Fraunhofer-Gesellschaft - 18.08.2015
Energiesparelektronik mit Zukunft - Fraunhofer THM optimiert höchstdotierte Siliziumkristalle
Mithilfe von kostengünstiger und intelligenter Leistungselektronik auf Basis optimierter Halbleitermaterialien kann der Energieverbrauch von Netzteilen und Ladegeräten in Smartphones, Laptops, Solarmodulen und vielen anderen Anwendungen erheblich gesenkt werden. In dem europäischen ECSEL-Projekt "PowerBase" wird intensiv das Potential von Galliumnitrid- und Siliciumhalbleitern ausgelotet. Das Fraunhofer Technologiezentrum für Halbleitermaterialien THM in Freiberg trägt im Rahmen von PowerBase dazu bei, die industrielle Herstellung von hochdotierten Siliciumkristallen mit 300 mm Durchmesser in Hinblick auf die Kristallausbeute zu verbessern.
Angetrieben durch die politischen Themen Energieeffizienz und
CO2-Reduktion haben sich Leistungshalbleiter für die Energieversorgung,
die Automobil- und die Industrieelektronik zu einem Wachstumsfeld mit
hoher gesellschaftlicher Bedeutung entwickelt. Technische Ziele in der
Leistungselektronik sind dabei die Erhöhung der Schaltgeschwindigkeit und
die Verringerung der Stromverluste pro Chipfläche. Diese Maßnahmen
ermöglichen es, die Energiedichte zu steigern und Kosten zu senken.
Leistungselektronische Bauelemente werden u.a. auf Basis von hochdotiertem Silicium hergestellt. Um bei vertikalen leistungselektronischen Bauelementstrukturen die Widerstandsverluste in Durchlassrichtung zu minimieren, werden Siliciumkristalle mit einem sehr geringen elektrischen Widerstand bis hin zu 0,001 Ωcm benötigt. Wie in der klassischen Mikroelektronik auch, sinken mit steigendem Durchmesser der kristallinen Halbleitersubstrate die Herstellungskosten für die Bauelemente. In der Leistungselektronik fragt die Industrie zunehmend hochdotierte Kristalle mit 300 mm Durchmesser nach. "Diese Siliciumkristalle werden nach dem Czochralski-Verfahren durch Ziehen aus der Siliciumschmelze hergestellt. Den niedrigen elektrischen Widerstand erreicht man bereits beim Kristallziehprozess durch die gezielte Zugabe von Phosphor als Dotierstoff. Die benötigten hohen Mengen an Dotierstoff können jedoch - insbesondere beim Herstellungsprozess von Kristallen mit 300 mm Durchmesser - Instabilitäten verursachen, die die Kristallausbeute mindern", erläutert Dr. Jochen Friedrich, Sprecher des Fraunhofer THM.
An diesem Punkt setzen nun im Rahmen des ECSEL-Projektes PowerBase die Arbeiten des Fraunhofer THM an. Die Fraunhofer-Forscher bringen ihre Erfahrung im Bereich der Kristallzüchtung, Simulation und Charakterisierung ein, um herauszufinden, was genau die Instabilitäten bei hohen Dotierstoffkonzentrationen im Kristall verursacht. Die Kenntnis dieser Mechanismen ermöglicht dann die Entwicklung verfahrenstechnischer Lösungen, um die Kristallausbeute zu erhöhen. Außerdem müssen die Wechselwirkungen der Dotieratome mit anderen atomaren Defekten bei hohen Dotierstoffkonzentrationen im Silicium genauer analysiert werden, um mögliche Auswirkungen auf die späteren Bauelementeigenschaften ableiten zu können. Durch diese Arbeiten kann die Silicium-Leistungselektronik an die Grenzen des technisch Machbaren gebracht werden, insbesondere hinsichtlich Kosten und Effizienz.
Im ECSEL-Projekt PowerBase wird auch an Galliumnitrid-Leistungsbauelementen geforscht. Galliumnitrid ermöglicht höhere Durchbruchfeldstärken und schnellere Schaltgeschwindigkeiten als Silizium. Jedoch ist Leistungselektronik auf Basis von Galliumnitrid, gegenüber Silicium, eine noch junge Technologie. Dementsprechend kommt dem Vergleich beider Technologien eine strategische Bedeutung zu und die neuen Leistungsbauelemente auf Galliumnitrid-Basis müssen sich an den optimierten Siliciumhalbleitern messen lassen.
PowerBase und ECSEL
Im europäischen Forschungsprojekt PowerBase sind insgesamt 39 Partner
beteiligt, darunter die Fraunhofer-Gesellschaft mit dem Fraunhofer THM in
Freiberg, dem Fraunhofer IWM in Halle und dem Fraunhofer EMFT in München.
Das Finanzvolumen beträgt 87 Millionen Euro, die Federführung hat Infineon
Technologies, einer der größten Halbleiterhersteller Europas. Das Vorhaben
gehört zu den ersten ECSEL-Projekten, mit denen die europäische Industrie,
die EU und die beteiligten Mitgliedsländer den Weltmarktanteil der
europäischen Mikroelektronik bis 2024 erheblich steigern möchten. Die
Finanzierung von PowerBase erfolgt vor allem über Investitionen aus der
Industrie, durch das ECSEL-Programm der EU zur Steigerung der
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Elektronikindustrie sowie durch eine
nationale Co-Förderung in Österreich, Belgien, Deutschland, Italien,
Norwegen, Spanien, der Slowakei, Großbritannien und den Niederlanden.
ECSEL steht dabei für »Electronic Components and Systems for European
Leadership« und ist als Private-Public-Partnership-Programm ein wichtiger
Baustein der Initiative »Europa 2020« der EU-Kommission. Die
Bundesregierung sieht in der europäischen Zusammenarbeit innerhalb der
ECSEL-Projekte ein wichtiges Instrument, um die starken Kompetenzen in der
Mikroelektronik in Deutschland im Rahmen ihrer Hightech-Strategie weiter
auszubauen und fördert das Vorhaben aus Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung. Zusätzlich engagiert sich auch der Freistaat
Sachsen.
Fraunhofer THM
Das Fraunhofer-Technologiezentrum Halbleitermaterialien Freiberg THM
betreibt Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleiter- und
Energiematerialien. Das THM ist eine gemeinsame Einrichtung des
Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie
IISB in Erlangen und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme
ISE in Freiburg. Es besteht eine enge Kooperation mit der Technischen
Universität Bergakademie Freiberg auf dem Gebiet der Halbleiterherstellung
und -charakterisierung. Ein Hauptziel ist die Unterstützung der regionalen
Halbleitermaterialindustrie durch den Transfer wissenschaftlicher
Erkenntnisse in die industrielle Verwertung.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution96
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fraunhofer-Gesellschaft, Presse Institute, 18.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2015
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang