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ENERGIE/610: Qualitätssicherung bei Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energien (idw)


Fraunhofer Vision - 17.04.2009

Qualitätssicherung bei Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energien


Erneuerbare Energien, wie Wind, Wasser oder Sonne, gewinnen zunehmend an Bedeutung und ihr Anteil an der Energieversorgung steigt weltweit. Für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Betrieb solcher Energiesysteme ist jedoch die Sicherstellung der Qualität unabdingbar, sei es in der Fertigung der Zulieferteile, bei der Herstellung der Materialien oder bei der Wartung im späteren Einsatz.

Am Fraunhofer Vision-Stand (Halle 1, Stand 1502) bei der Control 2009 in Stuttgart, 5. bis 8. Mai, werden Lösungen für die Qualitätskontrolle für die Solar- und Windenergie mit zerstörungsfreien Mess- und Prüftechniken vorgestellt.


Windkraft

Im Bereich der Windkraft werden von den Fraunhofer Vision-Instituten drei Lösungen präsentiert, nämlich die Wartung und Prüfung der Rotorblätter mit Wärmefluss-Thermographie, die Verbesserung der GFK-Materialien der Rotorblätter mit einer Software zur Analyse von Mikrostrukturen und die Prüfung und Schadensdiagnose der Fundamente der Windkraftanlagen mit einem neuartigen Scanner, der mehrere unterschiedliche Verfahren in sich vereint.

>> Wärmefluss-Thermographie zur Prüfung der Rotorblätter auf verborgene Fehlstellen

Die Rotorblätter von Windenergieanlagen müssen in regelmäßigen Abständen auf Schäden hin untersucht werden. Die hauptsächlich aus glasfaserverstärktem Kunststoff hergestellten Rotorblätter gehören zu den am höchsten beanspruchten Bauteilen einer Windenergieanlage. Sie sind Wind-, Gewichts-, Flieh- und Trägheitskräften mit sehr hohem Lastwechsel sowie Erosionen durch Luftpartikel ausgesetzt. Die Schadensbilder reichen von kleinen Oberflächenschäden bis zum Aufreißen der tragenden Verklebungen. Dies führt im Extremfall zur Gefährdung der Standsicherheit der Gesamtanlage.

Am Fraunhofer WKI wurde ein Prüfsystem auf Basis der Wärmefluss-Thermographie entwickelt, mit dem die häufigsten Fehler in Rotorblättern, wie Risse, Verklebungsfehler oder Lufteinschlüsse gefunden werden. Die moderne Infrarottechnik kann Flächen von mehreren Quadratmetern innerhalb einer Minute vollständig erfassen. Sie stellt einen zuverlässigen Ersatz für die traditionelle visuelle oder Klopftest-Prüfung dar. Außerdem ist sie auch für die Qualitätskontrolle von Rotorblättern in der Fertigung geeignet.

Aktuelle Forschungen beschäftigen sich darüber hinaus mit der Entwicklung von Technologien zur vollständigen Zustandserfassung der Rotorblätter. Durch den Einsatz bzw. die Kombination mehrerer unterschiedlicher Prüfverfahren wie Thermographie, Ultraschall und hochauflösender Kameras in Verbindung mit innovativen Robotern wird eine zuverlässige, objektive und ganzheitliche Analyse des Blattzustandes ermöglicht.


>> Mikrostrukturanalyse von glasfaserverstärktem Kunststoff bei Windkraft-Rotorblättern

Die Rotorblätter von Windkraftanlagen werden überwiegend aus Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) hergestellt, wobei der Aufbau dieses Materials entscheidend für den späteren Betrieb des Rotorblatts ist. Das Softwaretool MAVI des Fraunhofer ITWM wurde für die Verarbeitung und Analyse von Mikro- und Nanostrukturen entwickelt und eignet sich daher auch für die Analyse und Verbesserung des Aufbaus von Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Das Material kann vor dem Bau des Rotorblatts verbessert werden, so dass beispielsweise sog. Ondulationen vermieden werden können, die im späteren Betrieb zu Ausfällen führen könnten.


>> Prüfung der Fundamente von Windkraftanlagen

Am Fraunhofer IZFP Saarbrücken wurde der Bauwerksscanner OSSCAR (OnSiteSCAnneR) entwickelt, mit dem unter anderem auch Fundamente von Windkraftanlagen untersucht werden können. OSSCAR ist ein leicht handhabbares Messwerterfassungssystem, mit dem Stahlbeton- und Spannbetonbauwerke zuverlässig und wirtschaftlich untersucht werden können. Diese Messeinrichtung vereint eine intelligente Verfahrenskombination (Ultraschallecho, Radar, Wirbelstromprüfung), eine automatisierte Datenaufnahme sowie die bildgebende Darstellung der Ergebnisse aus fusionierten Daten.

