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RATGEBER/339: Ein schlechter Tausch, Ersparnis fraglich ... (SB)


Glühbirnenaus: Klimarettung versus Lichtverschmutzung



Deutliche Lichtverschmutzung am Abendhimmel über der Stadt Jena. Der schöne Schein hat Folgen für nachtaktive Lebewesen - Foto: by Sebastian Wallroth, Netazon, CC BY-SA 3.0 - [http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en], via Wikimedia Commons

Die klimakillende Glühbirne ist tot - es lebe das Licht
Foto: by Sebastian Wallroth, Netazon, CC BY-SA 3.0
[http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en], via Wikimedia Commons

Recht unspektakulär ist ein weiterer Stichtag für die Durchsetzung der bereits 2009 veröffentlichten EU-Richtlinie zur "Regulierung von Lichtprodukten in privaten Haushalten" am 1. September 2016 vorübergegangen. Seit dem 1. September 2012 ist die Produktion von sämtlichen Glühbirnen in der Europäischen Union verboten. Restbestände dürfen noch verkauft werden, aber auch dies wird reglementiert. In den ersten Jahren noch von Protest, Trauer und Hamsterkäufen begleitet, hat man sich offenbar an den schleichenden Abgang der energieaufwendigen und daher im Zuge der Energiewende "obsoleten" Glühbirnen gewöhnt, mit deren vertrautem, anheimelnden Schein aber immer noch viele Menschen Geborgenheit, Wärme und abendliche Entspannung verbinden. Dagegen werden die modernen, weniger strom-, dafür aber mehr geldkostenden Alternativerzeugnisse selten als gleichwertiger Ersatz empfunden.

Seit Monatsbeginn (1. September 2016) dürfen also offiziell nur noch Lampen in den Handel gebracht werden, die die Effizienzklasse B aufweisen. Denn ob ein Leuchtmittel verwendet werden darf, hängt von der Effektivität ab, mit der es Strom in Licht verwandelt. Bereits 2009 wurde damit begonnen, die verschieden starken Standardglühbirnen als ineffizienten Klimaschädling schrittweise vom Markt zu nehmen, auch wenn ihre Produktion wesentlich unaufwendiger ist, als die der alternativen Energiesparprodukte. Sie bestehen nämlich nur aus einer einfachen Blechfassung und einer dünnen Drahtwendel aus Wolframmetall, die in einem vakuumisierten oder mit Schutzgas gefülltem Glaskolben durch elektrischen Strom zum Glühen gebracht wird, wobei aber 95 Prozent des verbrauchten Stroms in Wärme statt in Licht umgewandelt werden. Sie werden als Energieeffizienzklasse D und E eingestuft und aussortiert. Bis Energieeffizienzklasse C, zu der auch Hochvolt-Halogenlampen zählen und alle die weniger als 80 Prozent Energieverbrauch im Vergleich zu einem "fiktiven" Gerät gewünschter Effizienz besitzen, gingen seit 2009 mit 100, 75, 60 und schließlich 40 Watt die größten Energiefresser aus dem Handel, die pro Watt nur 10 bis 22 Lumen (neue Meßgröße für das von einer Lampe abgegebene Licht) von sich geben können. Die neuesten Entwicklungen weißer LED sollen mit der gleichen Stromleistung eine Lichtdichte von 27 bis 88 Lumen schaffen können. Nur geringfügig weniger Licht pro Watt bringen Energiesparlampen zustande.

Das weitere Verbot in diesem Jahr ist der nächste Schritt und die sechste Stufe der europäischen Ökodesign-Richtlinie. Im Klartext heißt das für den Verbraucher, daß nun auch stoßfeste Glühbirnen, die beispielsweise von Bauarbeitern genutzt werden, nicht mehr an Haushalte verkauft werden dürfen. Gleichermaßen tabu ist die Produktion von Halogenlampen mit 230 Volt und mit gerichtetem Licht, die bislang immer noch eine gemütliche Alternative für die ausrangierten Dinosaurierbirnen boten und in den letzten Jahren geradezu reißenden Abatz fanden. Laut "Klimaretter.de" stieg der Marktanteil von 68 Millionen verkauften Stück im Jahr 2010 bis auf 260 Millionen 2013. [1] Ihr Rest- und Abverkauf hat schon jetzt begonnen. Das totale Verkaufsverbot ist für 2018 geplant.

