Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → TECHNIK

ENERGIE/619: Know-how-Export für das Reich der Mitte (TU berlin intern)


TU berlin intern 4/09
Die Hochschulzeitung der Technischen Universität Berlin

Know-how-Export für das Reich der Mitte
TU-Forscher berät in China bei der Erarbeitung einer Energieeinsparverordnung

Von Andrea Puppe


Frank U. Vogdt packt wieder die Koffer. Eine Woche China steht auf dem Reiseplan des Leiters des Fachgebietes Bauphysik und Baukonstruktionen der Technischen Universität Berlin. Im Rahmen eines von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) geförderten Projektes arbeitet der Professor mit einer Expertengruppe daran, die chinesischen Partner beim Energiesparen zu unterstützen. Nur weniger als zehn Prozent der Gebäude erfüllen dort moderne Energiesparvorgaben.


Die Experten erarbeiteten zunächst im Rahmen eines Pilotprojektes Vorschläge für die Stadt Tangshan, östlich von Peking. Dort, so berichtet Prof. Vogdt, habe es 1976 ein Erdbeben gegeben, das fast die gesamte Stadt zerstörte. "Die danach wieder aufgebauten Häuser lassen sich gut mit den Plattenbauten der neuen Bundesländer vergleichen", sagt der Wissenschaftler. Jetzt soll eine Energieeinsparverordnung für China erarbeitet werden. "In China ist es allein deshalb schwierig, eine einheitliche Verordnung durchzusetzen, weil sich das riesige Land über fünf Klimazonen erstreckt", berichtet der stellvertretende Sprecher des Innovationszentrums Energie der TU Berlin.

Hierzulande ist am 18. März eine Novelle der Energieeinsparverordnung verabschiedet worden. Ziel der Verordnung sei es unter anderem, die Energieeffizienz zu verbessern. "Es soll versucht werden, im wirtschaftlich vertretbaren Rahmen einerseits mit baulichen Maßnahmen und andererseits mit Innovationen in der Anlagentechnik Energie an und in Gebäuden zu sparen", erläutert der Bauphysiker. Ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Energie entfalle auf das Betreiben von Gebäuden: auf die Heizung und Kühlung, Beleuchtung und Lüftung, Strom für die Fahrstühle und Sicherheitseinrichtungen. Um in diesem Bereich die von der deutschen Verordnung geforderten Ziele zu erreichen, 30 Prozent der heute eingesetzten Energie einzusparen und damit auch den CO2-Ausstoß zu mindern, müssen vor allem die Bestandsgebäude besser gedämmt werden.

"Bei Plattenbauten, mit denen wir es auch in Nordchina zu tun haben, kann man zum Beispiel mit Wärmedämmverbundsystemen oder vorgehängten belüfteten Fassaden arbeiten", sagt Prof. Vogdt. Wichtig sei es, die gesamte Gebäudehülle - einschließlich Keller und Dach - zu dämmen. Als Material kommen dabei Polystyrol oder Mineralfaserdämmung mit geringer Wärmeleitfähigkeit zum Einsatz. "Diese Dämmung kann allerdings nicht beliebig dick verarbeitet werden - schließlich wollen die Bewohner ja auch noch aus den Fenstern ihrer Häuser schauen können", so der Forscher. Aktuell werde deshalb an einer Vakuumwärmedämmung mit einem Kern aus mikroporöser Kieselsäure geforscht. Wenn bei der Dämmung der Gebäudehülle die Grenzen erreicht seien, käme dann in einem zweiten Schritt eine modernisierte Haustechnik wie Brennwerttechnik und Kraft-Wärme-Kopplung zum Einsatz.

"Für Nordchina diskutieren wir derzeit über eine Verordnung, die dem deutschen Stand aus dem Jahr 2007 entspricht", berichtet Vogdt. Gerade in Tangshan könnten die Partner von den Erfahrungen der deutschen Partner bei der Sanierung von Plattenbauten profitieren. Wichtig - auch im Sinne des Klimaschutzes - sei dabei, die chinesischen Partner nicht missionieren zu wollen. "Wir empfehlen ihnen das, was wirtschaftlich machbar und möglichst schnell umzusetzen ist", fasst Professor Vogdt zusammen.


*


Quelle:
TU Berlin intern Nr. 4/09 - April 2009, Seite 9
Herausgeber:
Presse- und Informationsreferat der Technischen Universität Berlin,
Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin
Fon 030/31 42-29 19, -39 22; Fax 030/31 42-39 09
E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de
Internet: www.tu-berlin.de/presse/

Erscheinungsweise: monatlich, neunmal


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2009