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RATGEBER/198: Wie man Putzlappen in der Mikrowelle sterilisiert


SCHLUSS MIT DEM GERÜCHT ...

Mikrowellen machen Mikroorganismen den Garaus

Mehr Aufwand oder mehr Reinlichkeit?


Derzeit macht ein vermeintlich praktischer Verbrauchertip seine Runde in den Medien, der jedoch leicht falsch verstanden werden kann und genaugenommen keine wirkliche Verbesserung ist. Danach soll der Mikrowellenherd in der Küche das Nonplusultra bei der Bekämpfung von Keimen und üblen Gerüchen in Putzlappen und Geschirrspültüchern sein.

Man kennt das ja, vor allem bei warmen Temperaturen, die in der Küche zwangsläufig häufig gegeben sind, kommt einem an der Spüle plötzlich ein heftiger Geruch entgegen, dessen Quelle man bald aufspürt. Da die Anzahl von Keimen und Mikroorganismen in der Luft stark zugenommen hat und viele Mikroorganismen inzwischen so hartnäckig sind, daß sie sich nicht einfach ausspülen lassen, werden Putzlappen, Schwammtücher und Schwämme oft schon nach einem Tag (und unausgespült noch viel eher) zum Mikrobiotop. Ein Brotkrümel reicht da schon für den schönsten Sauerteig, der aber im Naß- und Hygienebereich der Küche nichts zu suchen hat. Was also tun?

Ein Vorschlag, um Keime in Putzlappen abzutöten, sei der in fast jedem Haushalt verfügbare Mikrowellenherd. So hieß es beispielsweise vor zwei Tagen in den tagesaktuellen Nachrichten im Schattenblick:

Bei einer zweiminütigen Bestrahlung mit der Mikrowelle werden 99 Prozent aller Keime in Spülschwämmen, Küchenhandtüchern und Putzlappen vernichtet. Darauf machten US-amerikanische Forscher der Universität von Florida in Gainesville im "Journal of Environmental Health" aufmerksam.
(NACHRICHTEN\MELDUNGEN, WISSENSCHAFT/3674: Aus Forschung und Technik - 24.01.2007)

Tatsächlich ist die Methode nicht einmal neu und wurde schon vor wenigen Jahren für Flaschenkorken empfohlen, die dieser Tage (Kork ist Mangelware und schwer zu beschaffen) nicht mehr in ausreichend geruchsfreier Qualität verfügbar sind:

Daß dennoch Weine regelrecht verkorkst werden, liegt u.a. auch an der zunehmenden Umweltbelastung. Vor allem toxische Stoffe, die der Kork beispielsweise beim Waschen aus dem Wasser aufnimmt, die zunehmende Besiedelung mit aggressiven Bakterien und Pilzen sowie phenolhaltige Klebstoffe im Korken können den Geschmack des Flascheninhalts zur Unkenntlichkeit verändern. Auf einem europäischen Technologie-Kongress in Portugal stellte der deutsche Wissenschaftler Jens Jaeger nun eine patentierte Alternative zur Verbesserung der Korkenqualität vor. Demnach sollen künftig alle Rohmaterialien in drei verschiedenen Produktionsschritten mit Mikrowellen behandelt werden, um Mikroorganismen abzutöten. Denn die Mikrowellen verändern angeblich nicht den Kork selbst, sondern bringen nur Wasserreste und die darin enthaltenen Mikroorganismen zum Kochen. Der gesamte Korken wird kurzfristig auf etwa 120 Grad Celsius erhitzt, wobei einige chemische Geschmacksverderber, beispielsweise durch Oxidation der Phenole, ebenfalls ausgeschaltet werden. Ob auf diese Weise sterilisierte Korken ihre jahrhundertelange bewährte Funktion ausreichend erfüllen, muß sich aber noch erweisen.
(NATURWISSENSCHAFTEN\CHEMIE, NEWS/088: Mikrowellen gegen Korkgeschmack, Schattenblick 2000)

Hier wurde allerdings noch auf etwas wesentliches hingewiesen, das beim derzeit aktuellen Verbrauchertip unterschlagen wird. Ganz gleich, was man in der Mikrowelle desinfizieren oder sterilisieren möchte, es muß naß sein, was in der Natur der Mikrowellen begründet ist.

Mikrowellen sind definiert als elektromagnetische Wellen. Es sind die gleichen, die man auch zum Übertragen von Nachrichten auf Richtfunkstrecken verwendet. Verschiedene Materialien absorbieren sie unterschiedlich stark, andere reflektieren sie. Metall im Mikrowellenofen läßt sogar die Klebstoffe zerschmelzen, die das Gerät zusammenhalten. Es reflektiert die Wellen so stark, daß nur noch die Bindematerialien der Ofenkonstruktion übrig bleiben, um die verstreuten Wellen zu absorbieren. Keramik ist wiederum für Mikrowellen durchlässig. Wasser ist jedoch das ideale Absorbtionsmittel. So gut übrigens, daß die oben erwähnte Nachrichtenübertragung bei Regenwetter oder Nebel nicht mehr funktioniert. Weil viele Lebensmittel Wasser enthalten, gelingt das Erhitzen mit Mikrowellen normalerweise recht gut. Das gleiche gilt für einen nassen Lappen.