Inwieweit durch diese Umstellung tatsächlich auch das Klima geschont wird, muß sich noch erweisen. Denn die der Ökodesign-Richtlinie zugrunde liegende Rechnung geht von einer Beleuchtungspraxis aus, die auf dem durch Lichtprodukte erfaßten EU-weiten jährlichen Stromverbrauch 2007 und den damit verbundenen Kosten für Glühbirnen beruht. Dieser betrug für seinerzeit zwar etwa 112 TWh [eine Terawattstunde entspricht eine Milliarde Kilowattstunden], was einem CO2-Ausstoß von 45 Millionen Tonnen entspricht. Ohne die ergriffenen Maßnahmen hatte man Vorhersagen zufolge mit einem Anstieg des Stromverbrauchs auf 135 TWh im Jahr 2020 gerechnet. Durch die Umstellung auf Energiesparlampen, die 80 Prozent weniger Energie verbrauchen, erhofft man sich EU-weit bis 2020 mehr als 15 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid, also 37 TWh, eingespart zu haben.

Auch wenn dies vom Prinzip einleuchtet, bleibt doch zum einen fraglich, ob die eingesparten Stromkosten nicht - wie so oft - den Anreiz für Beleuchtungen auch in den Bereichen fördern, wo man bislang aus Stromkostengründen Lichterzeugung eingespart hat. So findet man beispielsweise aus Werbegründen oder zur Diebstahlsicherung zunehmend dunkle Ecken mit LED beleuchtet wie die Abstellflächen für Container, Parkplätze oder Industrieanlagen.

Mit einem solchen Trend zu preiswerter Beleuchtung würde nicht nur wesentlich weniger Kohlenstoffdioxid eingespart, dieser hätte auch bisher nur wenig beachtete und noch weniger ernst genommene Folgen für die Umwelt.

Schon heute ist die nächtliche "Lichtverschmutzung" immens. Nachtaktive Tiere oder Insekten wie Glühwürmchen oder Fledermäuse leiden unter der Belastung, wie die Intitiative gegen Lichtverschmutzung "Dark Sky" resümmiert. [2] Der Hauptautor des am 10. Juni 2016 von einem internationalen Wissenschaftlerteam herausgegebenen "Atlas der Lichtverschmutzung", Fabio Falchi vom italienischen, gemeinnützigen "Istituto di Scienza e Tecnologia dell'Inquinamento Luminoso", erklärte zudem, daß gerade die Umstellung der industrialisierten Welt auf LED-Beleuchtung den darin dokumentierten Zustand noch verschärfen könne:

"Wenn wir nicht sehr genau auf das LED-Spektrum und die Beleuchtungsstärken achten, könnte das zu einer Verdopplung oder sogar Verdreifachung der Himmelsaufhellung in klaren Nächten führen." Fabio Falchi, Istituto di Scienza e Tecnologia dell'Inquinamento Luminoso [3]


Alternativen

Aber auch im privaten Bereich können sich Verbraucher noch immer nicht so recht für die effizienten Leuchten erwärmen, die im Falle der Energiesparlampen nicht nur erbärmlich schlecht riechen bzw. "stinken", flackern und flimmern und immer noch lange brauchen, bis sie wirklich hell leuchten, sondern zudem als umweltschädlicher Sondermüll entsorgt werden müssen und zumeist unnatürliches Licht von sich geben, das als kalt, störend oder deprimierend empfunden wird. Der Anteil der inzwischen nur noch 10mal so teuren, sogenannten Kompaktleuchtstofflampen (ursprünglich kosteten sie 60mal soviel wie eine Standardbirne) - vor allem der Anteil der Quecksilber enthaltenden Minileuchtstoffröhren - ging 2013 sogar auf 66 Millionen Stück zurück. Die noch sparsameren LED-Leuchten fristeten 2013 noch ein Randdasein mit elf Millionen Stück pro Jahr, sind allerdings mangels anderer Möglichkeiten inzwischen bei einem Wachstum im globalen Lichtmarkt von 8,2 Prozent angekommen. Der durchaus zugewandte Kommentar des Branchen-Verbandes dazu liest sich im letzten "Photonik-Report 2015" folgendermaßen: "Mehr Fokus auf Lichteffizienz und Lichtqualität - statt wie bislang nur auf Lebensdauer und Lumen pro Watt - könnten dazu beitragen, das Wachstum auch im breiten Consumerbereich weiter anzukurbeln." [4] In Klartext übersetzt heißt das wohl zum einen, daß die Lichtqualität, an der es immer noch mangelt, auf irgendeine Weise, die auch zusätzlichen Lampen- und damit weiteren Stromverbrauch einschließt, ersetzt werden muß und zum anderen wird in der anklingenden Selbstkritik deutlich, daß die Akzeptanz in der Öffentlichkeit trotz der immer geringeren Alternativen, zu wünschen übrig läßt.


