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BUNDESTAG/5570: Heute im Bundestag Nr. 084 - 15.02.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 084
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 15. Februar 2016, Redaktionsschluss: 17.40 Uhr

1. Öffentlichkeitsbeteiligung im Fokus
2. Arbeit für Menschen mit Behinderungen


1. Öffentlichkeitsbeteiligung im Fokus

Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlager-Kommission) haben am Montag intensiv über die Öffentlichkeitsbeteiligung im Endlager-Suchverfahren diskutiert. Grundlage der mehrstündigen, kontroversen Beratungen war unter anderem ein Entwurfspapier der zuständigen Arbeitsgruppe I für den entsprechenden Teil im Abschlussbericht der Kommission.

Nach dem Entwurf der Arbeitsgruppe soll die Öffentlichkeit in den verschiedenen Phasen der Endlager-Suche durch diverse Gremien beteiligt werden. Diese Gremien sollen als ein zweites Aktionsfeld für Beteiligung dienen und die verwaltungsrechtlich gebotenen Formate, zum Beispiel die strategische Umweltprüfung, ergänzen. Schwerpunkt sind dabei Beteiligungsmöglichkeiten für betroffene Regionen. In einer ersten, zweigeteilten Phase soll dies durch eine Teilgebietskonferenz beziehungsweise folgend durch Regionalkonferenzen und einen Rat der Regionen geschehen. Die Teilgebietskonferenz soll agieren, nachdem erste mögliche Standortregionen durch Anwendung von Mindestanforderungen und Ausschlusskriterien ausgewählt worden sind. Regionalkonferenzen in den jeweiligen Gebieten sowie ein übergreifender Rat der Regionen sollen danach agieren, wenn die Regionen für eine übertägige Erkundung ausgewählt worden sind. Die Regionalkonferenzen und der Rat der Region werden auch in Phase II, in der Standortregionen zur untertägigen Erkundung ausgewä hlt werden sollen, und Phase III, die in der Standortentscheidung münden sollen, eingebunden. Der ganze Prozess soll zudem durch ein auch im Standortauswahlgesetz vorgesehenes "Gesellschaftliches Begleitgremium" ergänzt werden, dessen Aufgabenumfang in der AG als auch in der Kommission noch diskutiert wird.

Insbesondere die Idee der Teilgebietskonferenz nach Phase Ia stieß in der Debatte auf Ablehnung. In einem Meinungsbild sprachen sich 13 Mitglieder für eine Streichung dieses Vorschlags aus, neun stimmten für die Beibehaltung. Kommissions-Mitglied Wolfram Kudla argumentierte, dass eine solche Beteiligung nicht machbar sei, da die Zahl der betroffenen Regionen zu diesem Zeitpunkt noch zu hoch sei. Erst mit der Auswahl jener Regionen, in denen eine übertägige Erkundung stattfinden soll, sei es sinnvoll, die Beteiligung beginnen zu lassen. Der Ko-Vorsitzende der AG I, Ralf Meister, plädierte wiederum dafür, die Teilgebietskonferenz als Idee beizubehalten, um eine frühe Beteiligung der Öffentlichkeit zu ermöglichen. Dieses Gremium hätte ohnehin kein Interventionsrecht, sondern räumte den betroffenen Regionen die Möglichkeit ein, die Plausibilität der Anwendung der ersten Auswahlkriterien nachzuvollziehen.

Der Rat der Regionen stieß hingegen bei einem Meinungsbild auf deutliche Zustimmung der Kommissions-Mitglieder. Der Rat böte im Verfahren die Möglichkeit, über wichtige Themen ohne direkte Standortbetroffenheit zu diskutierten, betonte Hartmut Gaßner, ebenfalls Ko-Vorsitzende der AG I. Einzelne Kommissions-Mitglieder, so etwa Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), regten an, den Rat in das Gesellschaftliche Begleitgremium zu integrieren.

Unklar ist noch, wer die Trägerschaft für den Beteiligungsprozess übernehmen soll. In dem AG-Entwurf wird als nicht abschließend abgestimmter Vorschlag die Idee ins Spiel gebracht, die ergänzenden Beteiligungsformate in die Trägerschaft einer Stiftung zu geben und somit die Unabhängigkeit des Prozesses zu stärken. In der Diskussion wurde der Vorschlag überwiegend abgelehnt. Fürsprecher der Idee war Hubertus Zdebel (Die Linke). Ein Stiftungsmodell könne Misstrauen vorbeugen, da damit eine Unabhängigkeit des Beteiligungsprozesses von der Aufsichtsbehörde erreicht werde, betonte der Linken-Abgeordnete.

