Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3874: Heute im Bundestag Nr. 274 - 16.05.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 274
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 16. Mai 2013 Redaktionsschluss: 11:15 Uhr

    1. Inkassofirmen sollen effizienter beaufsichtigt werden
    2. Neuregelung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
    3. SPD will mehr Rechte für Betriebsräte
    4. SPD thematisiert Verfolgung der Glaubensgemeinschaft der Baha'i im Iran
    5. Grüne fordern mehr Anstrengungen zur Ernährungssicherheit
    6. Bis 2020 117 Milliarden Euro für Postbeamte
    7. Im Bundestag notiert: Apotheken
    8. Im Bundestag notiert: Arzneimittelgesetz
    9. Im Bundestag notiert: Beitragsschuldner in der gesetzlichen Krankenversicherung
10. Im Bundestag notiert: Prävention



1. Inkassofirmen sollen effizienter beaufsichtigt werden

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Die Kontrolle von Inkassofirmen müsse intensiviert werden, um windige Betriebe und unseriöse Geschäftspraktiken besser in den Griff zu bekommen und so überzogenen Kostenbelastungen von Bürgern entgegenzuwirken, bei denen Schulden eingetrieben werden. Diese Forderung erhoben übereinstimmend Vertreter der Wirtschaft und der Verbraucherverbände am Mittwochabend bei einer Anhörung des Rechtsausschusses. Bislang funktioniere eine solche Aufsicht nur ungenügend, kritisierte Kirsten Pedd vom Bundesverband der Inkasso-Unternehmen, "schwarze Schafe" in der Branche gefährdeten auch seriöse Firmen. Boris Wita von der schleswig-holsteinischen Verbraucherzentrale monierte, dass eine Kontrolle dieses Sektors bislang "eigentlich gar nicht stattfindet", nur sehr selten werde einem Inkassobetrieb die Lizenz entzogen. Wita plädierte für eine bundesweite zentrale Aufsichtsbehörde, die auch spürbare Sanktionen verhängen können müsse.

Das Hearing, zu dem 15 Sachverständige geladen waren, befasste sich neben überzogenen Inkassogebühren auch mit dem fragwürdigen Abschluss von Kaufverträgen bei Werbeanrufen und mit missbräuchlichen Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen. Der Anhörung lagen Gesetzentwürfe der Regierung (17/13057) und des Bundesrats (17/6482) sowie jeweils zwei Anträge der Linksfraktion (17/9746 und 17/6483) und der Grünen (17/12620 und 17/11837) zugrunde.

Zum Inkasso meinte Birgit Höltgen von der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale, es gehe nicht nur um einzelne "schwarze Schafe" unter solchen Firmen. Das Hauptproblem seien vielmehr die überzogenen Gebühren, die eine Hauptforderung enorm aufblähen könnten. Auch wenn es nur um kleine Summen gehe, die eingetrieben werden sollen, könnten die geltend gemachten Kosten für Mahnbriefe und anderes schnell auf 100 Euro steigen. Die Frage der Gebühren sei bislang nur unzureichend geregelt. Frank-Michael Goebel vom Oberlandesgericht Koblenz betonte, bei der Geltendmachung von Zusatzkosten beim Inkasso sei mehr Transparenz nötig. Dieses Anliegen unterstützte auch Kirsten Pedd, sprach jedoch von einem "bewährten Kostenkonzept". Eine Verschärfung der Gebührenregelungen treffe im Übrigen letztlich nicht die Inkassounternehmen, sondern deren Auftraggeber, die gegenüber Schuldnern Forderungen geltend machen.

Umstritten war die Absicht von Regierung und Länderkammer, die Übervorteilung von Verbrauchern beim Abschluss von Kaufverträgen am Telefon mit der Vorschrift einzudämmen, dass solche Verträge nachträglich noch einmal schriftlich bestätigt werden müssen. Für Rechtsprofessor Markus Artz von der Uni Bielefeld ist dies ein "guter Vorschlag", da seriöse Unternehmen erst gar nicht versuchten, Bürgern auf unlautere Weise am Telefon Kaufverträge aufzudrängen. Auch Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hielt eine zusätzliche Bestätigung von telefonisch vereinbarten Verträgen für nötig. Bernd Nauen vom Zentralverband der Werbewirtschaft und Ralf Prehn vom Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation hingegen widersprachen mit dem Argument, die Interessen von Konsumenten seien bereits durch das allgemeine Widerspruchsrecht bei Kaufverträgen "gut geschützt" (Nauen). Prehn wies darauf hin, dass unlautere Telephonanrufe ohnehin "massiv zurückgegangen sind".

