Paul Scherrer Institut (PSI) - 23.09.2015
Wasserkanäle machen Brennstoffzellen effizienter
Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben im Labor ein Beschichtungsverfahren entwickelt, das die Effizienz von Brennstoffzellen erhöhen könnte. Das für die Massenproduktion geeignete Verfahren haben die PSI-Wissenschaftler bereits zum Patent angemeldet.
Die PSI-Forscher Antoni Forner-Cuenca (links) und Pierre Boillat im
Labor, in dem sie Teile des neuen Beschichtungsverfahrens
untersuchten.
Foto: © Paul Scherrer Institut/Markus Fischer
Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben im Labor ein
Beschichtungsverfahren entwickelt, das die Effizienz von Brennstoffzellen
erhöhen könnte. Brennstoffzellen erzeugen aus den Gasen Wasserstoff und
Sauerstoff elektrischen Strom. Die Gase werden von aussen an die Elektrode
der Zelle zugeführt. Ihnen kommt auf ihrem Weg aber flüssiges Wasser in
die Quere, das in der Brennstoffzelle dauernd produziert wird und nach
aussen fliessen soll. Bei zu viel angesammeltem Wasser fliessen die Gase
langsamer und die Stromproduktion gerät ins Stocken. "Unsere neuartige
Beschichtung sorgt dafür, dass flüssiges Wasser und Gase auf getrennten
Wegen durch die porösen Materialien in den Brennstoffzellen fliessen. Das
verbessert die Leistung und die Stabilität im Betrieb der
Brennstoffzellen", sagt der Leiter der Studie Pierre Boillat vom Labor für
Elektrochemie am PSI.
Brennstoffzellen wandeln die in den Gasen enthaltene Energie effizient in Elektrizität um. Der produzierte Strom kann zum Beispiel ein Elektroauto antreiben.
Als einziges chemisches Produkt der in Brennstoffzellen ablaufenden Reaktionen entsteht Wasser. Im "Abgas" eines Brennstoffzellenautos ist also nur harmloser Wasserdampf enthalten.
Seit 2013 sind serienreife Brennstoffzellenautos erhältlich. Weltweit arbeiten Forschende aber weiterhin daran, die Effizienz von Brennstoffzellensystemen zu erhöhen bzw. deren Kosten zu senken.
Ein wichtiges Thema dabei ist das Abführen flüssigen Wassers aus Teilen der Brennstoffzellen, in denen es unerwünscht ist, weil es den Durchfluss der Gase stört. Wasser sammelt sich beispielsweise in den Poren der sogenannten Gasdiffusionsschicht, einer in der Regel aus Kohlefasern bestehenden Schicht, die unter anderem die Zufuhr und Feinverteilung der Gase Wasserstoff und Sauerstoff an die Elektroden der Zelle sicherstellt. Das in der Gasdiffusionsschicht angesammelte Wasser behindert den Durchfluss der Gase und hemmt dadurch die Stromproduktion.
In kommerziell erhältlichen Brennstoffzellen sind die Kohlefasern der Gasdiffusionssicht in der Regel gleichmässig mit einem wasserabweisenden Kunststoff beschichtet, der den Abfluss des Wassers erleichtern soll. Das Wasser verteilt sich hier willkürlich im Material, und die für den Gasfluss frei bleibenden Poren bilden gewundene Pfade. Die Gase gelangen deshalb nur langsam an die Elektroden, was die Leistung der Brennstoffzellen reduziert.
Die neue Lösung aus dem PSI behebt das Problem, indem es getrennte "Abflusskanäle" schafft, in denen sich praktisch alles Wasser konzentriert. In den restlichen, trockenen Kanälen können die Gase dann schneller fliessen.
Die PSI-Forschenden haben schon aus früheren Versuchen gewusst, dass es nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Verteilung des Wassers in der Diffusionsschicht ankommt. "Wir haben nun diese Idee zum ersten Mal in ein Verfahren umgesetzt, das sich für die Massenproduktion eignet", erklärt PSI-Doktorand Antoni Forner-Cuenca, der die Versuche im Labor durchführte.
Das Konzept der PSI-Forscher besteht darin, die ursprüngliche, wasserabweisende Kunststoffbeschichtung entlang gerader Wege wasseranziehend zu machen. Das Wasser wird in diese Kanäle regelrecht eingesaugt, während die restlichen Bereiche der Gasdiffusionsschicht praktisch trocken bleiben. Das Verfahren haben die PSI-Wissenschaftler bereits zum Patent angemeldet.
Um die Wasserkanäle herzustellen, haben die Forschenden in die Struktur des ursprünglichen Kunststoffs wasseranziehende Moleküle eingebracht. Zuvor mussten sie den Kunststoff mit einem Elektronenstrahl aufbereiten, sodass er die anzuhängenden Moleküle binden konnte.
Der Elektronenstrahl wird hierbei durch ein Metallgitter geführt, sodass zwei unterschiedliche Bereich geschaffen werden: Dort, wo der Strahl durch das Gitter geht, kann die ursprüngliche Beschichtung später so verändert werden, dass wasseranziehende Kanäle entstehen. Dort wo der Strahl nicht das Gitter passiert, bleibt der ursprüngliche Kunststoff wasserabweisend.
Im vom Elektronenstrahl veränderten Bereich reagiert die Kunststoffbeschichtung dann chemisch mit speziellen Molekülen und wird dadurch wasseranziehend gemacht - es werden Kanäle geschaffen, die das in den Brennstoffzellen produzierte Wasser effizient hinaus transportieren.
Das am PSI entwickelte Verfahren des Anhängens funktioneller Moleküle mit Hilfe eines Elektronenstrahls bezeichnen die Forschenden als Strahlenpfropfen. Es ähnelt nämlich dem in der Gärtnerei üblichen Pfropfen wertvoller Pflanzen auf einen fremden, robusten Stamm. In diesem Fall geben die wasseranziehenden Moleküle dem Basiskunststoff die erwünschten, wasseranziehenden Eigenschaften.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die von ihnen geschaffenen Kanäle tatsächlich fast alles Wasser in sich saugen. Die anderen Bereiche bleiben hingegen praktisch trocken. Den Beweis lieferten Bilder der Gasdiffusionsschicht, die die Wissenschaftler mit Hilfe von Neutronen aus der Strahllinie ICON der Spallationsneutronenquelle SINQ des PSI erstellten.
Dieses sogenannte Kohlenstoffpapier wurde entlang bestimmter Kanäle
(helle Linien) wasseranziehend gemacht. Dadurch liegt das Wasser
nicht mehr den Gasen im Weg und diese fliessen schneller durch.
Foto: © Paul Scherrer Institut/Markus Fischer
(*) Diese Arbeit wurde vom Schweizerischen Nationalfonds SNF finanziell
unterstützt (Projektnummer: 143432).
Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva
Originalveröffentlichung
Engineered Water Highways in Fuel Cells: Radiation Grafting of Gas
Diffusion Layers
Antonio Forner-Cuenca, Johannes Biesdorf, Lorenz Gubler, Per Magnus
Kristiansen, Thomas Justus Schmidt, Pierre Boillat
Advanced Materials, 23. September 2015
DOI: 10.1002/adma.201503557
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und
komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und
internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene
Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie
Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein
zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer
Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt
beschäftigt das PSI 1900 Mitarbeitende, das damit das grösste
Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 380
Mio.
Ein Kurzvideo kann unter http://psi.ch/F1cV angeschaut werden
Weitere Informationen unter:
http://www.psi.ch/lec/electrochemical-energy-conversion
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution695
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Paul Scherrer Institut (PSI), Dagmar Baroke, 23.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2015
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