Der wahre Preis? Oder wo liegt das Problem?

Es scheint dabei fast in Vergessenheit geraten zu sein, daß Energiesparlampen von ihrer Bauweise Neon oder Leuchtstoffröhren entsprechen und somit Gas enthalten, das in Plasmaform zum Leuchten gebracht wird. Um der Energiesparlampe eine glühbirnen-ähnliche Form zu verleihen und sie damit "retro"-passend und kompatibel für die ursprünglichen "Lampenschirme" oder Glühbirnenfassungen zu machen, wird die Leuchtstoffröhre oft in eine birnenförmige Glashülle eingebaut. Diese Verkleidung schränkt die klimafreundliche Leuchtkraft um mindestens 20 Prozent ein, verringert somit wesentlich die Effizienz. Die zumeist als unangenehm empfundenen Begleiteffekte solcher Leuchtkörper verringern sich damit nicht.


Winterblues bereits am Abend

Aufgrund der gekrümmten Bauweise der Leuchtstoffröhre ist die Ausleuchtung der Lampen unausgewogen. So ist das Licht einer gebogenen oder gewendelten Kompaktleuchtstofflampe ungleichmäßig und an den Seiten heller als in der Mitte. Während die alten Glühbirnen ein dem Sonnenlicht ähnliches, ausgewogenes Spektrum aufwiesen, in dem alle Farben des Regenbogens vorkommen, schaffen Energiesparlampen ähnlich wie Neonröhren nur wenige Farbspitzen im Spektrum, während die meisten Farbbereiche fehlen. Da Gegenstände nur das Licht reflektieren können, mit dem sie beleuchtet werden, ist die Folge, daß einige Farben mangelhaft oder verfälscht wiedergegeben werden, selbst dann, wenn es sich um die angenehmeren, warmweißen Farbtemperaturen von weniger als 3.300 Kelvin handelt. Die wie ausgewaschen und fahl wirkende Wohnumgebung ist nicht nur unnatürlich - rot wird z.B. bräunlich -, sie drückt auch auf das Gemüt. Das Monopol einer Lichtsorte bzw. der Mangel an Lichtwellenlängen des natürlichen Spektrums könnte zunehmend gesundheitliche Schäden nach sich ziehen, die bei Stimmungsschwankungen und Depressionen beginnen, aber auch körperliche Folgen wie Osteoporose und andere Krankheiten nach sich ziehen.

Zum Ausgleich bieten sich zusätzliche Tageslichtlampen oder Lichtduschen an, die zwar ebenfalls mit modernen Leuchtstoffröhren oder LEDs arbeiten, aber mit hohen Beleuchtungsstärken von 25.000 Lux (= 25.000 Lumen/Quadratmeter) einen sehr hohen Stromverbrauch (zwischen 72 und 220 Watt) haben ...


Lichtstreß

Als wenig offensichtlicher, aber dennoch spürbarer Streß macht sich das Flimmern von Kompaktleuchtstofflampen bemerkbar. Anfangs schalteten sich Energiesparleuchten rhythmisch zu 50 Hertz-Wechselspannung ein- und aus. Laut Hersteller wurde dieses Flackern durch eine Frequenzerhöhung eliminiert. Was bei genauerer "Beleuchtung" bedeutet, daß nur das Ein- und Ausschalten der Lampe mit einer elektronischen Regelung auf bis zu 5000mal pro Sekunde erhöht und damit in den vermeintlich nicht mehr wahrnehmbaren Bereich verschoben wurde. Das sehen empfindliche, zu Kopfschmerzen oder zu epileptischen Anfällen neigende Menschen ganz anders. Eine Zunahme von Befindlichkeitsstörungen bei Menschen, die in einem von modernen Technologien umgebenen Arbeitsbereich tätig sind, soll laut WHO in den letzten 30 Jahren in über 25.000 wissenschaftlichen Artikeln beschrieben worden sein. [5]


