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BUNDESTAG/4486: Heute im Bundestag Nr. 351 - 02.07.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 351
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 02. Juli 2014, Redaktionsschluss: 13.10 Uhr

1. Lebensverischerungen werden stabilisiert
2. Experten sprechen sich für Glyphosat aus



1. Lebensverischerungen werden stabilisiert

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (18/1772) gebilligt. Damit sollen unter anderem die Beteiligung der Versicherten an den Risikoüberschüssen der Unternehmen von 75 auf 90 Prozent erhöht und die Verwendung der Bewertungsreserven geändert werden. Zugleich wird die Garantieverzinsung für Neuverträge (Höchstrechnungszins) auf 1,25 Prozent gesenkt. Nachdem die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD noch einige Änderungen an dem Entwurf vorgenommen hatten, stimmte die Koalitionsmehrheit dem Gesetzentwurf zu. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf ab. Abgelehnt wurden zwei Änderungsanträge der Linksfraktion.

Zu den wesentlichen Inhalten des Gesetzentwurfs gehört auch, dass den Versicherungsunternehmen Ausschüttungen an Aktionäre untersagt werden können, um die Erfüllung der garantierten Zusagen sicherzustellen. Außerdem kann die Ausschüttung von sogenannten Bewertungsreserven an Kunden, deren Verträge enden, begrenzt werden, sofern die von einem Versicherungsunternehmen gebildeten Rückstellungen bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen nicht ausreichen, um die den verbleibenden Versicherten gegebenen Garantiezusagen zu finanzieren.

Die Kostentransparenz der Versicherungsprodukte soll erhöht werden. Die Koalition änderte allerdings den Entwurf der Regierung, der eine Offenlegung der Höhe der Provisionen der Versicherungsvermittler vorgesehen hatte. Dies könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen, da die Provision in unterschiedlichen Vertriebswegen eine unterschiedliche Bedeutung und Höhe habe, begründeten die Koalitionsfraktionen ihren Antrag. Zur Verbesserung der Produkttransparenz sollen die Effektivkosten der Lebensversicherungsverträge angegeben werden.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, das Ausschüttungsverbot beziehe sich auf Dividendenzahlungen, nicht jedoch auf Gewinnabführungsverträge an Muttergesellschaften von Lebensversicherungsunternehmen. Bei Gewinnabführungsverträgen gebe es bereits einen Verlustausgleich durch die Muttergesellschaft. Die SPD-Fraktion erklärte, die Ausschüttungssperre entspreche dem Verfassungsrecht. Sie verwies außerdem auf die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf, bei der deutlich geworden sei, dass den Versicherten durch die Änderungen bei den Bewertungsreserven nichts weggenommen werde.

Die Linksfraktion kritisierte das hohe Tempo bei der Gesetzesänderung. Versicherte hätten keine Möglichkeit gehabt, ihre Verträge zu überprüfen und handeln zu können. Die Regelung zur Ausschüttungssperre wurde unterstützt. Diese Regelung ging der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht weit genug, weil die Unternehmen, die Gewinnabführungsverträge mit Muttergesellschaften hätten, von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst würden.

Mit der Koalitionsmehrheit bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt wurde ein Antrag der Linksfraktion (18/1815), in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, möglichst bald belastbare Zahlen zu Lebens- und Rentenversicherungen vorzulegen. Außerdem wurde mehr Zeit für die Beratungen gefordert.

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2. Experten sprechen sich für Glyphosat aus

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Berlin: (hib/EIS) Der Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln wird von Sachverständigen befürwortet. Experten mehrerer Behörden äußerten keine grundsätzliche Ablehnung der Anwendung des Wirkstoffes in der Landwirtschaft in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochvormittag. Glyphosat ist nach Darstellung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, die zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau oder zur Beschleunigung des Reifeprozesses bei Getreide (Sikkation) verwendet werden.

