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BUNDESTAG/5291: Heute im Bundestag Nr. 491 - 30.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 491
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. September 2015, Redaktionsschluss: 16.51 Uhr

1. Antrag zu Außenhandel abgelehnt
2. Ausgaben steigen um 5,1 Milliarden
3. Linke gegen Politik der Ausgrenzung
4. Vorstoß für Wissenschaftsfreiheit


1. Antrag zu Außenhandel abgelehnt

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/4837) abgelehnt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen zur Erreichung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts durch eine gezielte Stärkung der Binnennachfrage einzuleiten. So sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass "die Löhne erheblich stärker steigen". Dazu würde neben der Stärkung der Tarifbindung ein Verbot der Leiharbeit gehören. Außerdem sollen Befristungen von Arbeitsverhältnissen auf wenige Ausnahmen beschränkt werden. In der Sitzung des Ausschusses am Mittwoch stimmte nur die Fraktion Die Linke dafür, während die Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und SPD ablehnte und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich enthielt.

Ein Sprecher der Linksfraktion begründete den Antrag mit dem Hinweis, der Leistungsbilanzüberschuss habe 2014 knapp 220 Milliarden Euro betragen. Er sei mit 7,7 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts erheblich höher gewesen als der Grenzwert der EU-Kommission von sechs Prozent. Seit 2000 würden sich die Überschüsse auf 1,8 Billionen Euro summieren. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, diese Überschüsse im Außenhandel zu reduzieren. In ihrem Antrag argumentiert die Fraktion: "Nur so besteht die Chance insbesondere für die Handelspartner in der Eurozone, ihre Verschuldung abzubauen." Denn der gigantische deutsche Außenhandelsüberschuss habe vom Ausland mit Krediten finanziert werden müssen. Folglich habe dies zu einer beständig anwachsenden Verschuldung anderer Länder, auch der Europartner, gegenüber Deutschland geführt. "Der deutsche Außenhandelsüberschuss ist damit eine zentrale Ursache für die anhaltende Eurokrise", stellt die Fraktion fest. Die Fortsetzung der Überschüsse behindere nicht nur eine nachhaltige Lösung der Eurokrise, sondern stelle auch einen Verstoß gegen das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 dar. Darin werde ein ausgeglichener Außenhandel vorgeschrieben.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion widersprach und erklärte, Deutschland verstoße gegen kein Abkommen. Die Überschüsse seien auch nicht der Grund für die Krise in anderen Ländern. Außerdem würden die Überschüsse stark schwanken, unter anderem bei Veränderungen des Ölpreises. Zur Forderung nach Lohnerhöhungen erklärte die CDU/CSU-Fraktion, Deutschland habe mit einem Zuwachs bei den Löhnen von durchschnittlich 2,4 Prozent ohnehin einen Spitzenplatz im internationalen Vergleich. Auch die SPD-Fraktion konnte in dem Antrag "nichts Begrüßenswertes" finden. Die Linke halte den Staat offenbar für ein makroökonomisches System, in dem Exporte und Lohnentwicklung geplant werden könnten. Solche Systeme seien gescheitert. Die Linke suche monokausal einen Schuldigen und schiebe den Exporterfolgen der deutschen Wirtschaft die Schuld an der Eurokrise in die Schuhe schieben. Der Vertreter der Bundesregierung erklärte, die aktuelle Lage bedeute keinen Verstoß gegen europäische Stabilitätsbestimmungen. Die Exportüberschüsse seien überwiegend im Handel mit China entstanden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, der Leistungsbilanzüberschuss sei zu hoch, und deshalb habe Deutschland von der EU-Kommission auch eine Stabilitätswarnung erhalten. Die Fraktion verlangte als Gegenmaßnahme, den Investitionsstau zu beheben und die Binnennachfrage zu steigern. Ein Sprecher der Linksfraktion wies Vorhaltungen zurück, sie wolle die Exporte beschränken. Das Problem der Überschüsse müsse durch Erhöhungen der Importe angegangen werden.

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2. Ausgaben steigen um 5,1 Milliarden

Haushalt/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Die Ausgaben des Bundes sollen in diesem Jahr um 5,1 Milliarden Euro auf 306,7 Milliarden Euro erhöht werden. Dazu hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf eines Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2015 (18/6090) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

Die Ausgabenerhöhung dient vor allem der Finanzierung der Kosten für Aufgaben im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Länder und Kommunen im Jahr 2015 dafür insgesamt zwei Milliarden Euro erhalten. Bisher waren dafür eine Milliarde Euro vorgesehen.