Die Endlager-Kommission soll bis Ende Juni ihren Abschlussbericht vorlegen. In dem Bericht sollen wissenschaftlich-technische und gesellschaftliche Kriterien der Endlager-Suche beschrieben werden. Entwürfe der Berichtsteile sind auf www.bundestag.de/endlager verfügbar.

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2. Arbeit für Menschen mit Behinderungen

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die im Zuge des geplanten Bundesteilhabegesetzes diskutierte bundesweite Einführung eines "Budgets für Arbeit" kann einen Beitrag zu mehr Inklusion leisten. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales geladenen Experten am Montagnachmittag einig. Aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kann ein "Budget für Arbeit" in Form eines Minderleistungsausgleiches grundsätzlich ein guter Weg sein, Übergänge aus Werkstätten für behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen, sagte die BDA-Vertreterin Anna Robra. Von einem guten Schritt nach vorn sprach auch Peter Stadler von der Bundesarbeitsgemeinschaft Integrationsfirmen. Bei einem Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt müssten Arbeitgeber und Integrationsfirmen einen Nachteilsausgleich erhalten. Zustimmung kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Die Forderung der DGB-Vertreterin Silvia Helbig nach Stärkung der Rechte für Schwerbehindertenvertretungen in den Betrieben, stieß bei der BDA hingegen auf Widerspruch. Helbig hatte mit Blick auf das erweiterte Aufgabenfeld der Vertretungen eine Freistellung der Beauftragten ab 100 schwerbehinderten Mitarbeitern statt bislang 200 gefordert. Der Einzelsachverständige Alfons Adam, Sprecher der Schwerbehindertenvertretungen in der Autoindustrie, betonte ebenfalls die Bedeutung der Schwerbehindertenvertretungen. In vielen Unternehmen würden diese jedoch nicht ernst genommen, bemängelte er und machte zugleich deutlich, dass es um Anhörungsrechte und nicht um Mitbestimmung durch die Vertretungen gehe. Nach Ansicht der BDA-Vertreterin Robra stellen mehr Freistellungen aber keine Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen dar, sondern bedeuteten in erster Linie mehr Kosten und mehr bürokratische Verfahren.

Für eine Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten für die Schwerbehindertenvertretungen sprach sich wiederum der Einzelsachverständige Hans-Günther Ritz, Experte für betriebliche Mitbestimmung, aus. Dies sei gut für Unternehmen und Beschäftigte und sinnvoller, als die Ausgleichsabgabe bei Nichtbeschäftigung von Schwerbehinderten zu erhöhen, wie es die Linksfraktion in ihrem der Anhörung zugrunde gelegten Antrag (18/5227) - unterstützt von mehreren Sachverständigen wie etwa dem DGB - gefordert hatte.

Manfred Otto Albrecht von der Bundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation sah in dem fehlenden zentralen Ansprechpartner für die Unternehmen ein Hemmnis für mehr Inklusion. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen fehle es oft an elementaren Informationen.

Viele Arbeitgeber seien nicht hinreichend informiert, urteilte auch Johannes Pfeiffer von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Dabei biete die BA unter anderem mit dem Mittel der Lohnkostensubventionierung und der Beratung bei Ausbildung schwerbehinderter Jugendlicher eine Reihe von Produkten zur Stärkung der Inklusion an.

Für eine "dauerhafte Berufsbegleitung, wenn diese erforderlich ist", sprach sich Barbara Vieweg von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben aus. Ob und in welchem Umfang diese Erforderlichkeit besteht, soll ihrer Ansicht nach nicht allein vom Kostenträger entschieden werden. Vielmehr sei die Perspektive des behinderten Menschen genauso zu berücksichtigen, wie die des Ausbildungsbetriebes, der Berufsschule oder des Arbeitgebers.

Menschen mit einem sehr hohen Assistenzbedarf rückte die Einzelsachverständige Jeannette Pella in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Arbeit sei für alle Menschen wichtig - "ob mit oder ohne Behinderung". Eine Abstufung in "werkstattfähig oder nicht werkstattfähig" spreche aber dem Personenkreis der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf jegliche Teilhabe am Arbeitsleben ab, kritisierte sie.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 084 - 15. Februar 2016 - 17.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2016

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