In Deutschland werden pro Jahr rund 5.900 Tonnen Glyphosat in der Landwirtschaft und etwa 40 Tonnen im Haus- und Kleingartenbereich ausgebracht. "Damit ist der Verbrauch in Deutschland als konstant einzuschätzen", sagte Hans-Gerd Nolting vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Dagegen sei weltweit mit rund 650.000 Tonnen ein steigender Verbrauch zu erkennen. Nach derzeit gültigen Anwendungsbestimmungen ist in der Bundesrepublik das Ausbringen von rund drei Kilogramm Glyphosat pro Hektar und Jahr erlaubt. Der Einsatz von Glyphosat bei der Vorerntebehandlung zur Beschleunigung der Erntereife wurde von den Experten nicht als normale Anwendung betrachtet. "Die Reifebeschleunigung wird nicht durch das Pflanzenschutzgesetz abgedeckt", sagte Nolting. Dennoch bleibe die Sikkation nicht ganz ausgeschlossen, wenn es auf Feldern "Durchwuchs" gebe: "Dann wäre eine Teilbehandlung möglich." Probleme sah Nolting im Haus- und Kleingartenbereich. "Die Anwendung auf versiegelten Flächen wird im Zulassungsverfahren für entsprechende Mittel nicht mehr genehmigt." Die Genehmigungen für bestehende Mittel lasse man auslaufen.

Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), sprach sich dafür aus, dass es das Ziel sein sollte, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln generell zurückzufahren. Zwar sei Glyphosat unter den Totalherbiziden (Unkrautbekämpfungsmittel) das Mittel, das am umfänglichsten eingesetzt werde, doch ein Verbot des Wirkstoffes befürwortete sie nicht, denn "im Vergleich zu den zur Verfügung stehenden Mitteln ist es akzeptabel". Problematisch sah Krautzberger jedoch die indirekten Effekte des Wirkstoffes auf die Biodiversität - die biologische Vielfalt. "Es handelt sich dabei nicht um einen unmittelbaren Effekt, sondern um den Verlust der Vielfalt im Umfeld der Äcker." So würden insbesondere Feldvogelarten keine ausreichende Nahrungsgrundlage vorfinden. Das führe zum Rückgang der Bestände. Aus diesem Grund plädierte die UBA-Präsidentin dafür, ein Risikomanagement in der Ackerbewirtschaftung verpflichtend einzuführen. Durch die Bereitstellung unbehandelter Feldflächen für Ackerkräuter soll Vögeln mehr Lebensraum ermöglicht werden.

Auch Roland Solecki vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sprach sich für Glyphosat aus, weil es eine relativ geringe Toxizität (Giftigkeit) aufweise. Mögliche schädliche Effekte des Wirkstoffes in Kombination mit sogenannten Beistoffen, den Tallowaminen, würden entschärft, denn die Zulassung vieler der Beistoffe, die im Vergleich eine höhere Toxizität aufweisen würden, laufe noch in diesem Jahr aus. Auf die verbreiteten Sorgen im gesundheitlichen Bereich mit einem Verbot von Glyphosat zu reagieren, empfahl Solecki ebenfalls nicht, weil alternativ nur auf gefährlichere Mittel zurückgegriffen würde. "Dann sollten alle Mittel verboten werden." Zudem sei das BfR zu dem Ergebnis gekommen, dass von Menschen aufgenommenes Glyphosat ausgeschieden werde. Die berechneten Aufnahmemengen würden außerdem unter den Grenzwerten liegen. Bei sachgerechtem Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln gebe es keine schädigenden Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier. Dass das auch bei der Anwendung auf den Feldern gelte, nahm Gerhard Gündermann, Vizepräsident des Julius Kühn-Instituts (JKI), an. "Die Landwirte sind gut ausgebildet in Fragen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln", schätzte er ein. Dafür spreche, dass die Landwirte der sogenannten guten fachlichen Praxis folgen und Pflanzenschutzmittel nicht billig seien. Verschwenderischer Umgang mit Glyphosat lohne sich nicht.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 351 - 2. Juli 2014 - 13.10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2014