Weitere fünf Milliarden Euro sollen in eine Rücklage zur Finanzierung von Belastungen des Bundes fließen, die durch die strukturelle, dauerhafte und dynamische Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen und durch die Aufwendungen im Bundesbereich entstehen. Gespeist werden soll diese Rücklage aus den in diesem Jahr zu erwartenden Überschüssen im Bundeshaushalt.

Im Entwurf des Zweiten Nachtragshaushaltes für dieses Jahr ist zudem eine Zuwendung von 1,3 Milliarden Euro für den "Energie- und Klimafonds" enthalten. Außerdem sollen 2015 für Programmausgaben nicht benötigte Zuweisungen an den Fonds in Höhe von 200 Millionen Euro in die Rücklage des Fonds fließen.

Neben den Überschüssen in diesem Jahr erwartet die Bundesregierung Mehreinnahmen unter anderem aus den Erlösen aus der Versteigerung der Funkfrequenzen (Digitale Dividende II) in Höhe von knapp 3,8 Milliarden Euro und geringere Zinsausgaben. Daher müssen laut Nachtrag trotz der Mehrausgaben in diesem Jahr keine neuen Kredite aufgenommen werden.

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3. Linke gegen Politik der Ausgrenzung

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf eine "offene und gerechte Asylaufnahmepolitik und eine schnelle Integration der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge". Dies geht aus einem Antrag der Fraktion mit dem Titel "Alle Flüchtlinge willkommen heißen - Gegen eine Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung" (18/6190) hervor, der am Donnerstagvormittag zusammen mit einem von der Koalition eingebrachten Entwurf eines "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes" (18/6185) erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages steht. In der Vorlage fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, den "Gesetzentwurf zur Verschärfung des Aufenthalts- und Asylrechts nicht weiter zu verfolgen".

Stattdessen soll die Regierung nach dem Willen der Fraktion die aktuellen Herausforderungen in der Asylpolitik zum Anlass nehmen, "eine sozial gerechte Politik einzuleiten und für eine effektive Besteuerung des Reichtums in Deutschland zu sorgen, so dass die notwendigen Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen rasch bereit gestellt werden können". Ferner soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge die "Rede von der Bekämpfung von Fluchtursachen nicht nur als Phrase oder zur Legitimierung von Abschottungsmaßnahmen" verwenden, sondern einen Politikwechsel einleiten, "der gerechte Weltwirtschaft- und Handelsbeziehungen, eine präventive und nicht auf Waffen und Kriege setzende Friedenspolitik und einen effektiven Klimaschutz zum Ziel hat". Auf EU-Ebene soll sie laut Linksfraktion für die europäische Idee der Freizügigkeit eintreten, "statt Kontrollen an den innereuropäischen Grenzen einzuführen".

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4. Vorstoß für Wissenschaftsfreiheit

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut, das aus gutem Grund in Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes verankert wurde. Gerade die deutsche Vergangenheit, in der die Wissenschaft selbst sowie Wissenschaftler auch von Seiten des Staates instrumentalisiert wurden, mache dies deutlich, schreibt die Linke in ihrem Antrag (18/6191).

Das Gleichgewicht von Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung drohe zunehmend außer Balance zu geraten, was bereits von verschiedenen Organisationen im Bereich der Wissenschaftspolitik, beispielsweise vom Wissenschaftsrat oder dem Bundesverfassungsgericht angemahnt wurde. Die Mehrheit der Professoren in Deutschland klage über einen Verlust an Entscheidungsfreiheit und Mitbestimmungsmöglichkeiten sowie über einen zunehmenden Druck von Seiten der Hochschulleitungen. Wissenschaftler wünschten sich wieder mehr eigene Zeit- und Themensouveränität. Dass nahezu alle bedeutenden wissenschaftspolitischen Organisationen in Deutschland ihre Richtlinien oder Empfehlungen zum Thema wissenschaftliche Integrität und Wissenschaftsverantwortung überarbeitet beziehungsweise eigene erstellt hätten, unterstreiche die Dringlichkeit, im Wissenschaftssystem Änderungen herbeizuführen.

Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung auf, die Freiheit von Forschung und Lehre und die Selbstverwaltung der Wissenschaft zu schützen und auf die Länder einzuwirken, um gemeinsam mit ihnen die Autonomie von öffentlich finanzierten Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu schützen. Integrität und verantwortungsvolles Handeln in der Wissenschaft soll gemeinsam mit den Ländern gestärkt werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 491 - 30. September 2015 - 16.51 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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