Humboldt-Universität zu Berlin - 16.11.2017
HU-Astrophysiker untersuchen Expansionsgeschichte des Universums
Teleskop mit Spezialkamera späht nach explodierenden Sternen
Ein Teleskop mit einer extrem starkauflösenden Kamera durchsucht künftig den Kosmos jede Nacht auf Sternexplosionen, aufflammende Schwarze Löcher und andere kurzlebige, energiereiche Himmelsereignisse. Die Kamera "Zwicky Transient Facility" (ZTF) kann hunderttausende Sterne und Galaxien auf einmal beobachten und dadurch besonders schnell den Nachthimmel durchmustern. Das sogenannte First Light vom 1. November 2017, also die erste Kameraufnahme, zeigt einen Ausschnitt aus dem Sternbild Orion, unter anderem mit dem berühmten Pferdekopfnebel (s. Bild).
Dieses First-Licht-Bild wurde am 1. November 2017 mit der neuen Kamera
aufgenommen, nachdem sie am 1.2m-Samuel-Oschin-Teleskop am
Palomar-Observatorium in Kalifornien installiert wurde. Jedes ZTF-Bild deckt einen
Himmelsbereich von 247 Vollmonden ab. Der Pferdekopfnebel im Sternbild
Orion ist gut zu erkennen. Der Kopf des Pferdes blickt auf einen anderen
bekannten Nebel namens "Flamme".
Bild: © Caltech Optische Observatorien
An der Himmelsbeobachtung sind mehrere internationale Partner beteiligt: Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Deutschland sowie das California Institute of Technology (Caltech) in den USA. Dort steht auch das Teleskop.
"Am Nachthimmel ist eine Menge los", sagt ZTF-Chefwissenschaftler Shrinivas Kulkarni, Professor für Astronomie am kalifornischen Caltech. "Tatsächlich explodiert jede Sekunde irgendwo im Universum eine Supernova. Wir können natürlich nicht alle davon sehen - aber mit der ZTF-Kamera erwarten wir, mehrere zehntausend in der dreijährigen Laufzeit des Projekts zu beobachten."
Kurzlebige Himmelsereignisse wie Sterne, die in einer Supernova explodieren, sind unter anderem deshalb interessant, weil sie als kosmische Teilchenbeschleuniger wirken und zudem die Vermessung der Expansionsgeschichte des Universums erlauben - beides Themen, an denen auch die Astroteilchenphysiker an der HU forschen.
"Das Licht von kosmischen Feuerwerken einzufangen, ermöglicht eine neue Ära der Multi-Messenger-Astronomie, also der Untersuchung astronomischer Objekte mit Licht, Gravitationswellen und Neutrinos", so Marek Kowalski - Professor für experimentelle Astroteilchenphysik und Kosmologie an der HU sowie Leitender Wissenschaftler beim DESY. "Ich bin sehr gespannt auf die ersten ZTF-Beobachtungen der schnell verglimmenden blauen Blitze verschmelzender Neutronensterne oder des längeren Aufflackerns von Supernova-Explosionen massereicher Sterne."
Sein Kollege Jakob Nordin, ebenfalls Astroteilchenphysiker an der HU und für die Kalibration der ZTF-Kamera verantwortlich: "Unsere Milchstraße bewegt sich mit etwa 600 Kilometer pro Sekunde durch den Kosmos, und wir wissen letztlich nicht, warum wir so schnell unterwegs sind. Wir wollen die von der ZTF beobachteten Supernovae dazu verwenden, den Einfluss des Universum auf die Dynamik unser Milchstrasse zu verstehen."
Projektbeteiligte
Das Beobachtungsprojekt "Zwicky Transient Facility" wird zur Hälfte von
der National Science Foundation der USA finanziert. Die andere Hälfte
kommt von verschiedenen Partnern: darunter das Weizmann-Institut in
Israel, das Oskar-Klein-Zentrum an der Universität Stockholm, die
Universität von Maryland, die Universität von Washington, das DESY und der
Humboldt-Universität zu Berlin, das Los Alamos National Laboratory, das
TANGO-Konsortium aus Taiwan, die Universität von Wisconsin und das
Lawrence Berkeley National Laboratory.
Teleskopkamera "Zwicky Transient Facility" (ZTF)
Benannt ist das Beobachtungsprojekt nach dem Astrophysiker Fritz Zwicky,
der 1925 zum California Institute of Technology kam und im Laufe seines
Lebens insgesamt 120 Supernovae entdeckt hat. Das Teleskop vom Schmidt Typ
hat einen Durchmesser von 1,2 Metern und steht am Palomar-Observatorium
des Caltech. Die neue ZTF-Kamera hat ein besonders großes Blickfeld von 47
Quadratgrad, das 247 Mal so groß wie der Vollmond am Himmel erscheint.
Dank dieses großen Gesichtsfelds, der extrem empfindlichen Kamera und
eines schnellen Teleskopmotors wird das Teleskop alle drei Nächte nahezu
den gesamte Nachthimmel nach kurzlebigen, veränderlichen Ereignissen
absuchen. Jedes Bild, das die Kamera aufnimmt ist 24 000 mal 24 000 Pixel
groß. Um solch ein Bild in voller Auflösung darzustellen, müssten 72
Ultra-High-Definition-Monitore aneinander gebaut werden. Der Entwurf und
Bau solch einer Anlage, war eine technische Herausforderung, insbesondere
da die Kamera oben in die relativ schmale Teleskopröhre passen muss. Dazu
mussten verschiedene neue Lösungen gefunden werden. So liegt
beispielsweise der Kameraverschluss, der normalerweise direkt vor der
Kamera installiert ist, außerhalb des Teleskops und musste daher
außergewöhnlich groß gebaut werden. Mit einer Öffnung von 1,2 Metern
Durchmesser wurde für das Beobachtungsprojekt der größte je für
astronomische Zwecke gebaute Kameraverschluss konstruiert.
Weitere Informationen unter:
http://www.ptf.caltech.edu/ztf
http://www.physik.hu-berlin.de/de/astro
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution46
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, Sella Christin Bargel, 16.11.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2017
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