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BUNDESTAG/4041: Heute im Bundestag Nr. 441 - 02.09.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 441
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 2. September 2013 Redaktionsschluss: 15:30 Uhr

1. Innenminister Friedrich zeigt sich in Sachen Anti-Doping-Gesetz für alle Argumente offen
2. Bahn stellt nach Zugausfällen mehr Fahrdienstleiter ein
3. Im Bundestag notiert: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder



1. Innenminister Friedrich zeigt sich in Sachen Anti-Doping-Gesetz für alle Argumente offen

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist noch zu keiner abschließenden Einschätzung gelangt, ob die strafrechtliche Verfolgung von dopenden Sportlern mittels eines Anti-Doping-Gesetzes zielführend ist. Während einer öffentlichen Sitzung des Sportausschusses am Montag sagte Friedrich: "Ich bin bereit, mir alle Argumente anzuhören." Wenn Ermittler sagen würden, "wir brauchen im Anti-Doping-Kampf neue Vorschriften, müssen wir das aufnehmen", sagte der Minister, der dafür plädierte, alle eventuellen Auswirkungen neuer Regelungen zuvor genau zu prüfen.

Zugleich verwies er jedoch auch auf das Spannungsfeld zwischen Sportgerichtsbarkeit und Strafgerichtsbarkeit. Es bestehe die Gefahr, dass die Sportgerichtsbarkeit ausgehebelt werde, wenn man auf das Urteil eines Strafgerichtsprozesses warten müsste. Diese Befürchtung teilt auch die Unionsfraktion und lehnt daher ein Anti-Doping-Gesetz ab. "Wir legen großen Wert auf die Autonomie des Sports", sagte der CDU-Sportexperte Klaus Riegert. Zugleich forderte er die Bundesländer auf, weitere Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu schaffen. Nach Ansicht von Viola von Cramon (Bündnis 90/Die Grünen) ist die Sportgerichtsbarkeit mit dem Anti-Doping-Kampf aber überfordert. "Ohne ein Anti-Doping-Gesetz kann nicht gegen dopende Spitzensportler ermittelt werden", befand sie und kritisierte die zögerliche Haltung der Bundesregierung. "Wie viele Experten wollen Sie denn noch befragen, bevor sie endlich handeln?", fragte von Cramon den Innenminister.

Friedrich hielt dem entgegen, dass durch das novellierte Arzneimittelgesetz (AMG) umfangreiche Regelungen für den Anti-Doping-Kampf geschaffen worden seien. "Das können Sie doch nicht ignorieren", sagte er an die Grünenabgeordnete gewandt. Riegert warf von Cramon vor, Spitzensportler kriminalisieren zu wollen und lobte das Bundesinnenministerium (BMI) für das "Vorgehen mit Augenmaß".

Zu dem von Wissenschaftlern der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie der Humboldt-Universität Berlin vorgelegten Endbericht zur Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation" sagte Innenminister Friedrich, dass seitens des BMI darin "nichts geschwärzt oder gestrichen wurde". Auf die Frage des SPD-Abgeordneten Martin Gerster, ob Berichte über eine Löschung einiger für die Forscher relevanter Akten zutreffend seien, verwies der Minister auf ein ordnungsgemäßes Löschverfahren im Jahr 2006. "Von späteren Löschungen weiß ich nichts", sagte Friedrich. Ein Aktenlöschungs-Moratorium, wie es der Linken-Abgeordnete Jens Petermann angeregt hatte, sei daher unnötig.