Einen durchgetrockneten, gebrauchten Lappen kann man auch nach stundenlanger Behandlung in der Mikrowelle nicht geruchlos bekommen. Ebenso eignet sich die Mikrowelle nicht zur anschließenden Sterilisation von gewaschener und getrockneter Wäsche. Ansonsten läßt sich ein Lappen auf diese Weise relativ keimfrei halten, wenn man ihn lang genug in der Mikrowelle läßt. Mit dem erzeugten Dampf von 120 Grad Celsius kann man theoretisch auch noch Keime erwischen, die ein bloßes Abkochen überleben würden. Es ist jedoch fraglich, ob zwei Minuten Mikrowelle tatsächlich ausreichen.

Immerhin wird generell davor gewarnt, die bei Fertiggerichten vorgesehenen Garzeiten in der Mikrowelle nicht zu unterschreiten, damit es eben nicht zum Überleben und zur Ausbreitung von eventuell vorhandenen Keimen kommt.

Um einen stark riechenden Lappen in der Mikrowelle zu desinfizieren, ohne diese selbst mit Keimen zu belasten, muß man das Objekt des Anstoßes wohl schon fünf bis zehn Minuten sterilisieren, wenn nicht länger, denn die Ausgangsbelastung mit Keimen ist bei der Sterilisation maßgeblich und nach den Untersuchungen der US- amerikanischen Forscher der Universität von Florida in Gainesville im "Journal of Environmental Health" überlebt immerhin ein Prozent der Keime die Behandlung.

An Orten, wo professionelle Sterilisation notwendig wird (in der Arztpraxis, beim Zahnarzt, im Krankenhaus oder in der Industrie) läßt man den Sterilisationsvorgang immer erst einer vorausgegangenen Reinigungsprozedur folgen, damit unter den Bedingungen von gespanntem Wasserdampf (120 Grad) auch wirklich alle Keime erwischt werden.

Eine längerer Aufenthalt im Mikrowelleherd hat natürlich Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, denn eine Erwärmung in der Mikrowelle ist nur dann wirklich praktisch und kostensparend, wenn man dabei Garzeit bzw. Erwärmungszeit sparen kann. Allgemein gilt das Mißverständnis, man könne mit dem Mikrowellenherd schneller, sparsamer und dafür genauso schmackhaft kochen, wie mit einem herkömmlichen Elektrokocher - weit gefehlt.


Hierzu folgendes Beispiel:

Ein Becher Wasser (250 ml) in der Mikrowelle oder auf der Kochplatte erwärmt, spart zwar noch eine geringe Menge Strom ein (Mikrowelle 92 Wh, Kochplatte 112 Wh), ein ganzer Liter braucht in der Mikrowelle dagegen nicht nur etwa 6 Minuten länger, um zu kochen, er benötigt dafür auch noch ein ganzes Drittel mehr an Energie (Mikrowelle 310 Wh, Kochplatte 221 Wh). Das hängt damit zusammen, daß man gewöhnlich nur mit der sehr viel kürzeren Garzeit (die im übrigen auch nur für Mengen bis zu 200 g gilt) rechnet, dabei aber bei der Kalkulation vergißt, daß der verbrauchte Strom bei der Umwandlung in Mikrowellen über eine Art Radioröhre (Magnetron) über 50% in Form von Wärme verlorengeht, die nicht dem Kochvorgang zugute kommt. Die Hersteller geben die Daten gerne so an, daß sie den Garvorgang über eine geringe Menge der Mikrowellen herausstellen und nicht die Menge des wirklich verbrauchten Stroms. In der Kochplatte hingegen wird der elektrische Strom fast vollständig zum Erhitzen durch Wärmeleitung benutzt.

Tatsächlich wird der Kochvorgang nur für unendlich kleine Mengen in der Mikrowelle wirklich beschleunigt. Selbst für einen großen Becher Kaffee braucht man in der Mikrowelle nämlich ebenso 4,5 Minuten wie auf der Kochplatte.

Um auf den Lappen zurückzukommen und den gut gemeinten Verbrauchertip, so handelt es sich zwar bei den in den Poren des Lappens und des Schwammes eingeschlossenen Wassermengen tatsächlich um sehr kleine Mengen, die aber wiederum extrem belastet sind.

Ebenso gut und ebenso wirksam wäre es, den Lappen gründlich mit Seife auszuspülen und anschließend für zehn Minuten in kochendem Wasser auszukochen. Wem das nicht reicht, der kann auch mit einem ausrangierten Dampfkochtopf, den man für solche Zwecke einsetzen mag, sogar (wie bei einer industriellen Sterilisation im Autoklaven) jene Temperaturgerade bzw. den gespannten Wasserdampf von 120 Grad Celsius erreichen, die vielleicht noch den letzten Vorteil der Mikrowellenbehandlung gegenüber herkömmlichem Abkochen darstellt.

Wer also keine Mikrowelle besitzt oder sie wegen ihrer ungenügenden Kochleistung (meist kommen ohnehin nur verkochte, fade Menüs, oder blasse, lederhäutige Suppenhühner aus diesem Wunderwerk der Technik heraus) aus der Küche verbannt hat, braucht sie gar nicht erst wieder aus der Versenkung hervorholen, um Haushaltslappen und Schwämme in einem einwandfrei hygienischen Zustand zu halten. Regelmäßiges Wechseln und gründliches Ausspülen nach Gebrauch sind hier wohl nach wie vor die ausreichende und angemessene Behandlung für einen Putzlappen.

26. Januar 2007