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EUROPA/1780: EU und Deutschland sind in der Pflicht


DIE LINKE - Pressemitteilung vom 6. März 2020

EU & Deutschland sind in der Pflicht


Zu den Ereignissen an der griechisch-türkischen Grenze und der Reaktion der Europäischen Union auf die Geschehnisse erklären Jörg Schindler, Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE und Heinz Bierbaum, Präsident der Europäische Linken:

"Wir müssen feststellen, dass sich derzeit eine humanitäre Katastrophe an der griechisch-türkischen Grenze abspielt: Tausende Flüchtende, darunter viele Familien, werden mit härtesten polizeilichen Mitteln daran gehindert, die Grenze zu überqueren. Verantwortlich dafür sind der griechische Staat und die EU gleichermaßen: Frontex unterstützt die griechische Grenzpolizei bei "push-backs", und ihre Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen legitimiert dieses Vorgehen mit ihrem Besuch an der Grenze und dem der Idee Europas unwürdigen Satz: 'Die Aufrechterhaltung der Ordnung an unserer Außengrenze hat für uns Vorrang'.

Sie konterkariert damit bestehendes EU-Recht, sowie Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach Staaten 'wirksamen Zugang zu legalen Einreisemitteln, insbesondere Grenzverfahren, gewähren' müssen. Wir stellen fest, dass die EU nichts aus ihrem Versagen 2015 gelernt hat. Statt durch Investitionen in öffentliche Infrastruktur und der Schaffung eines höheren Einkommensniveaus die Grundlagen für eine Verständigung auf einen europäischen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge zu legen, beugt sie sich dem Druck der Nationalisten und Rechtspopulisten. Sie schließt die Grenzen und überlässt Flüchtlingen von Krieg und Hunger ihrem Schicksal. Wir Linken ziehen am Vorabend des 75-Jahrestages des Sieges über den Faschismus in Europa andere Lehren aus dem 20. Jahrhundert: Die EU ist in der Pflicht, Geflüchteten, Opfern von Krieg und Vertreibung zu helfen. Deswegen fordern wir einen EU-Sondergipfel, um Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten zu organisieren.

Es ist schändlich, wie brutal die griechische Polizei unter dem konservativen Ministerpräsident Mitsotakis vorgeht. Wahr ist aber, dass Griechenland Unterstützung benötigt. Seit Jahren werden die Länder an der EU-Außengrenze alleingelassen. Dieser Umstand rächt sich jetzt genauso, wie die absurde Vorstellung, mit einem Despoten wie Erdogan verbindliche Vereinbarungen zu treffen, die dabei auch immer zu Lasten der Geflüchteten ging. Dieser betreibt nicht nur eine autokratische Herrschaft in der Türkei, sondern auch eine expansive Außenpolitik: in Syrien, in Libyen, und auch die Auseinandersetzung um die Gasvorkommen vor Zypern ist hier zu nennen. Warum wird Erdogan immer noch mit Samthandschuhen angefasst? Warum gibt es weiterhin Waffenexporte, warum fließt weiter Geld nach Ankara? Um ihn in der NATO und auf dem Schachbrett gegen Russland zu behalten? Wenn dem so ist, dann benötigt die EU Nachhilfe in Geopolitik.

Die EU hat nicht mehr viele Chancen, Ihren Mehrwert für die Menschen in Europa und in der Welt zu beweisen. Ein erneutes Versagen in der Flüchtlingsfrage würde nicht nur die Frage der verfehlten Verantwortung der Friedensnobelpreisträgerin EU aufwerfen, sondern sie auch in ihrer Existenz gefährden. Ein Nachgeben gegenüber den Nationalisten, Ausländerfeinden und Rassisten darf nicht passieren. Europa muss solidarisch sein, oder es wird untergehen.

Um eine schnelle Verbesserung der Situation zu erreichen, schlägt DIE LINKE die Bildung eines Netzwerkes von Städten und Gemeinden in der EU vor, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen. Allein in Deutschland gibt es bereits 140 Kommunen, die helfen wollen, aber nicht dürfen, da das Innenministerium das untersagt. Herr Seehofer, reißen sie diese Mauer ein!"

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Quelle:
Partei DIE LINKE - Pressemitteilung vom 6. März 2020
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2020

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