Elektrosmog

Auch die gemeinhin als Elektrosmog bezeichnete Strahlung eines Geräts wurde laut einer Ökottest-Untersuchung bei Energiesparleuchten auf 15mal höher eingestuft, als dies die TCO-Norm für Bildschirme erlaubt. Anders als die obsolete Glühlampe erzeugen Leuchtstoffröhren ein elektromagnetisches Feld. Um sich vor den höherfrequenten Feldern zu schützen, empfehlen Experten einen Abstand von jeweils 1,5 m einzuhalten. Erst ab dieser Entfernung strahlt eine Energiesparlampe "nur noch" in dem für Monitoren als TCO-zertifizierten Bereich. [6] Bei einem Abstand von 30 cm, etwa dem einer Schreibtischlampe, wird dieser Wert um ein Vielfaches überschritten. Zwar gibt es für Lampen derzeit noch keinen offiziellen Grenzwert, doch die Wirkung sowohl von Flimmern wie auch von höherfrequenten Feldern auf den menschlichen oder tierischen Organismus ist bislang noch unerforscht. Der Einsatz von Energiesparlampen in Tischleuchten sollte allein aus gesundheitlichen Gründen vermieden werden, bis hierüber mehr bekannt ist.


Toxischer Sondermüll

Unbestritten und im Grunde bewiesen sind zudem die gesundheits- wie umweltschädigenden Wirkungen, die von chemischen Inhaltsstoffen der Energiesparlampen (ESL) oder Kompaktleuchtstoffröhren ausgehen. [7]

Zum einen enthalten sie alle sogenannte Flammschutzmittel gemischt in einem Cocktail aus Giftstoffen wie Naphtalin, Phenol und ähnlichen Produkten, die möglicherweise erst durch das in der Röhre elektrisch erzeugte ionisierte Gas bzw. Plasma aus anderen Inhaltstoffen entstehen. Je nach Model und Hersteller können dadurch gesundheitsschädliche Dämpfe unspezifischer Zusammensetzung entweichen, wie der unangenehme Geruch zeigt, der von ihnen ausgeht. Klassische halogenierte organische Flammschutzmittel, etwa Chlorparaffine, gehören zu einer besonders umstrittenen Stoffgruppe ebenso wie polybromierte Diphenylether. Letztere wurden bereits verboten, da sie sich in der Umwelt anreichern, persistent und toxisch, zudem karzinogen und hormonell wirksam sind. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, wenn ein Entweichen in die Umwelt für ausgeschlossen gehalten wird.

Polybromierte Verbindungen wurden bereits fernab der lichtstarken Zivilisation in Eisbären und Robben nachgewiesen, ein Hinweis auf ihre weite und schnelle Verbreitung über Wasser und Atmosphäre, wenn sie dann doch aus vermeintlich geschlossenen Systemen, wie zu Bruch gegangenen Fernsehgeräten, entweichen.

Das Umweltbundesamt schätzte die Gesundheitsgefahr der in Energiesparlampen enthaltenen Flammschutzmittel allerdings so ein, daß die Konzentrationen vernachlässigbar gering sind und kein zusätzliches Gesundheitsrisiko besteht. Mit einem weiter ansteigenden Gebrauch von ESL, die zudem nur zu 10 Prozent vorschriftsmäßig als Wertstoff bzw. im Recyclinghof entsorgt werden und meistens doch im Hausmüll landen und dann unweigerlich zerbrochen werden, ist jedoch allgemein mit zunehmenden Ausgasungen dieser Giftstoffe zu rechnen.

Dazu enthalten Kompaktleuchtstofflampen etwa fünf Milligramm hochgiftiges Quecksilber. Nur deshalb gelten sie als Sondermüll, der sachgerecht entsorgt werden sollte. Das quecksilberhaltige Leuchtpulver wird aber keiner Wiederaufbereitung zugeführt, sondern im günstigsten Fall endgelagert, da eine Extraktion des Quecksilbers unwirtschaftlich ist. Es wächst somit ein Berg an Röhren, die zudem vor Erschütterung und Korrosion geschützt werden müßten. Brechen oder korrodieren die sensiblen Leuchtstoffröhren, gelangen die Schwermetalle in die Umwelt. Weder Arbeitsmediziner noch das Umweltbundesamt halten die Mengen, die sich dadurch in der Atemluft anreichern könnten für relevant. Laut UBA steigt die Quecksilberbelastung der Raumluft nach Zerbrechen einer heißen Kompaktleuchtstofflampe auf das Zwanzigfache des Richtwertes von 0,35 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³). In der amerikanischen "Main Compact Fluorescent Lamp Study" wurden sogar noch höhere Konzentrationsspitzen von 50 bis 100 µg/m³ nachgewiesen. In Bodennähe direkt über der Bruchstelle können laut Dr. Rudolf Schierl, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am Klinikum der Universität München auch Quecksilberspitzen von über 100 µg/m³ gemessen werden. Das alles reicht aber offenbar ebensowenig, wie der in einer schwedischen Studie erwiesene Anstieg der Quecksilberkonzentration im Blut von 5 Mikrogramm pro Liter (5 µg/l), um als gefährlich erachtet zu werden. [8]

