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ASTRO/099: Ursprung, Zukunft und Außerirdische (Freiburger Uni-Magazin)


Freiburger Uni-Magazin - 2/April 2009

Ursprung, Zukunft und Ausserirdische
Astrophysikerin Svetlana Berdyugina erforscht Grundlagen des Weltalls

Von Benjamin Klaußne


Die gebürtige Russin arbeitet seit Ende letzten Jahres an der Freiburger Universität. Einen wissenschaftlichen Durchbruch schaffte sie allerdings schon vorher: Gemeinsam mit einem schweizerisch-finnischen Forscherteam gelang es ihr, zum ersten Mal einen Exoplaneten, also ein Gestirn außerhalb unseres Sonnensystems, sichtbar zu machen. HD189733b heißt er unromantischer Weise - auf die Frage, warum sie ihn nicht nach sich selbst benannt habe, lacht Berdyugina und erklärt: "Planeten werden leider immer mit Nummern benannt." Zwei Jahre hat es sie und ihr Team gekostet, bis sie den Planeten tatsächlich wahrnehmbar machen konnten. HD189733b ist schwer zu sehen, weil er sich äußerst nah um seinen Mutterstern bewegt und kaum Licht reflektiert - und das in 60 Lichtjahren Entfernung zur Erde.


Das Sonnenbrillen-Prinzip

Um den Exoplaneten genau zu lokalisieren, verbrachten die Forscher 100 Nächte an einem ferngesteuerten Teleskop, das auf der Kanareninsel La Palma steht. Eine technische Innovation war maßgeblich für den Erfolg - aber wenn Berdyugina den Vorgang begeistert beschreibt, klingt es eigentlich ganz einfach: In ihrem hellen Büro im Freiburger Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik nimmt sie eine Sonnenbrille und richtet sie auf die Lichtreflektion einer Glasscheibe des Hauses gegenüber. Dann kippt sie die Brille leicht nach links - das Licht wird heller. "Nach dem gleichen Prinzip haben wir gearbeitet", erklärt sie. "Reflektiertes Licht ist nur sehr schwach zu sehen. Wir mussten es deshalb im Teleskop verstärken."

Svetlana Berdyugina wurde in Russland geboren und studierte Astronomie in St. Petersburg. Während der Promotion arbeitete sie in einem Observatorium auf der Halbinsel Krim, später lebte und forschte sie im finnländischen Oulu und in der Schweiz. In Freiburg arbeitet sie am Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik und lehrt als Professorin an der Universität. "Ich habe mich immer für Astrophysik interessiert, besonders für die Verbindungen zwischen der Sonne und anderen Sternen. Heute arbeite ich auch im Bereich der Astro-Biologie." Das heißt, sie forscht zu umfassenden Fragen wie der Entstehung, der Entwicklung und der Zukunft von Planeten - vor allem in Bezug auf unser Sonnensystem. Konkret bedeutet das, dass sie die Beziehungen zwischen Planeten beobachtet und daraus Rückschlüsse auf ihre weitere Entwicklung zieht. Dadurch kann Berdyugina die Bedingungen, die für die Entstehung eines Planeten herrschen müssen, beschreiben. "Wir gewinnen außerdem Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung unseres Sonnensystems. Und wir können klären, welche Voraussetzungen für die Entwicklung von organischem Leben gegeben sein müssen", erklärt sie. Haben die Forscher denn schon Außerirdische gesichtet? "Noch nicht", sagt Berdyugina, "aber wir sind im Moment dabei, erdähnliche Planeten zu suchen und zu dokumentieren. Das ist der erste Schritt. Der nächste Schritt ist dann, einen erdähnlichen Planeten zu finden, auf dem es flüssiges Wasser gibt. Und dieses Ziel werden wir in den nächsten Jahren erreichen." Vorzeichen für mikrobisches und pflanzliches Leben auf anderen Planeten habe man schon entdeckt. Und in ein paar Jahren könne man es vielleicht sogar sehen: durch ein neues Megateleskop, das derzeit in Chile gebaut wird.


Satelliten in Gefahr

Unbekannte Planeten und außerirdisches Leben sind allerdings nicht der Alltag des wissenschaftlichen Blicks ins All. Generell geht es darum, Beziehungen zwischen den Gestirnen besser zu verstehen. Sterne wie unsere Sonne beeinflussen Planeten in unterschiedlicher Weise, beispielsweise durch UV-Strahlen, Röntgenstrahlung oder magnetische Impulse. Die Sonne beeinflusst unseren Planeten permanent und in unterschiedlicher Intensität, denn das solare Magnetfeld unterliegt einem ständigen Wandel. "Magnetfelder wandern durch die Sonne und brechen an die Oberfläche Freiburger Unimagazin 2/09 29 durch", erklärt Berdyugina. Wenn das passiert, können auf der Sonne Flecken entstehen oder es kann zu Eruptionen kommen, die "flares" genannt werden. Sie sondern eine ungeheure Energie ab, die sich auch auf das irdische Magnetfeld auswirken kann. Im Jahr 2003 gab es besonders viele "flares" auf der Sonne. Sie gaben so viel Energie frei, dass mehrere Satelliten lahm gelegt oder zerstört wurden. "Das war aber Nichts im Vergleich zu den 'flares' Mitte des 19. Jahrhunderts", sagt Berdyugina. "Die Sonne transportierte damals so viel Energie in Richtung Erde, dass Polarlichter in ganz Europa und sogar in Äquatornähe gesichtet werden konnten. Die Energie des solaren Magnetfelds beeinflusste außerdem die Telegrafenlinien auf der Erde, eine Person wurde durch einen elektrischen Schlag getötet." Zwar seien Satelliten besonders gefährdet, aber auch die irdischen Erdölund Erdgasförderer fürchteten die Energie der Sonne - und machten sich Sorgen um die Sicherheit ihrer metallenen Pipelines. Heute kann die Wissenschaft in etwa voraussagen, wann die Explosionen auf der Sonne besonders heftig sind. "Die Satelliten werden dann kurzfristig abgeschaltet. Aber die Voraussagen sind noch nicht sehr präzise", sagt Berdyugina und formuliert ein weiteres Ziel ihrer Arbeit: "Wir wollen das Weltraum-Wetter vorhersagen."


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Quelle:
Freiburger Uni-Magazin Nr. 2/April 2009, Seite 28-29
Herausgeber: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,
der Rektor, Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer
Redaktion: Eva Opitz (verantwortlich)
Kommunikation und Presse
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2009