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BUNDESTAG/3465: Heute im Bundestag Nr. 470 - 24.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 470
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 24. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 15:00 Uhr

1. Bezüge von Reservisten bleiben komplett steuerfrei
2. Experten sprechen sich für Reform des Seehandelsrechts aus
3. Ballastwasser-Gesetzentwurf vorgelegt



1. Bezüge von Reservisten bleiben komplett steuerfrei

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (17/10000) in seiner Sitzung am Mittwoch gebilligt. Nach Einfügung zahlreicher Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen und Ablehnung mehrerer Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen billigte der Ausschuss den Entwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen. Alle drei Oppositionsfraktionen bemängelten übereinstimmend, dass die Koalition nicht bereit gewesen sei, die Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften mit der Ehe im Einkommensteuerrecht vorzunehmen, sondern sich hinter einem ausstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts verschanze. Alle drei Fraktionen kritisierten zudem die kurzfristige Vorlage von Änderungsanträgen durch die Koalition.

Mit dem Gesetz bleiben Wehrsold und Dienstgeld für freiwillig Wehrdienstleistende auch in Zukunft steuerfrei. Weitere Bezüge der freiwillig Wehrdienstleistenden wie der Wehrdienstzuschlag und besondere Zuwendungen wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung werden dagegen steuerpflichtig. Neu aufgenommen wurden jetzt eine Bestimmung, nach der alle Bezüge von Reservisten von der Steuer ausgenommen werden. Nach dem Gesetzentwurf wird ferner das für den Bundesfreiwilligendienst gezahlte Taschengeld steuerfrei gestellt. Diese Steuerbefreiung wurde durch einen Änderungsantrag auf Geldbezüge in anderen freiwilligen zivilen Diensten, insbesondere im Jugendfreiwilligendienst, ausgedehnt.

Ein weiterer Teil des Gesetzes betrifft die private Nutzung von Geschäftsfahrzeugen. Nach der derzeitigen Regelung seien Elektrofahrzeuge und extern aufladbare Hybridfahrzeuge wegen ihres höheren Listenpreises benachteiligt, schreibt die Bundesregierung im Entwurf. Bisher ist ein Prozent des Listenpreises Grundlage der Bewertung der privaten Nutzung des Kraftfahrzeugs. Diese Ein-Prozent-Regelung wird beibehalten, allerdings soll der Listenpreis um die Kosten des Batteriesystems reduziert werden. Per Änderungsantrag wurde die Regelung auf Autos mit Brennstoffzellenantrieb ausgedehnt.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf die Reduzierung von Aufbewahrungsfristen vor. Im Steuerrecht sollen Unterlagen, die bisher zehn Jahre lang aufbewahrt werden mussten, nur noch acht Jahre aufbewahrt werden müssen. Ab 2015 soll diese Frist auf sieben Jahre verkürzt werden. Nach heftigem Widerspruch von Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf wurde mit Änderungsantrag der Koalition die geplante Freistellung von Bildungsleistungen von der Mehrwertsteuer zurückgenommen. Es drohe erheblicher Aufwand im praktischen Vollzug, hieß es. Außerdem wird im Bereich der Gemeinnützigkeit darauf verzichtet, dass die Finanzbehörden anhand der Verfassungsschutzberichte die Verfassungsfeindlichkeit eines Vereins feststellen und die Gemeinnützigkeit aberkennen müssen.

Die CDU/CSU-Fraktion stellte in der Debatte besonders die Förderung der Elektromobilität im Jahressteuergesetz heraus. Deutschland solle bis 2020 zu einem "Leitmarkt für Elektromobilität" gemacht werden. Ein "wichtiger Schritt" in dem "sehr gut gelungenen Gesetz" sei auch die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen. Dies begrüßte auch die FDP-Fraktion. Sie zeigte sich erfreut, dass keine neuen steuerlichen oder bürokratischen Belastungen aufgenommen worden seien. Die SPD-Fraktion vermisste neben der Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften Regelungen zum automatischen Informationsaustausch bei Kapitaleinkünften in der EU.

Die Linksfraktion begrüßte den Verzicht auf die Extremismusklausel im Jahressteuergesetz. Denn angesichts der Zustände im Verfassungsschutz könne dieser keine geeignete Quelle sein. Vereine dürften außerdem nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte den Verzicht auf die Extremismusklausel. Die Art und Weise, wie die Koalition die Elektromobilität fördere, sei ein Holzweg.

