort war jedoch mit einigen Hindernissen verbunden. Professor Drude beschäftigte sich seit den 1890er Jahren mit den wärmeliebenden Pflanzengesellschaften Sachsens und erkannte das Potential des Elbhügellandes und dessen Reichtum an teils sehr seltenen Pflanzen. Zu jener Zeit wurde das Gebirge aber auch extensiv als Steinbruchfläche genutzt und der Naturraum immer weiter abgebaut. Ein neuer Eigentümer missachtete zudem vorher getroffene Zusagen zur Erhaltung der schützenswerten Vegetationsflächen und betrieb Abbau in großem Umfang. Daraufhin erwarb der Landesverein Sächsischer Heimatschutz im Dezember 1908 auf Anraten Drudes ein Flurstück in der Nähe der Boselspitze, um die seltenen Pflanzen zu bewahren. Denn dieser war der Ansicht, dass bedrohte Arten am besten dort geschützt werden sollten, wo sie auch natürlich vorkommen.

In den Folgejahren richtete der Verein mit Hilfe der Professoren Drude und Arno Naumann eine botanische Sammlung ein, die den Charakter einer Heimatschutzanlage trug. Dadurch sollte zum einen dem Steinbruch eine Grenze gesetzt werden, zum anderen wollte man durch die Erhaltung bedrohter Arten einen Beitrag zur Volksbildung leisten. Besonders für Studenten wurde der Boselgarten zu einem beliebten Exkursionsziel.

Mit dem Inkrafttreten des ersten Reichsnaturschutzgesetzes 1935 konnte der Steinbruch an Auflagen gebunden werden, die schließlich 1943 zum Verkauf des gesamten Besitzes an den Landesverein Sächsischer Heimatschutz führten. 1948 wurde der gesamte ehemalige Steinbruchbesitz als Naturdenkmal unter Schutz gestellt und auf Initiative von Professor Herbert Ulbricht übernahm die Technische Hochschule Dresden die Verantwortung für den Boselgarten als Außenstelle des Botanischen Gartens.

Bis heute dient der Garten der Sammlung und dem Schutz einheimischer wärmeliebender und zum Teil bedrohter Pflanzenarten. Etwa 850 kultivierte Arten aus dem Gebiet des Elbhügellandes, Thüringens und Böhmens kann der Besucher hier auf circa 2500 Quadratmetern entdecken, rund 200 davon befinden sich auf der Roten Liste Sachsens bedrohter Pflanzenarten.

Seit 2002 gibt es außerdem das neue Quartier für die Pflanzenarten des Pannonischen Florengebietes, das sich vom Wienerbecken bis in die Ungarische Tiefebene erstreckt und das Vorsprungsgebiet zu den Steppengebieten Südosteuropas darstellt.

Die umfangreiche Sammlung des Gartens bietet sehr gute Beobachtungsmöglichkeiten für ökologische Zusammenhänge. Eine der Anpassungsstrategien wärmeliebender Pflanzen ist die Ausnutzung der Frühjahrsfeuchtigkeit, deshalb sind die blütenreichsten Monate Mai und Juni. Aber auch jetzt im Juli stehen noch viele Pflanzen in der Blüte. Zum Beispiel Akanthus (Acanthus), Salbei (Salvia), Lichtnelken (Lychnis), Lein (Linum), Backenklee (Dorycnium), Betonien (Betonica officinalis) und Ährenblauweiderich (Veronica spicata).

Der Boselgarten besticht in dieser Jahreszeit aber nicht nur durch eine reiche, blühende Flora, sondern auch durch das bunte und arbeitsame Treiben vieler Schmetterlinge, Hummeln und Vogelarten, die dem Garten zusätzliches Leben einhauchen. Ein Besuch lohnt sich also und verfehlen kann man den Boselgarten auf der Boselspitze nicht: einfach den Wegweisern mit dem TU-Zeichen folgen, die im ganzen Spargebirge verteilt sind.


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 13 vom 21.07.2009, S. 1
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009