Umstritten war auch die Problematik überzogener Abmahngebühren, der die Regierung entgegentreten will, indem sie u. a. den Regelstreitwert bei Urheberrechtsverletzungen auf 1000 Euro begrenzen will, wobei es allerdings Ausnahmen geben soll.

Sebastian Bergau von der Contantin Film sagte, man habe durch Abmahnungen Downloads von Filmen und Musik erfolgreich einschränken können. Der Gesetzentwurf der Regierung stelle diese Entwicklung in Frage. Als "unflexibel" und "ungerecht" kritisierte Jan Bernd Nordemann die Festsetzung des Regelstreitwerts auf 1000 Euro. Die große Bandbreite der Verstöße gegen das Urheberrecht werde dabei nicht berücksichtigt. Es sei ein Unterschied, so der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, ob ein einzelnes Foto oder ein erfolgreicher Kinofilm gratis zugänglich gemacht werde. Der Sachverständige verteidigte das bisherige System der Abmahnungen, das sich "zur außergerichtlichen Streitbeilegung bewährt hat". Begrüßt wurde die Beschränkung des Regelstreitwerts von Lina Ehrig. Sie forderte indes, die Möglichkeit von Ausnahmen zu streichen, da deren Kriterien nicht präzise definiert seien. Nach Ehrigs Schätzung würden 98 Prozent jener Fälle von Film- und Musikdownloads, bei denen um Urheberrechtsverletzungen gestritten werde, unter die Ausnahmeregelung fallen.

*

2. Neuregelung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Höhe der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen an die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen soll geändert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundesrates (17/13427) vor. Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen erhalten diese Länder zum Ausgleich von Sonderlasten durch die strukturelle Arbeitslosigkeit und der daraus entstehenden überproportionalen Lasten bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige. Wie der Bundesrat in dem Gesetzentwurf schreibt, habe sich als Ergebnis der Überprüfung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen ab 2014 ein Betrag von 777 Millionen Euro ergeben. Dies sei eine Reduzierung um 30 Millionen Euro.

*

3. SPD will mehr Rechte für Betriebsräte

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die SPD-Fraktion setzt sich dafür ein, die betriebliche Mitbestimmung auszubauen und an die sich ändernde Arbeitswelt anzupassen. Sie hat deshalb einen entsprechenden Antrag (17/13476) vorgelegt, der am Freitag im Plenum beraten wird. Darin stellen die Abgeordneten fest, dass es zwar Ziel des Betriebsverfassungsgesetzes sei, einerseits die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und andererseits einen möglichen Machtmissbrauch durch Unternehmer zu verhindern. In der Praxis erodiere die betriebliche Mitbestimmung aber zunehmend dadurch, dass sich in der Arbeitswelt neue Organisationsmodelle durchsetzen, die sich einer solchen Mitbestimmung weitgehend entziehen. Der Missbrauch von Leiharbeit, um Stammbelegschaften zu ersetzen, und die Zunahme von Werkverträgen mit dem Ziel der Umgehung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen würden die Grundlagen der Mitbestimmung untergraben. Auch die hohe Zahl befristeter Arbeitsverträge trage dazu bei, heißt es in dem Antrag.

Die Sozialdemokraten verlangen deshalb, die Rechte der Betriebsräte im Hinblick auf Leiharbeitnehmer und Beschäftigte anderer Unternehmen zu stärken. Sie sollten außerdem mehr Mitsprache erhalten, um auf eine angemessene Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe hinzuwirken. Zum anderen sollten die Betriebsräte in die Lage versetzt werden, Arbeitnehmern zu ermöglichen, in ausreichendem Umfang an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Dazu schlagen die Abgeordneten zahlreiche Änderungen an Einzelbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes vor.

*

4. SPD thematisiert Verfolgung der Glaubensgemeinschaft der Baha'i im Iran

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Sozialdemokraten setzten sich für eine Stärkung der Religionsfreiheit im Iran und der Rechte Glaubensgemeinschaft der Baha'i ein. Die "vehemente Verfolgung" der Baha'i durch die iranische Regierung sei religiös und politisch begründet, heißt es in einem Antrag der SPD-Fraktion (17/13474) der am heutigen Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Ihnen werde zum einen unterstellt, Spione Israels zu sein, zum anderen werde ihnen Apostasie, der Abfall vom Islam, vorgeworfen.

Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, Menschenrechtsverletzungen im Iran bilateral und auf internationaler Ebene zu thematisieren und sich "konsequent für die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses" einzusetzen. Die iranische Regierung sei aufzufordern, Repressionen und Diskriminierungen gegenüber den Baha'i einzustellen, alle politischen und aus Gewissensgründen Inhaftierten freizulassen und den Menschenrechtsdialog mit der EU wieder aufzunehmen. Mitglieder der iranischen Baha'i-Gemeinde sollen zudem als Gruppenverfolgte in Deutschland aufgenommen werden.

*

5. Grüne fordern mehr Anstrengungen zur Ernährungssicherheit

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Grünen fordern eine kohärente Strategie zur Überwindung des Hungers. "Noch immer ist Hunger eine der größten Geißeln der Menschheit", die Zahl der chronisch unterernährten bezifferten die Vereinten Nationen auf 870 Millionen, heißt es in einem Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen (17/13492), der am heutigen Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, den Anteil für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit bis spätestens 2017 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern und mindestens zehn Prozent dieser Mittel "für die Förderung der ländlichen Entwicklung im Sinne der Ernährungssicherheit" einzusetzen. Zudem soll die Bundesregierung das Recht auf Nahrung "zur Grundlage der strategischen Ausrichtung der ländlichen Entwicklung und Hungerbekämpfung in der Entwicklungszusammenarbeit zu machen". Weitere Forderungen betreffen unter anderem die Förderung von Kleinbauern und landwirtschaftliche Genossenschaften, den freien Austausch traditionellen Saatguts, den Zugang zu Land und Wasser, die Eindämmung von Spekulationen mit Nahrungsmitteln sowie eine kritische Überprüfung bei "Kooperationen mit Großkonzernen der Agrar- und Ernährungsindustrie".

*

6. Bis 2020 117 Milliarden Euro für Postbeamte

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der Bundeszuschuss an die Postversorgungskasse wird für den Zeitraum 1995 bis 2020 voraussichtlich bei insgesamt rund 117 Milliarden Euro liegen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/13383) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mitteilt, sind bis zum Jahr 2030 voraussichtlich weitere rund 76 Milliarden Euro für die Postbeamtenversorgungskasse erforderlich. Nach Angaben der Regierung verwertete der rechtliche selbstständige Bundes-Pensions-Service für Post und Telekommunikation e.V. in den Jahren 2005 und 2006 einen Teil seiner künftigen Beitragsforderungen gegenüber den Postnachfolgeunternehmen. Dadurch seien Erlöse in Höhe von 15,5 Milliarden Euro erzielt worden. Durch die Transaktion, der das Bundesfinanzministerium zugestimmt habe, sei der Bundeshaushalt entsprechend entlastet worden.

*

7. Im Bundestag notiert: Apotheken

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SUK) Apotheken, die Notdienste anbieten, sollen für diese Leistungen künftig einen pauschalen Zuschuss aus einem Fonds bekommen. Damit will die Bundesregierung dauerhaft eine flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Ihr entsprechender Gesetzentwurf (17/13403) ist identisch zu dem, den die Koalitionsfraktionen bereits vorgelegt haben (17/13081).

*

8. Im Bundestag notiert: Arzneimittelgesetz

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SUK) Die Bundesregierung will verschiedene Änderungen im Arzneimittelgesetz vornehmen, um damit europäisches Recht im Bereich der Pharmakovigilanz umzusetzen und den Kampf gegen Doping im Sport zu verbessern. Ihr Gesetzentwurf (17/13404) ist wortgleich zu dem der Koalitionsfraktionen (17/13083).

*

9. Im Bundestag notiert: Beitragsschuldner in der gesetzlichen Krankenversicherung

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SUK) Auch die Bundesregierung will die Säumniszuschläge für Beitragsschuldner in der gesetzlichen Krankenversicherung senken und einen Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung einführen. Ihr dazu vorgelegter Gesetzentwurf (17/13402) entspricht dem der Koalitionsfraktionen (17/13079).

*

10. Im Bundestag notiert: Prävention

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SUK) Eine Fortentwicklung der Leistungen zur Prävention und zur Früherkennung von Krankheiten im Fünften Buch Sozialgesetzbuch ist das Ziel der Bundesregierung. Ihr Gesetz zur Förderung der Prävention (17/13401) entspricht dabei dem Gesetzentwurf, den die Koalitionsfraktionen bereits vorgelegt haben (17/13080).

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 274 - 16. Mai 2013 - 11:150 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2013