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2. Experten sprechen sich für Reform des Seehandelsrechts aus

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/VER) Acht Fachleute haben sich mehrheitlich für die Reform des Seehandelsrechts ausgesprochen. Sie befürworten den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/10309), der Anlass der Expertenanhörung vor dem Rechtsausschuss am Mittwochmittag war. Die Bundesregierung will das deutsche Seehandelsrecht reformieren, da es allgemein als "veraltet und schwer verständlich angesehen" werde, heißt es in ihrem Gesetzentwurf. Das betonte auch Fritz Frantzioch vom Deutschen Nautischen Verein von 1868 e.V. aus Hamburg. "Wir haben Vorschriften, die keine Gültigkeit mehr haben", sagte er. Teils würden sie noch aus der Segelschifffahrt stammen. "Deshalb sind wir froh über den Gesetzentwurf", erklärte Frantzioch für seinen Verein.

150 Jahre sei das Seehandelsrecht nun alt, betonte auch Marian Paschke von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg. Er habe "grundsätzlich keine Bedenken", stellte aber infrage, ob der Entwurf den völkerrechtlichen Konventionen entspreche. Er schlug vor, die zwar veralteten, aber geltenden Formulierungen exakt aus dem bestehenden Gesetz zu übernehmen.

Die Verabschiedung des Gesetzes wäre "die Modernisierung eines hoffnungslos veralteten Seehandelsrechts", sagte der Rechtsanwalt Oliver Peltzer vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. aus Hamburg. Das Gesetz sei "besser strukturiert" als das bestehende Recht und bedeute eine "Anpassung an wirtschaftliche Realitäten". Für den Moment sei das die beste Entscheidung, denn bis zur Unterzeichnung der "Rotterdam Rules" könne es noch 20 bis 30 Jahre dauern. Die "Rotterdam Rules" sind eine Seehandels- und Haftungskonvention, die Verantwortlichkeiten, Beweislast und Haftung der Transporter bei Schäden während des Transports regelt, wenn auch eine Seestrecke beinhaltet ist. Ähnlich argumentierten auch Werner von Unruh von der Jade Hochschule im niedersächsischen Elsfeth und der Freiburger Rechtsanwalt Dieter Rabe. Wenn Deutschland diese Konvention unterzeichnen wolle, müsse es diese "komplett übernehmen, denn sie lässt sich nicht einfach einarbeiten", erklärte Rabe.

Das Seehandelsrecht ist im Fünften Buch des Handelsgesetzbuchs geregelt. Die bisher in der Anlage enthaltenen "Bestimmungen über die Beförderung von Reisenden auf See" sollen in das Handelsgesetzbuch selbst aufgenommen werden. Die Änderungen des Seehandelsrecht werden zum Anlass genommen, um auch Korrekturen im Binnenschifffahrtsrecht und im allgemeinen Transportrecht vorzunehmen, heißt es in der Vorlage weiter. Diese Rechtsgebiete sollen dem Seehandelsrecht stärker angeglichen werden.

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3. Ballastwasser-Gesetzentwurf vorgelegt

Verkehr und Bau/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zu dem Internationalen Übereinkommen von 2004 zur Kontrolle und Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen (17/11052) vorgelegt. Damit sollen die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dem Internationalen Übereinkommen beizutreten.

Bei Ballastwasser handelt es sich laut Gesetzentwurf um Meerwasser, das für die Stabilisierung von Schiffen in große Tanks gepumpt und beim Be- und Entladen wieder abgelassen wird. Beim Befüllen der Tanks können tierische und pflanzliche Organismen mit dem Wasser in das Schiff gelangen. Wird das Ballastwasser in einem anderen Hafen abgepumpt, gelangen die Lebewesen in das fremde Hafenwasser, wo sie bei geeigneten Umweltbedingungen überleben, sich leicht vermehren und durch eine Eingliederung in das bestehende Ökosystem oftmals erhebliche negative, ökologische und ökonomische Folgen haben können. Die Beseitigung dieser gebietsfremden Arten gelingt oft nur am Anfang der Ausbreitung. Die Vereinten Nationen hätten den Eintrag fremder Arten als eine der vier gefährlichsten Bedrohungen für die Meeresumwelt eingestuft, heißt es in dem Gesetzentwurf, der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 470 - 24. Oktober 2012 - 00:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2012