Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/4953: Heute im Bundestag Nr. 154 - 20.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 154
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 20. März 2015, Redaktionsschluss: 09.40 Uhr

1. Zweifel an Ziercke bleiben
2. Expertengespräch zur Infrastrukturabgabe
3. Linke fordert Gesetze zur Entgeltgleichheit
4. Staatliche Anerkennung Palästinas


1. Zweifel an Ziercke bleiben

2. Untersuchungsausschuss (Edathy)

Berlin: (hib/PST) Neue Zeugenaussagen vor dem 2. Untersuchungsausschuss am Donnerstag, 19. März, konnten die Zweifel nicht ausräumen, ob der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, bei seiner Aussage im Januar die volle Wahrheit gesagt hat. Offen bleibt vor allem, wann genau und von wem Ziercke über den Kinderporno-Verdacht gegen den damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy unterrichtet wurde, sowie wann und wie oft er über den Fall mit dem heutigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann telefoniert hat. Dagegen fanden Fragen zum Umgang des BKA mit einem leitenden Mitarbeiter, der wegen desselben Vergehens angeklagt worden war, plausibel erscheinende Antworten.

Nach dem Kenntnisstand des Untersuchungsausschusses hat eine Sachbearbeiterin des BKA am 15. Oktober 2013 um 15.21 Uhr von einer örtlichen Polizeidienststelle erfahren, dass es sich bei dem Sebastian Edathy, dessen Namen sie zur Überprüfung der Identität übermittelt hatte, um einen Bundestagsabgeordneten handelt. Die Polizistin hat daraufhin umgehend ihre Vorgesetzten informiert. Ex-Amtsleiter Ziercke hatte am 15. Januar vor dem Ausschuss ausgesagt, er habe an diesem 15. Oktober um 15.45 Uhr durch einen Anruf der zuständigen Abteilungsleiterin von dem Verdacht gegen Edathy erfahren. Nicht hinzugefügt hatte er, dass er sich zu diesem Zeitpunkt auf Dienstreise in Spanien befand und die genannte Abteilungsleiterin dabei war. Diese, Dr. Sabine Vogt, sagte am 4. März aus, sie sei etwa um die genannte Zeit von dem ihr unterstellten Gruppenleiter Dieter Schiffels telefonisch vom Verdacht gegen eine "politisch prominente Person" unterrichtet worden und habe dies umgehend Ziercke mitgeteilt. Den Namen Edathy habe sie, wegen der unsicheren Handyverbindung ins Ausland, erst nach der Landung in Frankfurt am Abend erfahren.

Mitglieder des Untersuchungsausschusses hatten deshalb vermutet, BKA-Vizepräsident Peter Henzler, den Schiffels gleich nach Vogt von dem Verdacht unterrichtet hatte, könnte Ziercke angerufen und ihm den Namen mitgeteilt haben. Das hat Henzler jetzt als Zeuge vor dem Ausschuss klar zurückgewiesen. Er habe darüber bis zum nächsten Vormittag mit niemandem gesprochen, auch nicht mit Ziercke. Henzlers Erklärung für die widersprüchlichen Aussagen: "Falsche Erinnerung der Beteiligten, einschließlich Ziercke". Auch der Leiter des Leitungsstabs im BKA, Heiko Braß, scheidet nach dessen Aussage vor dem Ausschuss als Informant Zierckes aus. Nach seiner Erinnerung habe er erst am 16. Oktober von dem Verdacht gegen Edathy erfahren, und zwar durch eine schriftliche Führungsinformation der ermittelnden Beamten, die über seinen Schreibtisch ging.

Zur Frage, ob es neben dem von beiden bestätigten Telefonat zwischen Ziercke und Oppermann am 17. Oktober 2013 ein weiteres Gespräch am 13. Februar 2014 gegeben hatte, haben die Abgeordneten vor Sitzungsbeginn eine schriftliche Erklärung des Stellvertreters von Braß, Hans-Joachim Leon, erhalten. Darin schreibt er, eine Mitarbeiterin des SPD-Fraktionsvorsitzenden habe ihn am Abend des 12. Februar auf seinem Bereitschaftshandy erreicht und gesagt, Oppermann wolle mit Ziercke sprechen. Er habe sich daraufhin eine Rückrufnummer geben lassen und Ziercke per SMS über den Wunsch informiert. Ziercke habe aber nicht zurückgerufen. Warum dann einige Wochen später im Entwurf eines Sprechzettels für Ziercke für dessen Aussage vor dem Innenausschuss ein solches Gespräch unter dem 13. Februar vermerkt war, verbunden mit dem Vermerk "Pr (Präsident) bitte ergänzen", erklärte Henzler dem Ausschuss so: Es sei den Verfassern des Entwurfs nicht klar gewesen, ob es einen Rückruf gegeben hat, weshalb sie ihn zum Zweck der Klärung in den Entwurf aufgenommen hätten.