Angesichts der immer noch neunzig Prozent Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren, die nicht im Sondermüll, sondern im normalen Hausmüll landen, läßt sich die tatsächliche Gefahr durch ausweichendes Quecksilber jedoch nicht abschätzen. Um allerdings 6.000 Liter Wasser damit zu vergiften, reichen bereits 4 mg Quecksilber, ein Wert, der von in Europa hergestellten Lampen mit einem erlaubten Gehalt von 5 mg überschritten werden darf, der gleichzeitig die Funktionstüchtigkeit und Qualität der Lampen ausmacht, also unabdingbar ist.


LED das Leuchtmittel der Wahl?

Mit einer noch größeren Energieeffizienz als Kompaktleuchtröhren gelten LED inzwischen als Hoffnungsträger der Beleuchtungstechnik. Sie enthalten keine Schadstoffe, sind frei von Gerüchen, müssen nicht im Sondermüll entsorgt werden, entfalten sofort und unverzögert ihre gesamte Strahlkraft und haben es nach einigen Startschwierigkeiten und anfänglicher Funzeligkeit inzwischen geschafft, in eine für Glühbirnenfassungen kompatible Form auf den Markt gebracht zu werden.

Allerdings wurde auch ihnen von Ökotest ein Überschreiten der TCO-Norm attestiert. Anders gesagt, verbreiten auch LED-Leuchten Streß durch Flimmern bzw. Elektrosmog. Dazu haben LED-Lampen eine noch schlechtere Farbwiedergabe als Kompaktleuchtstofflampen. Das bringt die gleichen sich erst bei zunehmenden Gebrauch erweisenden Wirkungen und Nebenwirkungen mit sich, die durch das unnatürliche Licht und fehlende Farben im Tageslichtspektrum (s.o.) entstehen.

Seit die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) 2013 eine 195 Seiten starke Studie über die "Photobiologische Sicherheit von Licht emittierenden Dioden (LED)" [9] herausgegeben hat, gehören LED zu Leuchtmitteln, von denen eine sogenannte photochemische Gefährdung ausgeht. Von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA), die 43 LED im sichtbaren Spektralbereich untersuchte, werden LED der Risikogruppe 2 zugeordnet. Das ist die Zweithöchste. Vor allem das Weiß- und Blaulicht, das von bestimmten Dioden ausgeht, kann die Netzhaut im Auge schädigen, da es eine chemisch-toxische Reaktion in der Netzhaut anregt. Kinder sind dieser Gefahr in besonderem Maße ausgesetzt, weil sich ihre Augenlinsen noch in der Entwicklung befinden und das Licht nicht ausreichend filtern können. Bei photochemischen Reaktionen wird über Photokatalyse meist die Bildung von Radikalen angeregt, die theoretisch hochreaktiv sämtliche körpereigene Moleküle oxidieren und verändern können. Treffen sie dabei auf neuralgische Punkte, etwa in der DNA, kann dies bei gleichzeitigem Ausfall der entsprechenden Reparaturmechanismen letztlich sogar cancerogen wirken.

Bei Erwachsenen geht die französische Staats-Agentur für Arbeits- und Umweltschutz (ANSES), die bereits 2010 LED in den Fokus einer Studie rückte, von einem Grenzwert von 10 Sekunden Lichtbelastung aus. Diese Exposition beschränkt sich nicht auf ein einmaliges Ereignis. Einzelne direkte Sichtkontakte mit einer oder mehrerer LED-Lichtquellen im Verlauf eines Arbeitstages können sich aufsummieren. Laut ANSES können LED gestützte neue Lichtsysteme "Lichtintensitäten" entwickeln, die üblichen Beleuchtungssysteme um den Faktor 1000 übertreffen und dadurch eine Blendungsgefahr mit sich bringen. Das streng gerichtete Licht, das sie erzeugen, sowie die Qualität des erzeugten Lichts könne, so ANSES, visuelle Unbehaglichkeit verursachen. Darüber hinaus reduzieren bestimmte Wellenlängen der LED-Leuchten die Melantoninproduktion, deren Rolle für das menschliche Wohlbefinden noch nicht einmal vollständig erforscht wurde.

Ein weiterer, noch nicht vollständig in diesem Zusammenhang untersuchter Faktor sind die reduzierenden Effekte von LED-Blaulicht auf den Melatoninspiegel, sowie die damit verbundenen Befindlichkeitsstörungen wie Schlaflosigkeit und damit einhergehend Streß und Konzentrationsmangel. Zwar scheint LED-Blaulicht auch in geringen Dosen anregend auf die Gehirnaktivität zu sein, doch warnte Professor Christian Cajochen vom Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel vor zuviel des "Guten". Wie sich der Schlafmangel und der um eine Stunde verzögerte Melatoninanstieg durch die abendliche LED-Kunstlicht-Dusche auswirkt, ist zumindest bei empfindlichen Menschen noch nicht ausreichend untersucht. Folgen sind schon bei geringer Strahlung durch LEDs im Computerbildschirm nachzuweisen. [10]


Nanogestützte Retrozukunft?

Angesichts dieser wenig vielversprechenden Voraussetzungen für alternative Zielvorgaben, mehr Licht bei weniger Watt zu erzeugen, arbeiten inzwischen Forscher des Massachusetts Institute of Technologie (MIT) und der Purdue University daran, den ursprünglich energieaufwendigen Glühfaden aus Wolframdraht und damit die gute, alte Glühbirne, so umzubauen und zu isolieren, daß die erzeugte Wärme, statt sie sinnlos an die Umgebung abzugeben, genutzt wird. 90 extrem dünne Schichten aus Silizium und Tantaloxid, die Infrarotstrahlung reflektieren, sichtbares Licht aber durchlassen, sollen dafür sorgen. Die reflektierte Wärmestrahlung soll die Glühwendel erneut aufheizen, so daß mit dem Gesamtkonzept Energie eingespart werden kann. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift Nature nanotechnology, Juli 2015 [11] schrieben, konnte damit bereits eine dreimal höhere Lichtausbeute als bei den klassischen Glühbirnen erreicht werden - rund 15 Prozent. Allerdings müßte für den Genuß von altem Wein in neuen Schläuchen, d.h. das gewohnte, nicht flimmernde, elektrosmoglose, warme, an die untergehende Sonne erinnernde Licht für eine noch völlig unausgereifte Nanotechnologie eingetauscht werden, deren Folgen für Umwelt und Verbraucher durch die Vielzahl der ungeahnten Möglichkeiten und Materialien, die bei den verschiedenen Anwendungen dieses Oberbegriffs zum Einsatz kommen können, bislang noch völlig ungewiß ist ...


Anmerkungen:

[1] http://www.klimaretter.info/konsum/hintergrund/18230-halogen-ist-die-neue-gluehbirne

[2] http://www.lichtverschmutzung.de/

[3] http://www.br.de/themen/wissen/lichtverschmutzung-lichtsmog100.html

[4] https://www.bmbf.de/files/Aktueller_Lagebericht_Photonik_2015.pdf

[5] http://www.focus.de/wissen/klima/tid-15367/zehn-fakten-zur-energiesparlampe-keine-gesundheitsgefahr-durch-strahlung_aid_630266.html

[6] Das TCO-Prüfsiegel für die ergonomische Qualität von in Büroumgebungen eingesetzten Produkten wird vom Dachverband der schwedischen Angestellten- und Beamtengewerkschaft, der Tjänstemännens Centralorganisation (TCO), vergeben.

[7] http://www.stromverbrauchinfo.de/energiesparlampen.php

[8] http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/article/662587/gefaehrlich-quecksilber-energiesparlampen.html

[9] Weitere Informationen stehen im BAuA-Forschungsbericht "Photobiologische Sicherheit von Licht emittierenden Dioden (LED)".
www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2115.pdf?__blob=publicationFile

https://www.haufe.de/arbeitsschutz/sicherheit/wie-gefaehrlich-sind-led_96_177762.html

http://www.lichtundgesundheit.de/cyberlux/?p=987

[10] http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/schlafstoerungen/article/876148/bildschirme-co-led-licht-raubt-schlaf.html

[11] www.nature.com/nnano/journal/v11/n4/full/nnano.2015.309.html

8. September 2016


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