Der Scanner wurde ursprünglich für die Brückenprüfung entwickelt, kann aber für alle Bauwerke eingesetzt werden, so dass auch Fundamente von Windkraftanlagen (primär Fundamente und Hybridtürme) untersucht werden können. Für die Fundamente von Windkraftanlagen gibt es, genauso wie für alle anderen Bauwerke auch, zwei Anwendungsfelder, nämlich die Qualitätssicherung beim Neubau und die Zustandserfassung (Schadensdiagnose) z. B. bei Revisionen. Bei allen Bauwerken muss allerdings ein direkter Zugang zu den Prüfflächen möglich sein. Bei Flachfundamenten ist auch der Einsatz des selbstfahrenden und selbstnavigierenden Prüfroboters BetoScan möglich, der in der Lage ist, große Flächen automatisch mit mehreren Prüfverfahren gleichzeitig abzuscannen.


Solarenergie

Im Bereich der Photovoltaik besteht seitens der Hersteller der Wunsch, möglichst viele Schritte zu kontrollieren und zwar sowohl bei der Herstellung der Solarzellen als auch bei der Qualitätskontrolle, die möglichst in in den Fertigungsprozess integriert werden soll.

Die Fraunhofer Vision-Institute bieten hier unterschiedliche Lösungsansätze an, insbesondere für die Prüfung von Oberflächen und die Detektion von Rissen sowie den Einsatz von Laserprüfystemen. Darüber hinaus wird ein Wirtschaftlichkeitskonzept zur Reinigung von Solarzellenanlagen vorgestellt.


>> Oberflächenprüfung von Solarzellen

Für die Prüfung der Oberflächen von Solarzellen kann das System MASC vom Fraunhofer ITWM eingesetzt werden. MASC ist ein Prüfsystem, das zur Qualitätskontrolle von komplexen Bauteilen mit strukturierten, texturierten Oberflächen entwickelt wurde. Mittels digitaler Bildverarbeitung können so Materialfehler detektiert und klassifiziert bzw. Farbnuancen erkannt werden. Beim Einsatz in der Solarzellenherstellung können Solarzellen schon während des Produktionsprozesses auf feinste Oberflächenfehler, wie Fingerunterbrechungen, -Verdickungen und Farbabweichungen inspiziert werden.


>> Mikrorisserkennung und -analyse von Silizium-Wafern für Solarzellen

Silizium-Wafer sind die Basis zur Herstellung von Solarzellen. Um den ständig steigenden Bedarf zu decken, werden immer dünnere Wafer hergestellt, wodurch aber die Häufigkeit von Rissen im Wafer zunimmt, da Silizium sehr spröde ist. Anders als bei Metallen pflanzt sich ein Riss in Siliziumwafern schnell fort. Kleine Risse beeinflussen den späteren Wirkungsgrad der Module nur geringfügig. Größere Risse, insbesondere in der Nähe von Randzonen, führen beim Handling der Wafer zum vollständigen Bauteilversagen durch Bruch.

Am Fraunhofer IFF wurde daher ein fertigungsintegrierbares Prüfsystem entwickelt, um derartige Risse zeitnah jeweils im Anschluss an die einzelnen Fertigungsschritte zu erkennen. Mittels einer Analyse der unterschiedlichen Charakteristika der Risse wird eine Klassifizierung vorgenommen, um einen möglichen Bruch prognostizieren zu können. Damit kann eine unmittelbare Ausschleusung nach der jeweiligen Prozessstufe erfolgen, verlorene Wertschöpfung vermieden und die Produktionskapazität effektiv genutzt werden.

Das Funktionsprinzip des Prüfsystems nutzt die Transparenz des Siliziums im nahen Infrarotbereich des Lichtes (optisches Fenster). Durch eine geeignete Anordnung aus einer Matrixkamera und einer flächigen NIR-Beleuchtung im Durchlichtverfahren können Risse und Kornstrukturen sichtbar gemacht werden. Die Datenauswertung trennt Risse von störenden Kristallgrenzen und ermöglicht somit eine Rissdetektion sowie eine Rissklassifikation und Bruchprognose.

