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RATGEBER/238: Knoblauch - zuviel is' a nix (SB)


SCHLUSS MIT DEM GERÜCHT ...

daß man sein Leben proportional zum Knoblauchverzehr verlängern könnte


Seit Knoblauch wegen seiner geschmacksverbessernden Eigenschaften und durch den Tourismus in mediterrane Gegenden auch hierzulande gesellschaftsfähig geworden ist, mehren sich Gerüchte über seine gesundheitsfördernden Eigenschaften. So werben Kapseln mit pulverförmigem Knoblauchextrakt mit dem Mythos des hochbetagten Russen, der dank täglichen Knoblauchkonsums so alt geworden sei. Auch die in Frankreich auffällig niedrige Rate koronarer Herzerkrankungen (Herzinfarkte), gemeinhin als das "Französische Paradoxon" bekannt, wird auf das mediterrane Essen und somit u.a. auf die Würzung mit Knoblauch zurückgeführt.

Da Knoblauch durch seine schwefelhaltigen Komponenten (die Aminosäuren Alliine) eine antibakterielle und damit konservierende Wirkung zukommt - in südlichen Ländern nutzt man das schon lange, um Fleisch u.a. Lebensmittel in konzentrierten Knoblauchmarinaden kurzfristig zu konservieren - bekam er den Ruf eines Allheilmittels. Der würzige Geschmack und sein typischer Geruch geben Allium sativum (so der lateinische Name) vielen Gerichten die spezielle Note.

Tatsächlich ist Knoblauch aber auch reich an Vitaminen, vor allem A, B1, B2, C und Niacin, die aber nicht als Erklärung seiner positiven und vorbeugenden gesundheitlichen Wirkungen ausreichen.

Das alles hat insgesamt zur allgemeinen Auffassung geführt, möglichst regelmäßiger Knoblauchkonsum sei ausgesprochen gesund und eigentlich könne man gar nicht genug davon essen. Trotz seiner unangenehmen Eigenschaft, üble Körpergerüche zu verstärken, was auf das Diallyldisulfid zurückgeführt wird, welches im Körper aus dem Allicin des Knoblauchs entsteht, verbreitet sich allmählich der Glaube unter der hiesigen Bevölkerung an den Wahlspruch: "Je mehr Knoblauch, um so besser!"

Dem widerspricht eine Studie, die die positive gesundheitliche Wirkung des Knoblauchs auf seine Dosierung zurückführt.

Tatsächlich habe man eine eindeutige Wirkung bei Laborratten nachweisen können. So hieß es wörtlich in der Online Ausgabe des LiveScience Magazins vom 30. Mai 2006:

... Various research has shown garlic to be good for the heart. It lowers total cholesterol levels, for one thing, and it makes blood less likely to clot. The new experiment, done on rats, finds that garlic's effects on cholesterol depend on dosage. [Mehrere Forschungsarbeiten konnten zeigen, daß Knoblauch gut für das Herz ist. Zum einen senkt es den Gesamtcholestrinspiegel und es verringert die Entstehung von Blutgerinseln. Das jüngste Experiment, das an Ratten durchgeführt wurde, brachte nun die Erkenntnis, daß die Wirkung des Knoblauchs auf den Cholesterinspiegel von seiner Dosierung abhängt.]
(LiveScience.com 30. Mai 2006)

Shela Gorinstein von der Hebrew Universität und ihre Mitarbeiter fütterten den Ratten Knoblauch in einer systematisch gesteigerten Dosierung von 500 bis zu 1.000 Milligramm per Kilogramm Körpergewicht.

Offensichtlich zeigte nur eine Dosis von 500 Milligramm den gewünschten und erwarteten cholesterinsenkenden und blutverflüssigenden Effekt. Weder mehr noch weniger verabreichter Knoblauch konnte das gleiche Ergebnis erzielen. Die Forscher betonen selbstverständlich, daß man diese Studie noch nicht so ohne weiteres auf Menschen übertragen könne, konnten aber dennoch nicht der Versuchung widerstehen, die ermittelten Werte einmal in menschliche Dimensionen zu übertragen:

Danach müßte eine durchschnittliche Person von etwa 70 bis 75 Kilogramm täglich genau 12 Knoblauchzehen zu sich nehmen, um seiner Gesundheit spürbar etwas zuliebe zu tun. Das ergäbe dann eine Knoblauch-Fahne, die sich selbst durch intensivierte Mundpflege nicht mehr in den Griff bekommen läßt. Man sollte hierbei vielmehr von einer Knoblauch-Aura sprechen, da der Knoblauch"duft" gewissermaßen aus allen Poren austranspiriert wird. Dazu kommt, daß diese "Dosis" täglich eingenommen werden muß, wenn es denn überhaupt etwas bringen soll. Kurzum: Wer das seiner Gesundheit zuliebe nicht jeden Tag auf sich nehmen will oder gar soziale Diskriminierung fürchtet, braucht mit weniger gar nicht erst anzufangen.

Nun kann man allerdings mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit behaupten, daß die Gesundheit der Franzosen, sicher nichts mit ihrem Knoblauchkonsum zu tun hat, denn ein wahrer Gourmet würde keinesfalls der Gesundheit zuliebe sein Essen geschmacklich ruinieren: Viel Knoblauch ist auch schnell zuviel!

Ohne Frage sollte man die gute Gesundheit der Franzosen vielleicht auf ganz anderem als dem stoffwechselchemischen Gebiet suchen und nicht von den Inhaltsstoffen abhängig machen, die sie zu sich nehmen. Das abzählen, auflisten, rechnen und wiegen gehört zu der typisch exakt- deutschen Herangehensweise, die aber gleichermaßen mit so viel Streß und Anspannung verbunden ist, Maß zu halten, daß sie ganz gewiß nicht "gesund" sein kann.

Für Lebensfreude und Genuß gibt es hingegen kein Maß, das der Gesundheit zuliebe nicht überschritten werden dürfte...

6. März 2008