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BERICHT/075: DESY - Tiefbauten für den European XFEL vergeben (idw)


Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY - 12.12.2008

Tiefbauten für den European XFEL vergeben

Baubeginn für die neue Forschungsanlage am 8. Januar 2009


Heute, am 12. Dezember 2008, erteilte das Forschungszentrum DESY zwei Arbeitsgemeinschaften aus renommierten Firmen den Auftrag, die unterirdischen Bauwerke (Tunnel, Schächte, Hallen) der 3,4 Kilometer langen Röntgenlaseranlage European XFEL herzustellen. Der offizielle Baubeginn ist der 8. Januar 2009, vorher können an den drei Standorten schon erste Arbeiten zur Baustelleneinrichtung stattfinden. Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY vertritt die künftige gemeinnützige European XFEL GmbH, deren Gründung im Frühjahr 2009 erfolgen soll und deren Auftrag der Bau und Betrieb der neuen Forschungsanlage sein wird.

Die beiden Aufträge für die Standorte Schenefeld im Kreis Pinneberg (Schleswig-Holstein) und Osdorfer Born in Hamburg gingen an die Arbeitsgemeinschaft Hochtief/Bilfinger Berger. Sie haben ein Gesamtvolumen von knapp 206 Millionen Euro. Der Auftrag für die Tiefbauarbeiten beim Hamburger Standort DESY-Bahrenfeld hat einen Umfang von 36 Millionen Euro und geht an die Arbeitsgemeinschaft Züblin/Aug. Prien.

Als einzige Forschungsanlage dieser Art in Europa wird der European XFEL (X steht für Röntgen, FEL für Freie-Elektronen-Laser) hochintensive ultrakurze Röntgenblitze mit den Eigenschaften von Laserlicht erzeugen. Den Naturwissenschaften bietet diese Lichtquelle der Superlative ungeahnte Perspektiven. Auch für die Industrie könnten sich neue Möglichkeiten eröffnen. Die unvorstellbar kurzen und intensiven Röntgenpulse ermöglichen es den Forschern, chemische Reaktionen mit atomarer Auflösung regelrecht zu filmen, ebenso Bewegungen von Biomolekülen oder die Entstehung von Feststoffen. Davon profitieren die verschiedensten Naturwissenschaften und auch industrielle Anwender - beispielsweise wenn es darum geht, neue Werkstoffe und Materialien im Nanobereich zu entwickeln, also mit Abmessungen von milliardstel Metern. Die neue Röntgenlaseranlage European XFEL ermöglicht Spitzenforschung in Europa und sichert dem Forschungs- und Industriestandort Deutschland eine führende Rolle.

Die 3,4 Kilometer lange Forschungsanlage erstreckt sich zwischen dem Sitz des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld und der benachbarten schleswig-holsteinischen Ortschaft Schenefeld (Kreis Pinneberg). Sie beginnt auf dem Gelände des DESY, wo die zentralen Versorgungsstationen stehen. Auf den ersten 2,1 Kilometern des 6 bis 38 Meter tiefen Tunnelsystems verläuft der Haupttunnel für den supraleitenden Elektronen-Linearbeschleuniger. Danach beginnt die ein Kilometer lange Auffächerung in mehrere Einzeltunnel, in denen die Röntgenlaserblitze erzeugt und zu den Experimentierplätzen transportiert werden. Am Beginn der Auffächerung entsteht das Betriebsgelände Osdorfer Born mit einem weiteren Zugangs- und Versorgungsgebäude. Die unterirdische Experimentierhalle am Ende der Anlage steht auf dem künftigen 15 Hektar großen Forschungscampus in Schenefeld und bietet Platz für zehn Messplätze. Sie hat eine Grundfläche von 4500 Quadratmetern und ist 14 Meter tief. Bei der heutigen Auftragsvergabe geht es um alle Tiefbauarbeiten. Sie umfassen acht Schächte, die in unterirdischen Hallen münden, die Experimentierhalle und sämtliche Tunnel. Diese haben eine Gesamtlänge von knapp 5,8 Kilometern und werden im Schildvortriebsverfahren hergestellt.

Finanzierung - Die Investitionskosten für die europäische Röntgenlaseranlage belaufen sich auf 986 Millionen Euro (Preisniveau von 2005). Deutschland trägt als Sitzland bis zu 60 Prozent der Investitionskosten, mindestens 40 Prozent werden von den internationalen Partnern eingeworben. (Die genauen Anteile werden zurzeit noch mit einigen Partnerstaaten verhandelt.) Neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Stadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein beteiligen sich 13 Länder an der Anlage: China, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien und Ungarn.

Die Inhalte des zwischenstaatlichen Abkommens zum Bau und Betrieb des European XFEL wurden im September 2008 verabschiedet. Im Frühjahr 2009 wollen die 14 beteiligten Länder das Regierungsabkommen zur Gründung der gemeinnützigen European XFEL GmbH unterzeichnen, der Trägergesellschaft für den Bau und Betrieb des European XFEL. Diese ist dann ein unabhängiges, auf europäischer Ebene koordiniertes und finanziertes Forschungszentrum, an dem sich DESY als deutscher Gesellschafter maßgeblich beteiligt. Die Inbetriebnahme der europäischen Röntgenlaseranlage beginnt nach etwa fünfeinhalb Jahren Bauzeit im Jahr 2014.

Nachbarschaftsarbeit - Der European XFEL und DESY sind bestrebt, möglichst umfassend und im Vorwege über die Bautätigkeiten zu informieren, damit sich Betroffene auf unvermeidbare Beeinträchtigungen einstellen können. Dies geschieht zum Beispiel mit Rundschreiben, die gezielt über Hausverteilungen verbreitet werden, und Meldungen in der lokalen Presse. Zusätzlich finden Besucher der Website www.xfel.eu unter dem Menüpunkt "Bauvorhaben" Beschreibungen der Betriebsgelände und aktuelle Informationen über den Bauverlauf. Als Bauherr hat DESY das European-XFEL-Kontaktbüro eingerichtet, an das sich die Nachbarn bei Fragen zur Baumaßnahme direkt wenden können: Telefon: 040 8998-1919, Fax: 040 8998-2020, E-Mail: european-xfel-bau@desy.de.

Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY - Das Forschungszentrum DESY ist eines der weltweit führenden Beschleunigerzentren zur Erforschung der Materie. DESY entwickelt, baut und nutzt Beschleuniger und Detektoren für die Forschung mit Photonen und die Teilchenphysik. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und ein mit öffentlichen Mitteln finanziertes nationales Forschungszentrum mit den beiden Standorten Hamburg und Zeuthen (Brandenburg). Die Forschungen an den Teilchenbeschleunigern erfolgen in internationaler Zusammenarbeit. Jährlich kommen über 3000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 45 Nationen, um bei DESY zu forschen. Bei DESY angestellt sind 1900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon arbeiten etwa 600 in den Bereichen Beschleunigerbetrieb, Forschung und Entwicklung. Der jährliche Etat von DESY beläuft sich auf 183 Millionen Euro, wovon 166 Millionen Euro auf den Standort Hamburg und 17 Millionen Euro auf den Standort Zeuthen entfallen.

Weitere Informationen unter:
http://www.xfel.eu/de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution31


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, Petra Folkerts, 12.12.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2008