>> Inline-Mikrorissprüfung an Solarzellen mit Wärmefluss-Thermographie

Das Prüfsystem des Fraunhofer IPA kommt nach der vollflächigen R ückseiten-Kontaktierung zum Einsatz, denn hier sind alternative Verfahren, wie z.B. die Wärmefluss-Thermographie, notwendig. Neben leicht zu detektierenden breiten Rissen können damit auch Risse mit einer Breite < 20 Fm in der Siliziumschicht detektiert werden. Die Produktionsgeschwindigkeit beträgt dabei typischerweise 10 Meter pro Minute.

Die Wärmefluss-Thermographie ist ein zerstörungsfreies Prüfverfahren für die Qualitätssicherung in der Produktion. Durch die Analyse des Wärmeflusses bzw. der Wärmeleitfähigkeit von Werkstücken können unterhalb der Oberfläche liegende und daher äußerlich nicht sichtbare Fehlstellen erkannt werden. Im Bereich der Erneuerbaren Energien wird das Wärmefluss-Thermographie-Verfahren beispielsweise auch zur Prüfung der Windkraft-Rotoblätter eingesetzt.

>> Mess- und Prüfkonzept für die Photovoltaik

Am Fraunhofer IPM werden schnelle pixelparallele Kameras eingesetzt, um schon während der bei der Solarzellenherstellung üblichen Laserbearbeitung - beim Schneiden, Bohren und Strukturieren - dafür zu sorgen, dass diese Prozesse fehlerfrei ablaufen und eine Funktionsprüfung am Ende überflüssig ist. Hohe Taktraten der Bildverarbeitung erlauben es, selbst hochdynamische Prozesse nicht nur zu beobachten, sondern auch zu regeln. Dadurch können z.B. die Abscheidungs- bzw. Strukturierungsprozesse einzelner Schichten bei der Herstellung von Dünnschichtsolarzellen sehr genau geregelt werden. In der Qualitätskontrolle kann die versteckte Delamination von Zwischenschichten optisch geprüft werden und so die Qualität des Endprodukts erhöht werden.

Ein weiteres Einsatzgebiet dieser optischen Messtechnik ist die exakte Positionierung von Fresnel-Linsen bei FLATCONR-Konzentrator-Zellen.

Die FLATCONR-Technologie ist eine Entwicklung des Fraunhofer ISE. Im FLATCONR-Modul wird Sonnenlicht optisch fokussiert und auf kleine Solarzellen gelenkt. Die hocheffizienten Mehrfachsolarzellen aus III-V-Halbleitern erzielen Wirkungsgrade > 40 Prozent. Das gesamte Modul erreicht einen Rekordwirkungsgrad von 28,2 Prozent. Bei der FLATCONR-Technologie werden Fresnel-Linsen eingesetzt, um das Sonnenlicht zu konzentrieren. Im Brennpunkt der Fresnel-Linsen wandelt eine nur 0,031 cm² große hocheffiziente Solarzelle das 500fach konzentrierte Sonnenlicht direkt in elektrische Energie um.

Die optische Messtechnik des Fraunhofer IPM garantiert nun, dass das Sonnenlicht im fertigen Modul exakt auf die nur wenige Quadratmillimeter großen Solarzellen konzentriert wird.


>> Wirtschaftlichkeitsbetrachtung automatischer Solarzellenreinigungskonzepte

Für die Betreiber von Photovoltaikanlagen ist die Reinigung der Solarmodule ein wichtiges Thema, denn die Verschmutzung der Anlagen, das sogennante "Soiling", verringert den Erlös. Über das Ausmaß der Soilingeffekte auf die Anlageneffizienz herrscht hingegen noch weitgehend Unklarheit. Vom Fraunhofer IPA werden daher Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen angeboten, um die Rentabilität manueller und automatisierter Reinigungsverfahren ermitteln. Außerdem werden Betreiber von Photovoltaik-Großanlagen bei der Entwicklung wirtschaftlicher Automationslösungen unterstützt. Das Fraunhofer IPA nutzt dabei Know-how, das im Bereich der Robotik, insbesondere Reinigung von Fenstern u.ä., erworben wurde.

Die Fraunhofer-Allianz Vision ist ein Zusammenschluss von Fraunhofer-Instituten zu den Themen Bildverarbeitung, optische Inspektion und 3-D-Messtechnik, Röntgenmesstechnik und zerstörungsfreie Prüfung.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution508


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fraunhofer Vision, Regina Fischer M.A., 17.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2009