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BUNDESTAG/3155: Heute im Bundestag Nr. 160 - 26.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 160
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 26. März 2012 Redaktionsschluss: 17:50 Uhr


1. Diskussion über den "Dritten Weg" der Kirchen im Arbeitsrecht
2. Bundestag soll Vertrag zum Fiskalpakt zustimmen
3. Gesetzentwürfe zur Einrichtung und Finanzierung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vorgelegt
4. Bundesregierung soll Seearbeitsübereinkommen ratifizieren
5. Im Bundestag notiert: Einnahmen aus der Erbschaftsteuer


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1. Diskussion über den "Dritten Weg" der Kirchen im Arbeitsrecht

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/TYH) Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist der sogenannte Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht von der Mehrheit der Sachverständigen als angemessen bezeichnet worden, dennoch gab es Kritik. Der Dritte Weg bezeichnet das Arbeitsrechtssystem der Kirchen, bei dem paritätisch besetzte Kommissionen aus Arbeitnehmern und Dienstgebern die Arbeitsbedingungen wie Gehalt, Urlaub und Arbeitszeit festlegen. Grundlage für die Anhörung am Montagnachmittag war ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/5523), in dem die Abgeordneten den Dritten Weg kritisieren. Er biete ein "wesentlich geringeres Schutzniveau für die Beschäftigten als in 'normalen' Privatunternehmen".

Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland (EDK) bei der Bundesrepublik und der EU, Reinhard Haas, und Norbert Kleyboldt vom Kommissariat der Deutschen Bischöfe befürworteten den Dritten Weg. Er sei ein dem Tarifvertragssystem gleichwertiges Verfahren, dass dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerecht werde. Auch Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherung, bewertete den Dritten Weg als "stimmig und systematisch richtig". Zudem sei er flächendeckender als die tariflichen Möglichkeiten. Artikel 9 des Grundgesetzes, in dem das Recht zur Bildung von Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen festgeschrieben ist, werde durch den Dritten Weg nicht eingeschränkt, betonte der Arbeitsrechtler Professor Jacob Joussen. Vielmehr stelle er eine Möglichkeit dar, diesen Punkt auszugestalten.

Sollte der Dritte Weg wegfallen, hätte das für die Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen negative Konsequenzen, gab der Einzelsachverständige Thomas Schwendele zu bedenken. Auf die Schnelle ließen sich keine tarifrechtlichen Bedingungen auf die Beine stellen, vor allem nicht in kleinen und mittleren Betrieben. Dennoch sei der Dritte Weg nicht ohne Schwierigkeiten. So hätten aufgrund des politisch verordneten Wettbewerbs in der Sozialbranche auch kirchliche Träger wie die Caritas begonnen, Teile ihrer Betriebe auszugründen, um etwa neu Eingestellte nicht mehr nach den Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlen zu müssen.

Deutliche Kritik kam von dem Sozialwissenschaftler Hermann Lührs. Sollte der Dritte Weg beibehalten werden, würde sich die "Abwärtsspirale zunehmend weiterdrehen", warnte er. Der Lohnkonflikt nehme zunehmend Einzug in das Kommissionensystem und könne dort nicht ausbalanciert werden. Die Folge seien Funktionsstörungen, Bruchtendenzen und De-Legitimation der Arbeitsrechtlichen Kommissionen. Auch der Einzelsachverständige Wolfgang Lindenmaier wies auf strukturelle Benachteiligungen in den Kommissionen hin. Die Mitarbeiterseite werde benachteiligt, betonte er.


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2. Bundestag soll Vertrag zum Fiskalpakt zustimmen

Haushalt/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Der Bundestag soll den Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalpakt) zustimmen. Dazu haben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP einen Gesetzentwurf vorgelegt, der am Donnerstag im Bundestag erstmals beraten wird.

Beim Fiskalpakt verpflichten sich die Vertragsparteien, verbindliche und dauerhafte Regelungen in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung vorzusehen, um ausgeglichene Haushalte zu erreichen. Sofern dieses Ziel nicht eingehalten werden kann, muss ein entsprechender Anpassungspfad eingehalten werden. Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, müssen darüber hinaus ein Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftprogramm auflegen, das von Rat und Kommission genehmigt und überwacht wird. Flankiert wird dies durch Regelungen zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung und Steuerung, heißt es im Vertrag.

Eine nachhaltige Haushaltspolitik und gesunde Staatsfinanzen in den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes seien angesichts der umfassenden politischen und volkswirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen diesen Staaten unabdingbar, schreiben die Fraktionen im Gesetzentwurf zur Begründung. Diese seien notwendige Voraussetzungen für Vertrauen in einen handlungsfähigen Staat, dauerhaft günstige Wachstums- und Beschäftigungsbedingungen und den Zusammenhalt der Wirtschafts- und Währungsunion.

Im Laufe der vergangenen Jahre habe sich gezeigt, dass die finanzielle Solidität der Euro-Mitgliedstaaten und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion durch die im Rahmen von Maastricht vereinbarten Regelungen nicht im ausreichenden Maße gewährleistet würden. Dies könne zu essenziellen Problemen für die betroffenen Mitgliedstaaten, das Euro-Währungsgebiet und die Europäische Union als Ganzes führen.