Was den Inhalt der Studie angeht, so wiederholte der Berliner Forscher Professor Giselher Spitzer seine Einschätzung, dass es seit 1950 in der Bundesrepublik "systemische Dopingforschung" gegeben habe. Dies sei ab 1970 durch die Gründung des Bundesinstituts für Sportwissenschaften (BISp) "ergänzt" worden. Spitzer sah sich in der Folge heftiger Kritik an seiner Forschungsarbeit ausgesetzt. So sprach Lutz Knopek (FDP) von "unglaublichen Vorwürfen", die nicht ausreichend belegt seien. Die Vorstandsvorsitzende der Nationalen-Anti-Doping-Agentur (Nada) Andrea Gotzmann verwies darauf, dass die Nada den Forschern sehr wohl Angebote zur Akteneinsicht gemacht habe, die vom Berliner Team jedoch nicht wahrgenommen worden seien. "Den Vorwurf, wir hätten Akten nicht zur Verfügung gestellt, weise ich zurück", sagte sie. Klaus-Michael Braumann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) und wissenschaftlicher Beirat der Doping-Studie warf den Berliner Forschern vor, "nicht ergebnisoffen" geforscht zu haben. So sei beispielsweise die Testosteron-Forschung seinerzeit nicht unüblich gewesen. Der von den Berliner Forschern hergestellte Zusammenhang mit der Dopingforschung sei daher nicht zwingend.

Der Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper, kündigte an, Konsequenzen aus der Studie ziehen zu wollen. Aus diesem Grunde habe man eine siebenköpfige Expertenkommission unter der Leitung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Steiner einberufen, die Empfehlungen für den Umgang mit der Doping-Vergangenheit und für daraus zu ziehende Konsequenzen im Anti-Doping-Kampf geben soll, sagte Vesper.

Skeptisch gegenüber den Selbstreinigungskräften des Sports zeigte sich der Sportpädagoge und Dopingexperte Gerhard Treutlein. "Der Sport hat dabei jahrzehntelang versagt", urteilte er. Zugleich forderte Treutlein - solange es kein Anti-Doping-Gesetz gibt - die derzeit gültigen Regelungen des AMG besser als bislang umzusetzen.

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2. Bahn stellt nach Zugausfällen mehr Fahrdienstleiter ein

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Berlin: (hib/HLE) Die Deutsche Bahn AG und der Eigentümer Bund haben ihre Absicht bekräftigt, durch geeignete Maßnahmen Zugausfälle auf Grund von Personalengpässen wie im Stellwerk Mainz in Zukunft zu vermeiden. "An Geld werden die Maßnahmen nicht scheitern", versicherte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, in einer Sitzung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am Montag. Auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wies darauf hin, dass der Bund als Eigentümer sofort nach Bekanntwerden der Einschränkungen des Zugetriebes in Mainz alle notwendigen Aktivitäten in die Wege geleitet habe. Was in Mainz passiert sei, sei für den Eigentümer nicht akzeptabel gewesen, sagte Ramsauer zu den massiven Ausfällen von Zugverbindungen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.

Auch Grube bezeichnete vor den Abgeordneten die Vorfälle in Mainz als "äußerst ärgerlich. Wir bedauern das sehr." Die Kunden würden mit bis zu 50 Euro entschädigt. Inzwischen laufe der Betrieb in Mainz wieder normal. Neben kurzfristigen Maßnahmen gebe es auch ein ganzes Portfolio gezielter Vorhaben, um auf die demografische Entwicklung im Berufsbild Fahrdienstleiter zu reagieren. In einem Bericht des Unternehmens heißt es dazu, die Bahn beschäftige 12.000 Fahrdienstleiter: "Damit ist der Eisenbahnbetrieb auf Deutschlands Schiene gewährleistet." Um Personalpuffer zu schaffen, habe die DB Netz AG in diesem Jahr die Zahl der einzustellenden Fahrdienstleiter zusätzlich um 340 auf 600 erhöht. 2012 seien bereits rund 300 Mitarbeiter in diesem Berufsfeld eingestellt sowie 110 Auszubildende übernommen worden.