An diesem 13. Februar 2014, drei Tage nach der Hausdurchsuchung bei Edathy, erschien kurz vor 12 Uhr eine Presseerklärung Oppermanns, in der er schreibt, Ziercke habe ihm in einem Telefonat am 17. Oktober den Verdacht gegen Edathy bestätigt. Ziercke antwortete darauf mit einer Presseerklärung, der zufolge Oppermann ihm in diesem Telefonat seine Informationen über Edathy geschildert, er aber nichts bestätigt, sondern geschwiegen habe. Stabsleiter Heiko Braß berichtete dem Ausschuss nun, Ziercke habe ihn am Morgen des 13. Februar in der Berliner Dienststelle des BKA über den Kontaktversuch Oppermanns vom Vorabend informiert. Dabei habe er, Braß, erstmals von dem Anruf Oppermanns bei Ziercke am 17. Oktober erfahren. Nach 11, aber vor 12 Uhr sei Ziercke dann in der Bundesdruckerei eingetroffen, wo an diesem Tag eine Abteilungsleiter-Besprechung angesetzt war. Noch vor Sitzungsbeginn habe Ziercke dann im kleinen Kreis anhand einer Vorlage seiner Pressestelle über die Antwort auf Oppermanns Presseerklärung diskutiert. Diese Aussage warf bei den Ausschussmitgliedern die Frage auf, ob Ziercke schon vorab Kenntnis vom Inhalt der Erklärung Oppermanns hatte. Als Zeuge in der nächsten Ausschusssitzung am 25. März wird Ziercke Gelegenheit haben, darauf zu antworten.

In den letzten Wochen und Monaten war es im 2. Untersuchungsausschuss auch immer wieder um den "Beamten X" gegangen, einen leitenden Mitarbeiter des BKA, der schon lange vor Edathy im selben Kinderporno-Großverfahren in Verdacht geraten und, anders als Edathy, auch für schuldig befunden worden war. Nach Abschluss des Gerichtsverfahrens war gegen ihn eine sehr milde erscheinende Disziplinarmaßnahme ergangen. Nun erfuhren die Abgeordneten in einer nichtöffentlichen Vernehmung des Beamten X mehr über die Begleitumstände des Falls. In der anschließenden Vernehmung von BKA-Vizepräsident Henzler sowie dem im Bundesinnenministerium für das Verfahren zuständigen Abteilungsleiter Paul Fietz machten diese deutlich, dass die ergriffene Disziplinarmaßnahme durchaus angemessen gewesen sei. Dies wurde von den Ausschussmitgliedern, wie ihren Nachfragen zu entnehmen war, im Wesentlichen so akzeptiert.

*

2. Expertengespräch zur Infrastrukturabgabe

Haushaltsausschuss/Öffentliches Expertengespräch

Berlin: (hib/MIK) Die Haushaltswirkungen und den Erfüllungsaufwand der Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen und die Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ist Thema eines öffentlichen Expertengespräches des Haushaltsausschusses am Montag, 23. März.

Als Sachverständige hat der Ausschuss geladen: Professor Alexander Eisenkopf, Zeppelin Universität, Friedrichshafen; Matthias Knobloch, ACE Auto Club Europa; Frank M. Schmid, Schmid Mobility Solutions GmbH und Professor Wolfgang H. Schulz, Zeppelin Universität Friedrichshafen.

Das öffentliche Expertengespräch beginnt um 16 Uhr im Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 400. Besucher werden gebeten, sich beim Ausschusssekretariat (E-Mail: haushaltsausschuss@bundestag.de) mit Name und Geburtsdatum anzumelden.

*

3. Linke fordert Gesetze zur Entgeltgleichheit

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung auf, Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen, um die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern durchzusetzen. Der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern in Deutschland liege seit mehr als 15 Jahren auf einem konstant hohen Niveau von über 20 Prozent, schreibt die Fraktion in ihrem entsprechenden Antrag (18/4321). Dies sei vor allem auf die vermehrte Beschäftigung von Frauen in Teilzeitarbeitsverhältnissen und prekären Arbeitsverhältnissen zurückzuführen. So liege der Anteil von Frauen im Niedriglohnsektor bei 70 Prozent. Im geringeren Teil würden Frauen jedoch auch in gleichen Berufen und Branchen schlechter bezahlt als Männer.

Konkret fordert die Linksfraktion unter anderem die Verankerung eines EU-rechtskonformen Lohnmessinstrumentes, gesetzlich verankerte Klagemöglichkeiten bei direkter und indirekter Lohndiskriminierung und eine gesetzliche Verpflichtung für die Tarifparteien, um diskriminierende Entgeltsysteme abzubauen. Ebenso müsse die Privatwirtschaft gesetzlich verpflichtet werden, Maßnahmen zur Gleichstellung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ergreifen.

*

4. Staatliche Anerkennung Palästinas

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke dringt auf die Anerkennung des Staates Palästina. Die zahlreichen Resolutionen vieler europäischer Parlamente - in Spanien, Frankreich, Großbritannien, Irland und Portugal - zur Anerkennung Palästinas "sollten auch die deutsche Politik, Bundestag wie Bundesregierung, ermutigen, ebenso für eine Anerkennung des Staates Palästina und damit für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses einzutreten", schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/4334). Die Bundesregierung wird aufgefordert, "den Staat Palästina mit unverzüglicher Wirkung in den Grenzen von 1967 anzuerkennen und mit der palästinensischen Regierung zu vereinbaren, die jeweiligen Vertretungen der Staaten in den Rang einer Botschaft zu erheben". Deutschland solle nach Vorstellung der Abgeordneten auch der Forderung nach Anerkennung durch die Vereinten Nationen zuzustimmen und sich für eine VN-Vollmitgliedschaft Palästinas einsetzen. Außerdem solle die Bundesregierung die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Israel und Palästina befördern und intensiv begleiten, "damit ein System der gegenseitigen Sicherheit" möglich wird.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 154 - 20. März 2015 - 09.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang