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ENERGIE/1394: Auf dem Prüfstand - Einfluss von Biokraftstoff auf Filtersysteme in Fahrzeugen mit Ottomotor (idw)


Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT - 01.06.2016

Auf dem Prüfstand: Einfluss von Biokraftstoff auf Filtersysteme in Fahrzeugen mit Ottomotor

Biokraftstoffe wie E10 werden verstärkt eingesetzt, um die CO2-Bilanz von Autos zu verbessern. Wie bei anderen Spritsorten auch, entweichen aus den Tanks von Wagen mit Ottomotoren umweltbeeinträchtigende Kraftstoffdämpfe. In Benzin-betriebenen Fahrzeugen sind deshalb Aktivkohlefilter verbaut, die die Kohlenwasserstoffe auffangen, bevor sie in die Umwelt entweichen können. Ob die Wirkung solcher Filtersysteme jedoch auch eintritt, wenn herkömmlicher Kraftstoff mit Bioethanol gemischt wird, untersucht nun ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt von Fraunhofer UMSICHT und der Universität Siegen mit Partnern aus der Automobilindustrie.

Im Tank eines Fahrzeuges mit Ottomotor verdampfen je nach Druck, Temperatur und Zusammensetzung des Kraftstoffs flüchtige Kohlenwasserstoffe. Damit diese Substanzen nicht in die Umwelt gelangen, werden sie vor der Verbrennung im Motor in einem Aktivkohlebehälter aufgefangen. Diese Aktivkohlefilter (sogenannte Kraftstoffdampfrückhaltesysteme) sind mittlerweile für Fahrzeuge mit Ottomotoren gesetzlich vorgeschrieben. Alternativ zu Benzin können Autofahrer seit 2011 ihre Fahrzeuge auch mit Biokraftstoffen wie E10 betanken, denen zwischen fünf bis zehn Prozent Bioethanol beigemischt sind.

Unklar ist jedoch, ob durch den Zusatz von Bioethanol zum herkömmlichen Kraftstoff die Funktionstüchtigkeit der Aktivkohlefilter in PKWs weiterhin gewährleistet ist. Genau diese Fragestellung wird deshalb in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben von Fraunhofer UMSICHT und der Universität Siegen adressiert. »Der teilweise oder vollständige Ersatz fossiler Kraftstoffe durch Bioethanol verändert die Verhältnisse für Aktivkohlefilter«, erklärt Dr. Eva Schieferstein, die das Projekt für Fraunhofer UMSICHT koordiniert. So verändert sich in Anwesenheit von Bioethanol zum einen der Dampfdruck, aber auch die Zusammensetzung des ausgestoßenen Dampfes. »Beides könnte die Filterung der umweltbelastenden Kohlenwasserstoffe in den Aktivkohlefiltern behindern.«

Biosprit könnte Funktionalität von Aktivkohlefiltern beeinträchtigen

Während bei Motorstillstand der Kraftstoff verdampft und sich an der Aktivkohle anlagert, wird bei laufendem Motor der Aktivkohlefilter mit feuchter Umgebungsluft regeneriert. Die mit den desorbierten Benzindämpfen angereicherte Spülluft wird dem Motor wieder zugeführt. Ein zentrales Forschungsziel des Projekts ist es deshalb zu untersuchen, ob es durch die Gegenwart von Bioethanol zu einer Anhäufung von Wasser in der Aktivkohle kommt. Im Rahmen von zwei früheren Forschungsprojekten von Fraunhofer UMSICHT und der Universität Siegen wurde bereits das Adsorptionsverhalten von Pentan/Ethanol-Gemischen an trockenen und kontrolliert befeuchteten Aktivkohleproben untersucht. Die in diesem Zusammenhang entwickelte Analysetechnik erlaubt es, das Adsorptionsverhalten von Aktivkohle über viele Zyklen messtechnisch zu begleiten und somit über lange Zeiträume zu beurteilen.

Diese Analysetechnik soll nun auch im aktuellen Projekt angewendet werden: Mit dem Ziel, die bisher in den Aktivkohlefiltern verwendeten Aktivkohlen auf ihre Eignung zur Adsorption von Bioethanol-Kraftstoffdämpfen zu untersuchen - und zwar über verschieden lange Zeiträume und unter realitätsnahen Bedingungen. »Wichtig dabei ist, dass die Funktionstüchtigkeit der Aktivkohlefilter nicht nur zuverlässig, sondern auch dauerhaft gegeben ist«, sagt Eva Schieferstein. »Die Ad- und Desorption muss auch in Gegenwart von Bioethanol über die gesamte Lebensdauer eines PKWs entsprechend funktionieren.«

Das Forschungsvorhaben zur Funktionstüchtigkeit von Aktivkohlefiltern in PKW wird gemeinschaftlich von Fraunhofer UMSICHT und der Universität Siegen mit der Unterstützung durch einen Projektbegleitenden Ausschuss aus Automobilherstellern, Aktivkohleherstellern, Aktivkohlefilter-Herstellern, Bioethanolherstellern und Analyselabors durchgeführt. Das Projekt wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) unter dem Förderkennzeichen 22403115 mit einem Volumen von ca. 800 000 Euro gefördert.


Weitere Informationen unter:
http://www.umsicht.fraunhofer.de/de/bereiche/prozesse/abteilungen/bioraffinerie-biokraftstoffe.html
Mehr zum Thema Bioraffinerie und Biokraftstoffe.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution10

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT,
Dipl.-Chem. Iris Kumpmann, 01.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2016

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