Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → FAKTEN

BERICHT/149: Das Museum als Laboratorium kultureller Bildung - Das Deutsche Hygiene-Museum (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 4 vom 1. März 2011

Das Museum als Laboratorium kultureller Bildung
TUD-Exzellenzpartner vorgestellt (7): Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden

Von Martin Morgenstern


Neben der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden bildet das Deutsche Hygiene-Museum Dresden eine der Säulen des DRESDEN-concepts, die den wissenschaftlichen Diskurs in die breite Öffentlichkeit tragen. Und das seit fast hundert Jahren: Die Gründung des Museums nämlich geht zurück auf eine Initiative des Dresdner Industriellen Karl August Lingner (1861-1916). Lingner hatte 1911 zu den Protagonisten der ersten Internationalen Hygiene-Ausstellung gehört, zu der über fünf Millionen Besucher nach Dresden gekommen waren. Diese Ausstellung hatte mit modernsten Techniken und in einer bis dahin unbekannten Anschaulichkeit Kenntnisse zur Anatomie des Menschen vermittelt, aber auch Fragen der Gesundheitsvorsorge oder Ernährung behandelt. Zur zweiten Internationalen Hygiene-Ausstellung 1930 wurde der von Wilhelm Kreis entworfene Museumsbau bezogen, in dem das Museum noch heute seinen Sitz hat.

Als ein Ort lebendiger Vermittlung von Wissen und Bildung gehört das Deutsche Hygiene-Museum, das jedes Jahr mehr als eine Viertelmillion Besucher anzieht, heute zu den wichtigsten Kultureinrichtungen der sächsischen Landeshauptstadt. Das Museum versteht sich selbst als öffentliches Forum für aktuelle Fragen, die sich aus den kulturellen, politischen und wissenschaftlichen Umwälzungen unserer Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts ergeben. Es stößt mit seinen Ausstellungen und einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm den Diskurs an, fördert den Austausch und die Wissensvermittlung.

Innerhalb des DRESDEN-concepts hat das Deutsche Hygiene-Museum damit eine Brückenfunktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Zahlreiche prominent besetzte Veranstaltungen, Vorträge, Diskussionen, Lesungen und Tagungen sind Ausdruck einer lebendigen Präsentation und Kontextualisierung von Wissen im Allgemeinen. Ein wichtiges Merkmal ist dabei die ergebnisoffene Herangehensweise, die gerade nicht darauf abzielt, dem Publikum "der Weisheit letzten Schluss" zu vermitteln, sondern zur eigenständigen Reflexion auffordert. Beispielhaft dafür stehen etwa Veranstaltungsformate wie "Kant & Co. Philosophieren im Museum", bei dem zwei Philosophen der TU Dresden und ein wechselnder Gast mit dem Publikum in den Dialog über grundsätzliche Fragen menschlichen Daseins treten, oder das "Science Café", das das Hygiene-Museum gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik veranstaltet und bei dem in entspannter Atmosphäre mit Experten zu aktuellen Themen diskutiert wird. Mehrere tausend Besucher kommen mittlerweile jedes Jahr zu einer der Veranstaltungen, die die Dauer- und Sonderausstellungen begleiten. In diesem Kontext steht auch die Beteiligung des Museums bei DRESDEN-concept.

Das Hygiene-Museum kooperiert aber auch mit zahlreichen weiteren nationalen und internationalen Museen, wissenschaftlichen Instituten und Forschungseinrichtungen, öffentlichen und privaten Stiftungen sowie Partnern aus der freien Wirtschaft. Zu den Partnern aus dem Museumsbereich zählten in den vergangenen Jahren unter anderem das United States Holocaust Memorial Museum, Washington D.C, die Wellcome Collection, London, die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, das Kunstmuseum Bern, der Martin Gropius-Bau, Berlin, oder das Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim.

Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden begleiten und evaluieren die umfangreichen Bildungsangebote des Museums. An der Professur "Methoden der empirischen Sozialforschung" des Instituts für Soziologie wurden etwa der konzeptionelle Ansatz des Projekts "Ethische Diskurse im Museum" untersucht und daran anschließend einzelne Teilprojekte evaluiert. Auch ein neues Schülerprogramm mit dem Titel "Virtueller Diskurs" wird von TUD-Mitarbeitern untersucht.

Eine enge Zusammenarbeit verbindet Universität und Museum im wohl erfolgreichsten gemeinsamen Projekt, der "Kinder-Universität Dresden", die 2011 bereits in ihre achte Runde geht und zu deren Mitveranstaltern auch die Sächsische Zeitung gehört. Etwa 1000 eingeschriebene Studenten zwischen acht und zwölf Jahren verfolgen in der "Kinder-Uni" die Ausführungen renommierter Professoren.

Darüber hinaus hält das Hygiene-Museum im Bereich der kulturellen Bildung viele Angebote bereit, die es zu einem der größten außerschulischen Lernorte in Sachsen machen. Dazu gehören nach Altersgruppen differenzierte Führungsangebote für die Ausstellungen oder themenübergreifende Projekte ebenso wie das "Gläserne Labor", in dem Schüler beispielsweise immunbiochemische Verfahren kennenlernen, die in der Lebensmittelüberwachung eine Rolle spielen. Die Idee eines "Laboratoriums kultureller Bildung", als das sich das Museum selbst begreift, reicht dabei von der Auswahl aktueller und gesellschaftlich relevanter Themen über deren Präsentation in verschiedenen und mitunter auch experimentellen Formen des Ausstellens bis hin zur Konzeption der wissenschaftlichen Begleitveranstaltungen und der Entwicklung neuer Vermittlungsangebote.


*


Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 22. Jg., Nr. 4 vom 01.03.2011, S. 4
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
Telefon: 0351/463-328 82
Telefax: 0351/463-371 65
E-Mail: uj@tu-dresden.de
Internet: www.tu-dresden.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2011