Sehr kritisch zur Personallage der Bahn äußerten sich die Vertreter der Gewerkschaften in der Sitzung des Ausschusses. Alexander Kirchner, der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), sagte, der Personalmangel betreffe nicht nur das Mainzer Stellwerk. Grund für die Engpässe sei die seit Jahren budgetierte Personalpolitik und dass der Rotstift beim Personal angesetzt werde. Behauptungen, bei den Personalausfällen im Mainzer Stellwerk handele es sich um einen verdeckten Streik, wies Kirchner zurück. Was in Mainz passiert sei, sei absehbar gewesen. Claus Weselsky, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL), bezeichnete die Lage in Mainz als "Spitze eines Eisberges". Alle bisherigen Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation hätten sich als nicht wirksam erwiesen. Es reiche nicht aus, nur Auszubildende zu übernehmen, sondern die Bahn müsse auch "Quereinsteiger" einstellen. Nach Angaben von Weselsky fehlen bei der Deutschen Bahn 800 Lokführer.

Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion führte die Probleme bei der Bahn auf Personalkostenreduzierungen und Personalabbau unter dem früheren Management zurück, als die Ministerien für Finanzen und Verkehr von SPD-Politikern geführt worden seien. Das heutige Management könne nicht für die Probleme verantwortlich gemacht werden. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion erinnerte zudem daran, dass das damals SPD-geführte Finanzministerium auf 500 Millionen Euro Dividendenzahlung von der Bahn bestanden habe und diese Zahlung auf Jahre hinaus festgeschrieben worden sei. Diese Angaben bestätigte Minister Ramsauer, der von einem der "dunkelsten bahnpolitischen Kapitel" der SPD sprach. Grube bestätigte, dass die Dividendenabführung an den Bund bis zum Jahr 2013 jährlich 500 Millionen Euro betrage.

Der Sprecher der SPD-Fraktion konterte mit dem Hinweis auf die damalige Regierungsbeteiligung der Union. Die Union sei immer an den Maßnahmen beteiligt gewesen und tue jetzt so, als habe sie nichts damit zu tun gehabt. Haushaltspolitiker der Union hätten die als Einnahme für den Verkehrshaushalt vorgesehene Dividende überdies in den allgemeinen Bundeshaushalt umgeleitet.

Nach Ansicht der FDP-Fraktion eignet sich das Thema nicht für den Wahlkampf. Der Gewinn der Bahn sei höher als die Dividendenabführung an den Bund. Und das Investitionsvolumen des Unternehmens sei auch gestiegen. Dies sei ebenfalls ein Teil der Wahrheit. Wie schon die GDL bezeichnete auch die Fraktion Die Linke die Lage im Stellwerk Mainz als "Spitze des Eisbergs". Es gebe auch aus anderen Städten dramatische Berichte. Neben dem Personalbereich gebe es noch andere Problembereiche. Die Fraktion verwies auf den problematischen Zustand des rollenden Materials, und auch der Zustand der Gleisanlagen sei schlecht. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen steht fest, dass das "Renditedenken" die Bahn ausgelaugt habe. Jetzt müssten Lösungen gefunden werden, um das System Bahn langfristig sicher aufzustellen.

Ramsauer erklärte auf Fragen, ob es erneut zu massiven Zugausfällen wie in Mainz kommen könne, er könne nicht ausschließen, dass noch "Probleme aus der Vergangenheit" schlummern.

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3. Im Bundestag notiert: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Geldanlagen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, bei der 1,85 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes pflichtversichert sind, sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/14638). Die Abgeordneten wollen wissen, warum die Anstalt keine sozialen, ethischen und ökologischen Kriterien bei der Geldanlage hat - außer der Selbstverpflichtung, keine Wertpapiere von Unternehmen zu kaufen, die Streumunition herstellen. Gefragt wird unter anderem, in welchem Umfang die VBL in Unternehmen investiert hat, die Rüstungsgüter oder Kriegswaffen herstellen und warum die Versicherten keine Möglichkeit haben, nachhaltigere Anlageformen zu wählen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 441 - 2. September 2013 - 15:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2013