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BERICHT/066: Welche Eigenschaften das Nichts hat (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 25.08.2008

Welche Eigenschaften das Nichts hat

Holger Gies ist neuer Professor für Theoretische Physik/Quantenfeldtheorie der Universität Jena


Jena (25.08.08) Das Vakuum gilt gemeinhin als Synonym für die absolute Leere. Doch weiß man inzwischen, dass selbst im Labor, wo fast das absolute Nichts erzeugt werden kann, Kräfte im Vakuum wirken. Was Heisenbergs Unschärferelation möglich macht, benutzen Holger Gies und sein Team. Sie waren die erste Gruppe, die die sogenannte Casimirkraft zwischen beliebig geformten Körpern vorhersagen und berechnen konnte. "Wenn man Platten oder Kugeln ins Vakuum einbringt, verändert man es", sagt der neue Professor für Theoretische Physik/Quantenfeldtheorie der Universität Jena. "Diese Reorganisation führt dazu", so Prof. Gies, "dass die Casimirkräfte entstehen."

Diese Entdeckung war nicht nur ein Höhepunkt im wissenschaftlichen Werdegang des heute 36-Jährigen. Sie führte ihn auch von den theoretischen Überlegungen zur Anwendung. "Der Transfer ist es, der mich mittlerweile interessiert", sagt Prof. Dr. Holger Gies. Dafür hat er den Ruf an die "Elite-Universität" Heidelberg abgelehnt und sich stattdessen mit seiner Frau und den vier Kindern in Jena angesiedelt. "Theorie mit Experimenten zusammenzubringen, dafür ist Jena der richtige Ort", davon ist der gebürtige Ahrtaler überzeugt.

An der Friedrich-Schiller-Universität geht er jetzt auf die Jagd "nach dem kleinen Bruder von Elektron oder Photon". Denn der Theoretische Physiker ist sich sicher, dass man mit Licht nach neuen Teilchen suchen kann - auch dafür sei Jena der richtige Ort. Außerdem will der sportliche Physiker hier die Starke Wechselwirkung untersuchen. Wie entsteht die Masse? - Wie wird aus einem leichten Quark ein schweres Proton? Diese Fragen beschäftigen den begeisterten Hochschullehrer, der unter seinen Studierenden "eine Atmosphäre des Fragens schaffen" will.

Fragen haben ihn selber auf seinem wissenschaftlichen Weg immer weiter geführt. Zur Theoretischen Physik kam Gies in seiner Tübinger Studienzeit, weil "ich hier die interessantesten Probleme gefunden und eine profunde Methodik gelernt habe". Was ist das Nichts? - diese Frage beantwortete er in seiner Dissertation (1999), indem er die Eigenschaften des Quantenvakuums in starken Feldern ermittelte. Die Quantenfeldtheorie, die für ihn "eine universelle Sprache" ist, treibe ihn - bei aller inzwischen entwickelten fachlichen Breite - am allermeisten um, auch in seiner Habilitation von 2005 in Heidelberg. So arbeitet Gies auch an einer Theorie für Ultrakalte Quantengase, ein potenzieller Baustoff für den Quantencomputer, den er für "prinzipiell machbar" hält: in Zukunft.

Seine wissenschaftliche Leistungsfähigkeit ist aber bereits in der Vergangenheit aufgefallen und durch zahlreiche Preise und Förderungen gewürdigt worden. Die bedeutendsten waren das Emmy-Noether- Forschungsstipendium, das ihm die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 2001 verlieh. Daraus entwickelte sich die Leitung einer eigenständigen Emmy-Noether-Nachwuchsforschergruppe an der Uni Heidelberg. 2006 wurde Gies der Heinz Maier-Leibnitz-Preis der DFG verliehen. In diesem Jahr erhielt er eine Heisenberg-Professur, die erste in der Physik, mit der der musische Physiker an die Friedrich-Schiller-Universität gekommen ist, weil man ihm hier die Möglichkeit geboten habe, "Strukturen zu bilden". Und schließlich, so Prof. Gies, gehöre Jena in seinem Fachgebiet "zu den führenden wissenschaftlichen Orten in Deutschland". Diesen Ruf auszubauen, daran wolle er jetzt mitwirken, versichert Prof. Gies glaubhaft.

Weitere Informationen unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Axel Burchardt, 25.08.2008
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2008