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LABOR/065: Ein Lichtbild auf Holz - Einführung in die Photochemie (SB)


SCHABERNACK UND EXPERIMENTE FÜR HOBBYALCHIMISTEN

Das Photo auf den Brett


Für dieses einfache Experiment benötigt man ein frisch gehobeltes Fichten- oder Tannenbrett, das man sich im Baumarkt oder beim Tischler besorgen kann. Außerdem braucht man eine 2%ige Lösung aus Gelbem Blutlaugensalz (Kaliumhexacyanoferrat II), das Negativ einer Photographie bzw. einen Scherenschnitt, Sandpapier und viel Geduld.

Die 2%ige Lösung aus Gelbem Blutlaugensalz wird hergestellt, indem man 2 Gramm Kaliumhexacyanoferrat II (Summenformel: K4[Fe(CN)6]) in einer 100 ml fassenden Flasche abwiegt und dann so viel Wasser dazu gibt, bis der Inhalt der Flasche 100 g wiegt, also abgewogen 98 g Wasser. Allerdings kommt es bei diesem Experiment auf ein halbes Gramm Wasser mehr oder weniger nicht an. Möglicherweise muß die Lösung etwas erwärmt werden, bis sich alle Kristalle gelöst haben.

Das frisch gehobelte Nadelholz wird nun mit Sandpapier geschmirgelt und dann mit der zubereiteten Blutlaugensalzlösung bestrichen. Dazu verwendet man am besten einen Wattebausch. Danach muß das Brett an einem lichtgeschützten Ort trocknen. Auf das so vorbereitete Brett legt man nun einen Scherenschnitt oder auch das Negativ einer Photographie, fixiert es mit ein paar Klebestreifen und setzt es schließlich direkt der Sonne aus. Nach 4 bis 6 Stunden UV-Einstrahlung entsteht auf dem Brett ein deutliches graues Positiv. Altertümliche Photoplatten, falls jemand noch welche besitzt, lassen sich auf diese Weise als reizvolle nostalgischen Wandbilder vervielfältigen. Allerdings ist der Aufwand dafür, daß die Bilder keine unbegrenzte Lebensdauer besitzen, verhältnismäßig groß.

Die Erklärung ist einfach:

Was hier dunkel oder sogar schwarz wird, ist Tinte, die sich aus dem Eisen des Gelben Blutlaugensalzes und den in Nadelhölzern besonders reichhaltigen Gerbstoffen bildet. Während das Brett dem Sonnenlicht ausgesetzt ist, wird das Eisen bzw. das Fe(2+)-Ion aus dem Gelben Blutlaugensalz, das sonst in einem festen Komplex gebunden ist, so gelockert, daß es mit dem Gerbstoff des Holzes eine dunkelschwarze, tintenartige Verbindung eingehen kann. Dabei wird es selbst durch Aufnahme von Luftsauerstoff zu Fe(3+) oxidiert bzw. in eine dreiwertige, schwarze, gerbsaure Verbindung verwandelt, die sich in den Cellulosefasern des Holzes wie ein echter Farbstoff festbeizt.

An den verdeckten Stellen, an die kein Sonnenlicht gelangt, findet diese Reaktion nicht statt und die normale helle Holzfarbe bleibt zunächst erhalten.

Etwas ähnliches kann man beobachten, wenn Bretterwände oder Lederstücke (wobei letztere Gerbstoffrückstände aus der Lederverarbeitung enthalten) der Sonne ausgesetzt sind: Holz und Leder dunkeln nach. Besonders schwarz werden die Bretter an den Stellen, an denen sie mit Eisennägeln zusammengenagelt wurden. Hier bilden ebenfalls Eisenionen mit den Gerbstoffen des Holzes die zuvor beschriebene schwarze Tinte. In früheren Zeiten wurde in manchen Gegenden (z.B. Rußland) aus Eisennägeln, die mit Holz- und Lederstückchen in einem Topf mit Wasser aufbewahrt wurden, tatsächlich die für Schreibarbeiten notwendige Tusche oder Tinte hergestellt.

Soll aus dem Lichtbild ein Dekorationsobjekt werden, darf man es nicht dem direkten Sonnenlicht aussetzen, da das gesamte Holz mit Blutlaugensalz behandelt wurde. Zwar entläßt Blutlaugensalz das darin enthaltene Eisen nicht freiwillig aus dem Komplex. Doch Ultraviolettes Licht reicht als Impuls, um Eisen für die Tintenbildung freizusetzen. Aber selbst im Schatten dunkeln die hellen Stellen auf Dauer nach, so daß die Kontraste im Laufe der Zeit undeutlicher werden.

Hier noch einmal die Aufstellung aller Zutaten, die für das Experiment nötig sind, und die Sie besorgen müssen:

- 2 Gramm Gelbes Blutlaugensalz (Kaliumhexacyanoferrat II)
- 100 ml Wasser (demineralisiert/destilliert)
- ein Holzbrett (Tannen- oder Fichtenholz)
- ein Negativ (alte Photoplatte, Film oder Scherenschnitt)


Werkzeuge:
- Watte
- 100 ml Flasche
- Sandpapier
- Tesa-Film
- einen sonnigen Tag


Mit diesem Experiment kann man ohne schädliche oder teure Chemikalien sehr gut die Wirkweise der Photochemie verdeutlichen. Lichtimpulse als Auslöser photochemischer Reaktionen sind das A und O der Photographie, sowohl bei der Belichtung von Filmen in der Kamera, als auch bei den Abzügen auf sogenanntem Photopapier. Darüber hinaus gelingen auch eine ganze Reihe anderer chemischer Reaktionen der angewandten Chemie nur unter Anwesenheit von Licht, meist UV-Licht, weshalb die Vorsilbe "photo" vor dem jeweiligen Reaktionstyp genannt wird. So gibt es die Photooxidation, die UV-Photolyse oder die Photochlorierung, um einmal ein paar Beispiele zu nennen. Das hier beschriebene Experiment fällt unter den Oberbegriff "Photooxidation". Viel Spaß beim Experimentieren.

Erstveröffentlichung 1998
überarbeitete Fassung

14. November 2008