Deshalb sei es notwendig, die Wirtschafts- und Währungsunion durch neue vertragliche Regelungen zu verstärken, um die Haushaltsdisziplin zu verbessern, gesunde öffentliche Finanzen zu erreichen und eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung zu ermöglichen.

Ursprüngliches Ziel sei es gewesen, diese Regelungen durch eine Änderung der Unionsverträge einzuführen. Dies sei derzeit nicht realisierbar, heißt es in dem Gesetzentwurf. Deshalb sollen die von den Staats- und Regierungschefs des Euroraums vom 9. Dezember 2011 vereinbarten inhaltlichen Eckpunkte im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages umgesetzt werden. Vertragspartner seien die Euro-Mitgliedstaaten sowie acht der zehn übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.


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3. Gesetzentwürfe zur Einrichtung und Finanzierung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vorgelegt

Haushalt/Gesetzentwürfe

Berlin: (hib/MIK) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP haben drei Gesetzentwürfe zur Einrichtung und Finanzierung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vorgelegt.

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat strukturelle Probleme im Euroraum (zu hohe Staatsverschuldung und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einiger Eurostaaten) ebenso schonungslos offengelegt wie grundlegende Mängel in der Konstruktion der Wirtschafts- und Währungsunion, heißt es im Gesetzentwurf zur ESM-Einrichtung (17/9045). Diese sollen mit dem ESM als dauerhaften Krisenbewältigungsmechanismus bekämpft werden. Damit solle das rechtliche Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion durch die von 25 Mitgliedstaaten unterzeichneten Fiskalvertrag weiter verstärkt werden.

Zudem werde als Ergänzung dieser präventiv wirkenden Maßnahmen ein robustes Krisenbewältigungsinstrument geschaffen, um Gefahren für die Stabilität der Eurozone insgesamt effektiv abwenden zu können. Der ESM soll ab Juli 2012 den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets Stabilitätshilfe zur Verfügung stellen können, wenn es zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seine Mitgliedstaaten unabdingbar ist.

Der ESM soll durch völkerrechtlichen Vertrag als internationale Finanzinstitution begründet und mit einem Stammkapital von 700 Milliarden Euro ausgestattet werden, heißt es im Gesetzentwurf zur finanziellen Beteiligung am ESM (17/9048). Davon sollen 80 Milliarden Euro bar eingezahlt werden und 620 Milliarden Euro aus abrufbarem Kapital bestehen, heißt es weiter. Der Anteil der Bundesrepublik Deutschland soll 21,72 Milliarden Euro an Bareinlagen und 168,3 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital betragen. Das einzuzahlende Kapital wird in Teilbeträgen bereitgestellt, schreiben die Fraktionen. Die in diesem Jahr anfallende Tranche soll durch einen Nachtragshaushalt in Höhe von rund 8,4 Milliarden Euro bereitgestellt werden, den das Kabinett bereits verabschiedet hat.

Schließlich wollen die Fraktionen mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (17/9049) die Möglichkeit schaffen, Umschuldungsklauseln in die Emissionsbedingung des Bundes einzuführen.

Über die drei Gesetzentwürfe der Koalition wird der Bundestag erstmals am kommenden Donnerstag debattieren.


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4. Bundesregierung soll Seearbeitsübereinkommen ratifizieren

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll umgehend einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 23. Februar 2006 vorlegen. Dies fordert die Linksfraktion in einem Antrag (17/9066), der am Donnerstag im Bundestag beraten wird.

Weiter soll die Regierung spätestens bis zum 30. Juni 2012 einen Gesetzentwurf für ein neues Seearbeitsgesetz vorlegen, in dem es das Seearbeitsübereinkommen in nationales Recht umsetzt und in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge regelt. Schließlich soll sich die Regierung gegenüber Drittstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen noch nicht ratifiziert haben, für eine umgehende Ratifizierung und Umsetzung einsetzen.

Mit dem Seearbeitsübereinkommen sollen weltweit günstige Mindeststandards für die Arbeits- und Lebensbedingungen der über 1,2 Millionen Seeleute sowie einheitliche Wettbewerbsbedingungen der Schifffahrt geschaffen werden, heißt es zur Begründung. Dieses Übereinkommen sei aber bis heute noch nicht in Kraft getreten, obwohl es vor mehr als sechs Jahren beschlossen worden sei. International trete es erst dann in Kraft, wenn es durch mindestens 30 Staaten ratifiziert worden sei, bisher hätten 23 Staaten dies getan.


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5. Im Bundestag notiert: Einnahmen aus der Erbschaftsteuer

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Für die Entwicklung der Einnahmen aus der Erbschaftsteuer interessiert sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/8945). Die Bundesregierung soll unter anderem die Frage beantworten, wie sie die Gleichmäßigkeit der Besteuerung vor dem Hintergrund der Tatsache sinkender Einnahmen bei gleichzeitig steigenden Festsetzungen beurteilt.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 160 - 26. März 2012 - 17.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2012