Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH - 13.04.2016
Rätsel um Effizienzverlust von Zinkoxid-basierten Farbstoffsolarzellen aufgeklärt
Um Sonnenenergie in Strom oder solare Brennstoffe umzuwandeln, benötigt
man spezielle Materialsysteme. Zum Beispiel solche, die aus organischen
und anorganischen dünnen Schichten bestehen. Bei der Umwandlung der
Sonnenenergie spielen Prozesse an den Grenzflächen dieser Schichten eine
entscheidende Rolle. Nun hat ein HZB-Team um Prof. Emad Aziz erstmals mit
ultrakurzen Laserpulsen direkt beobachtet, wie sich zwischen den
organischen Farbstoffmolekülen und einer Zinkoxid-Halbleiterschicht
Grenzflächenzustände bilden, in denen Ladungsträger eingefangen werden.
Dies erklärt, warum ZnO-Farbstoffsolarzellen aktuell hinter den
Erwartungen zurückbleiben.
Die Ergebnisse sind im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der australischen
Monash-University am Joint Lab vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und der
Freien Universität Berlin (FU) entstanden und im Open Access Magazin von
Nature, den Scientific Reports, online publiziert.
Die Energie der Sonne in Strom oder auch solaren Wasserstoff
umzuwandeln, gelingt mit einer ganzen Reihe von Materialien. Eine wichtige
Klasse von organischen Solarzellen besteht zum Beispiel aus Farbstoffen, die
auf dem Halbleitermaterial Titandioxid (TiO2) aufgetragen sind. Dabei dienen
die Farbstoffmoleküle als eine Art "Übersetzer" für die Sonnenenergie. Sie
fangen das Licht ein, wobei freie Ladungen entstehen, die dann im
Titandioxid den Stromfluss ermöglichen. Allerdings ist TiO2 längst nicht
optimal, Zinkoxid (ZnO) sollte aufgrund seiner Eigenschaften eigentlich
viel besser als Elektrodenmaterial geeignet sein: Denn in ZnO sind die
Ladungsträger wesentlich mobiler, so dass sie nach der Ladungstrennung
rascher abfließen sollten. Außerdem lassen sich mit ZnO auf einfache Weise
Nanoarchitekturen herstellen, die das Sonnenlicht besonders effizient
einfangen.
Dennoch ist es bisher nicht gelungen, mit ZnO Solarzellen zu bauen, die besser sind als diejenigen auf TiO2. Ein Team um Emad Aziz hat nun erstmals die Ursache direkt beobachtet und im "Joint Ultrafast Dynamics Lab in Solutions and at Interfaces" im Detail untersucht. Das Joint Lab wird gemeinsam vom HZB und der FU Berlin betrieben. Es verfügt über eine Reihe modernster Laserinstrumente, darunter auch ein zeitaufgelöstes Photoelektronspektrometer, das ultrakurze XUV-Pulse von unter 45 Femtosekunden Dauer erzeugen kann. Diese ultrakurzen Lichtblitze ermöglichen es, sowohl die zeitliche als auch energetische Entwicklung angeregter Zustände in ultrakurzen Zeitabschnitten zu verfolgen.
"Unsere Messungen zeigen erstmals direkt, dass Ladungsträger durch Bildung eines Grenzflächenzustandes zwischen Farbstoff und Halbleiter an dessen Oberfläche eingefangen werden. Dadurch stehen sie nicht mehr unmittelbar als freie Ladungsträger zur Verfügung", erklärt Mario Borgwardt, Doktorand im Team Aziz. Diese "eingefangenen" Elektronen im Grenzflächenzustand bleiben länger an Ort und Stelle. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch Rekombination wieder "verloren" gehen. Dies reduziert den Wirkungsgrad der Solarzelle.
Die Proben für das Experiment hat Prof. Leone Spiccias Team von der Monash University zur Verfügung gestellt. Durch den Besuch von Spiccia im letzten Jahr im Zuge seines Helmholtz International Fellowship Awards der Helmholtz-Gemeinschaft ist eine fruchtbare Kooperation entstanden, die grundlegend zum Erfolg dieses Projekts beigetragen hat.
Emad Aziz erläutert die Bedeutung der Ergebnisse: "Die Arbeit führt zu einem besseren Verständnis der Prozesse an der Grenzfläche zwischen Farbstoffmolekül und Halbleiter. Wir haben damit verstanden, wie Farbstoff und Halbleitermaterial miteinander kommunizieren. Damit können wir nun Ansätze finden, diese Kommunikation gezielt zu verbessern. Das ist nicht nur für das Design von Farbstoffsolarzellen wichtig, sondern auch um Materialsysteme für die photokatalytische Herstellung von Wasserstoff entwickeln zu können, also für die Speicherung von Sonnenenergie in Form des Brennstoffs Wasserstoff."
Die Ergebnisse sind in Scientific Reports 6, Article number: 24422 (2016)
publiziert. doi:10.1038/srep24422
Charge Transfer Dynamics at Dye-Sensitized ZnO and TiO2 Interfaces Studied
by Ultrafast XUV Photoelectron Spectroscopy.
Mario Borgwardt, Martin Wilke, Thorsten Kampen, Sven Mähl, Manda Xiao,
Leone Spiccia, Kathrin M. Lange, Igor Yu. Kiyan & Emad F. Aziz
Weitere Informationen unter:
http://www.helmholtz-berlin.de/pubbin/news_seite?nid=14434&sprache=de&typoid=5272
http://www.nature.com/articles/srep24422
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution111
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH,
Dr. Ina Helms, 13.04.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2016
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang