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BUNDESTAG/3623: Heute im Bundestag Nr. 023 - 16.01.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 023
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 16. Januar 2013 Redaktionsschluss: 16:30 Uhr

1. Banken und Aufsicht für Regulierung des Hochfrequenzhandels
2. Bund soll sich an Finanzierung von 30.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen beteiligen
3. Regierung "sehr besorgt" über geplante Gesetzesverschärfungen in Uganda und Nigeria
4. Im Bundestag notiert: Kurzarbeitergeld
5. Im Bundestag notiert: Entwicklungszusammenarbeit mit Kamerun



1. Banken und Aufsicht für Regulierung des Hochfrequenzhandels

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Banken, Investmentgesellschaften und Finanzmarkt-Beobachter haben die Absicht der Bundesregierung begrüßt, den als risikoreich angesehenen Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren einzuschränken. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch warnten andererseits Finanzmarktteilnehmer und Börsen vor einer zu starken Einschränkung der Liquidität durch den von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel (17/11631). Mit den darin enthaltenen Maßnahmen sollen extreme, irrationale Kursschwankungen ohne jeden Bezug zu realwirtschaftlichen Entwicklungen bis hin zu einem "Flash Crash", wie etwa der Zusammenbruch der US-Börsen am 6. Mai 2010, verhindert werden.

"Hochfrequenzhändler verhindern insbesondere im Aktienhandel einen für alle Marktteilnehmer fairen Handel", kritisierte der Fondsverband BVI, der zudem wie schon der Bundesrat in seiner Stellungnahme die Einführung von Mindesthaltefristen für eingestellte Aufträge verlangte. Die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, begrüßte die Zielsetzung des Gesetzentwurfs. Zugleich wiesen die Banken auf bevorstehende europäische Regelungen hin und stellten in ihrer Stellungnahme fest: "Idealerweise wäre ein Gleichlaut beider Regelungsvorhaben anzustreben."

Professor Rudolf Hickel (Universität Bremen) erklärte, der Turbohandel sei nicht die eigentliche Ursache der extrem gewachsenen Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte. Im Mittelpunkt würden rein spekulative Finanzmarktprodukte stehen, die Objekte des Hochfrequenzhandels seien. "Allerdings wird durch diesen Turbohandel die Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte beschleunigt und vertieft", stellte Hickel fest, der daher "dringenden Handlungsbedarf zur Risikominderung durch Entschleunigung des Hochfrequenzhandels" feststellte. Die Organisation "Finance Watch" begrüßte, dass Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Begrenzung des Hochfrequenzhandels übernehmen wolle. Der Verein weed (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung) wies Behauptungen zurück, die Liquidität steige mit der Geschwindigkeit und dem Handelsvolumen parallel an: "Doch hat spätestens die Finanzkrise deutlich gemacht, dass Handelsvolumen mitnichten gleich Liquidität ist."

Die Gruppe Deutsche Börse begrüßte den Verzicht der Bundesregierung auf Einführung von Mindesthaltefristen. Zugleich verlangte sie in ihrer Stellungnahme, die Erlaubnispflicht für Händler nach dem Kreditwesengesetz zu streichen, weil diese "zu schwerwiegenden und unerwünschten Nachteilen für den Finanzplatz Deutschland führt". Genauso wie die Gruppe Deutsche Börse sah auch die Stuttgarter Börse durch die Erlaubnispflicht "die Gefahr des Ausschlusses ausländischer Handelsteilnehmer". Die Börse Berlin erkannte bei einer vorgezogenen Umsetzung der Regulierung allein in Deutschland "im gesamteuropäischen Kontext eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit". Auch der Bundesverband der Wertpapierfirmen hielt einen nationalen Alleingang für sachlich und politisch verfehlt. Zudem warnte das Deutsche Aktieninstitut vor der Annahme, "kurzfristig orientierte Marktteilnehmer wie Hochfrequenzhändler grundsätzlich als schädlich anzusehen". Dagegen erklärte Dirk Müller (Finanzethos GmbH): "Ich würde den Hochfrequenzhandel komplett verbieten." Hochfrequenzhändler würden heutzutage alles das machen, was den Händlern früher verboten gewesen sei.

Wie aus dem Entwurf des Hochfrequenzhandelsgesetzes hervorgeht, sollen Hochfrequenzhändler der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterstellt werden. Zudem werden strengere Anforderungen an den Handel gestellt. Im Hochfrequenzhandel tätige Unternehmen müssen in Zukunft sicherstellen, dass ihre Handelssysteme den Markt nicht stören. Zudem werden "bestimmte Handelspraktiken, welche ohne Handelsabsicht getätigt werden, um das Funktionieren der Handelssysteme zu stören oder zu verzögern oder andere Handelsteilnehmer zu täuschen", als Marktmanipulationen angesehen. Die Börsen sollen verpflichtet werden, bei exzessiver Nutzung der Handelssysteme höhere Gebühren zu verlangen.

Die Bundesregierung erläutert, dass bestimmte Handelsteilnehmer beim elektronischen Handel algorithmische Handelsprogramme einsetzen würden, die Kauf- und Verkaufssignale in sehr kurzen Abständen von teilweise nur einigen Sekundenbruchteilen generieren. Zudem würden die erworbenen Wertpapiere auch nur für sehr kurze Zeiträume gehalten. "Der Einsatz dieser algorithmischen Hochfrequenzhandelsstrategien hat die Geschwindigkeit und Komplexität des Handels erhöht und birgt darüber hinaus eine Vielzahl von Risiken, wie die Überlastung der Handelssysteme in Form einer übermäßigen Nutzung durch ein sehr hohes Orderaufkommen", begründet die Regierung.

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2. Bund soll sich an Finanzierung von 30.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen beteiligen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Der Bund soll sich dauerhaft an der Finanzierung von 30.000 zusätzlichen Plätzen in der öffentlich geförderten Betreuung von Kindern unter drei Jahren beteiligen. Mit dem entsprechenden Gesetzentwurf (17/12057) wollen die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP eine entsprechende Einigung zwischen Bund und Ländern aus dem vergangenen Jahr umsetzen. Diese hatten sich darauf verständigt, die auf dem Krippengipfel im Jahr 2007 vereinbarte Zahl von 750.000 Betreuungsplätzen auf 780.000 zu erhöhen. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll sich der Bund im Jahr 2013 mit 18,75 Millionen Euro, 2014 mit 37,5 Millionen Euro und ab 2015 mit 75 Millionen Euro jährlich an den Betriebskosten für die zusätzlichen 30.000 Plätze beteiligen. Zudem sollen einmalig weitere 580,5 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt 2012 für das Sondervermögen "Kinderbetreuungsausbau" bereit gestellt werden. Für die ursprünglich anvisierten 750.000 Betreuungsplätze stellt der Bund bereits vier Milliarden Euro an Investitionen und Betriebskostenzuschüssen zur Verfügung und ab 2014 jährlich 770 Millionen Euro für die Betriebskosten.

Nach Angaben der Koalitionsfraktionen war die Erhöhung der Zahl von Betreuungsplätze nötig geworden, um den am 1. August 2013 in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren gewährleisten zu können. So hätten der dritte Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes und aktuelle Erhebungen des Deutschen Jugendinstituts ergeben, das beim Ausbau und bei Betreuungsbedarf nach wie vor erhebliche regionale Unterschiede bestehen. Gegenüber den Vereinbarungen des Krippengipfels sei ein Fehlbedarf von 30.000 Plätzen ermittelt worden. Im März 2012 befanden sich nach Angaben der Koalition 558.000 Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung.

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3. Regierung "sehr besorgt" über geplante Gesetzesverschärfungen in Uganda und Nigeria

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Antwort

Berlin: (hib/BOB) Über die geplante Verschärfung der Gesetze bei Homosexualität in Uganda und Nigeria ist die Bundesregierung "sehr besorgt". Das lässt sie in der Antwort (17/11955) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/11767) wissen. Die Bundesregierung steht über die Möglichkeiten der positiven Einflussnahme auf den noch nicht verabschiedeten Entwurf in Uganda in "engem Dialog" mit anderen EU-Staaten, westlichen Regierungen, insbesondere den USA. In Nigeria bleibe das Ziel, durch "diskrete Gespräche" mit nigerianischen Entscheidungsträgern die "negativen Folgen und Konsequenzen" des Gesetzentwurfs hervorzuheben und eine Verabschiedung zu verhindern.

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4. Im Bundestag notiert: Kurzarbeitergeld

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/VER) Die SPD-Fraktion will Kurzarbeitergeld unter erleichterten Bedingungen wieder einführen. Einen entsprechenden Antrag (17/12055) hat sie in den Bundestag eingebracht. Das Vorhaben soll Deutschland helfen, künftige Wirtschaftskrisen erfolgreich zu meistern, heißt es in der Vorlage. Deshalb fordert die Fraktion die Bundesregierung unter anderem dazu auf, das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) so zu ändern, dass Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit bis zu einer Dauer von zwölf statt derzeit nur sechs Monaten geleistet werden kann.

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5. Im Bundestag notiert: Entwicklungszusammenarbeit mit Kamerun

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang zwischen der Entwicklungszusammenarbeit mit Kamerun und einem Auftrag für das Münchener Unternehmen Giesecke & Devrient. Die betreffende Auftragsvergabe für die Herstellung von biometrischen Ausweisen liege ausschließlich in der Verantwortung der kamerunischen Behörden, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11929) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/11753). Auch die Deutsche Botschaft in Jaunde sei in die Auftragsvergabe nicht involviert, sondern habe im Rahmen des "vorangehenden Ausschreibungsverfahrens" "entsprechend ihren Aufgaben in der Außenwirtschaftsförderung Informationen an interessierte deutsche Unternehmen weitergegeben und als Kontaktstelle fungiert".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 023 - 16. Januar 2013 - 16:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2013