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RATGEBER/246: Mückenschutz aus dem Badezimmerschrank (SB)


SCHLUSS MIT DEM GERÜCHT ...

daß Mundwasser vor Mücken schützt


Mücken sind lästig. Doch das ist nicht alles. In vielen Ländern sind ihre besonderen Vertreter, wie die Anopheles-Mücke, gefürchtete Krankheitsüberträger. Fremde Insektenarten aus südlichen Regionen werden aufgrund der globalen Klimaerwärmung zunehmend auch hierzulande heimisch und bringen die Gefahr krankhafter Ansteckung mit sich.

Aber selbst gewöhnliche Hausmücken können, indem sie mit dem Einstechen ihres Blutsaugapparates auch Krankheitserreger voriger Wirte übertragen, zu brisanten Ansteckungsquellen werden, wie man vor einiger Zeit in Indien beobachten konnte, wo im Norden mehrere hundert Kinder an Hirnhautentzündung starben, die von gemeinen Stechmücken übertragen worden war, wie mit kontaminiertem Impfbesteck.

Mückenabwehr und sogenannte Repellents (Abwehrmittel) bekommen dieser Tage somit eine ganz neue Bedeutung. Deshalb wird es auch zunehmend wichtig, die Wirksamkeit vermeintlich todsicherer Hausmittel zu überprüfen, ehe man sich im Ernstfall darauf verläßt.

Da viele Mückenschutzmittel einen penetranten Geruch verbreiten, wurden sogar Mundwässer als potentielle Abwehrmittel angepriesen. Dazu schrieb unlängst die New York Times, man brauche nur etwas Mundwasser (z.B. Listerine), das, in eine Sprayflasche gefüllt und in die Luft gesprüht, die Mückenschwärme wunderbar von dem abendlichen Grillfest abhalte und auch sonst jede andere Mückenschutzmaßnahme überflüssig mache. Im gleichen Bericht hieß es aber auch:

Listerine might discourage buzzing mosquitoes -- but not for long.

[Listerine kann herumschwirrende Mücken entmutigen - aber nicht lange. Übersetzung SB-Red.]
(NYT, 24. Juni 2008)

Die Ursache des Gerüchts läßt sich leicht aufklären. Laut New York Times ist eines der wichtigsten Bestandteile von Listerine, aber auch von vielen anderen Mundwässern, das erfrischende, natürlich vorkommende Eucalyptusöl, dessen wertbestimmender Anteil das ätherische Öl Eucalyptol (chemisch: 1,8-Cineol) ausmacht. Daneben ist nur Piperiton und Phellandren enthalten, die für die industrielle Parfümherstellung wichtig sind. Piperiton ist beispielsweise die Ausgangsverbindung für die industrielle Darstellung von Thymol und Menthol (Pfefferminzgeschmack).

Der würzige Geruch des Eucalyptusöls, der an Kampfer erinnert, wird in vielen natürlichen Insektenschutzmitteln, die die Plagegeister schon durch ihren Geruch vertreiben sollen, ausgenutzt. Es gibt allerdings etwa 400 verschiedene Eukalyptusarten, deren ätherische Öle sich stark in ihrer Terpenzusammensetzung (d.h. dem Verhältnis von Eucalyptol zu Piperiton und Phellandren) unterscheiden.

Einer Studie des amerikanischen "Centers for Disease Control and Prevention" zufolge habe sich gerade das ätherische Öl des Zitroneneukalyptus als besonders effektives Mückenvertreibungsmittel erwiesen, das mit herkömmlichen chemischen Repellents wie DEET (N,N-Diethyl-m-Toluamid) oder Picaridin in seiner Wirkung vergleichbar sei, allerdings ohne deren unangenehme Begleiterscheinungen (DEET, das Insektenlarven vor dem Schlüpfen töten kann, als reines Pestizid jedoch nicht stark genug ist, gilt wegen seiner toxischen Komponente als bedenklich für Umwelt und Gesundheit).

Tatsächlich können alle Eukalyptusölarten Mücken wirksam vertreiben, ohne für den Menschen toxisch zu sein. Nur liegen die Konzentrationen solcher Produkte in der Regel bei mindestens 75 Prozent reinem Öl verwendet, das man beispielsweise auf die Haut aufträgt oder in der Luft zerstäubt.

In Mundwässern wird bestenfalls eine Konzentration von einem Prozent erreicht, der Rest besteht aus Verdickungsmittel, Wasser und Alkohol.

Abgesehen davon, daß der Wirkbestandteil hier verdünnt zum Einsatz kommt, fördert die alkoholische Zubereitung auch noch die schnelle Verdunstung des Wirkstoffs, während industrielle Formulierungen das Eucalyptol chemisch so verpacken, daß dies nicht so schnell geschieht.

Kurzum: es gibt einige Hausmittel, die der Mücke im wahrsten Sinne des Wortes "stinken", ein Absud aus Walnußblättern, Terpentinöl oder auch Nelkenöl können z.B. hinterhältige Quälgeister wie Mücken und Bremsen fernhalten. Wie lange die Wirkung anhält, darüber entscheidet die jeweilige Verpackung, die den "Abwehrduft" gewissermaßen permanent konstant halten muß. Die Wirkung von präparierten Wattebauschen, Duftkissen und Kräuterbällchen ist nach einer bestimmten Zeit schlicht "verflogen". Dennoch scheint es angesichts zunehmend aggressiver werdender Insektenplagen vernünftig, zu natürlichen Mitteln zu greifen, damit man die chemische Keule immer noch in der Hinterhand hält.

27. Juni 2008