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BUNDESTAG/5785: Heute im Bundestag Nr. 299 - 24.05.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 299
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 24. Mai 2016, Redaktionsschluss: 13.43 Uhr

1. Geowissenschaftliche Kriterien im Fokus
2. Regelung zu Umgang mit Dauergrünland
3. Stellnetze als Falle für Seevögel
4. TTIP: Weniger Weizen, mehr Ölsaaten
5. Untersuchung von Glyphosat-Beistoffen
6. Klimaschutz in der Landwirtschaft


1. Geowissenschaftliche Kriterien im Fokus

Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlager-Kommission) haben sich bei ihren Sitzungen am Montag und Dienstag erstmalig intensiv mit den geowissenschaftlichen Kriterien der Endlager-Suche auseinandergesetzt. Gegenstand der Diskussion war ein von der zuständigen Arbeitsgruppe ausgearbeiteter Kapitel-Entwurf (Kommissions-Drucksache 209b) für den Abschlussbericht der Kommission, der bis Ende Juni erstellt werden muss. Über den Großteil der Kriterien herrschte in der Kommission - wie auch in der Arbeitsgruppe - Einvernehmen. Intensiv diskutiert wurden allerdings die Vorgaben zur Mächtigkeit des sogenannten "einschlusswirksamen Gebirgsbereiches" sowie die Rolle eines möglichen Deckgebirges über dem "einschlusswirksamen Gebirgsbereich" und die Frage, wie dazu Kriterien formuliert werden können. Dissens zeigte sich ebenfalls in Hinblick auf Temperaturgrenzen bei der Einlagerung von Atommüll in Salz. Mitglieder der zuständigen Arbeitsgruppen sollen zur nächsten Sitzung am 2. Juni jeweils Lösungsvorschläge vorlegen.

Die geowissenschaftlichen Kriterien gliedern sich nach dem Entwurf in Ausschluss-, Mindest- und Abwägungskriterien. Ausschluss- und Mindestkriterien spielen demnach insbesondere in der ersten Phase der Endlager-Suche eine wichtige Rolle. Auf ihrer Grundlage werden Regionen ausgewählt, die für eine weitere Erkundung vorgesehen sind. Ausgeschlossenen werden sollen zum Beispiel Gebiete, in denen etwa von zu hohen seismischen und vulkanischen Aktivitäten ausgegangen werden kann. Als Mindestanforderungen sind zum Beispiel wirtsgesteinsspezifische Flächenbedarfe genannt. Auch eine minimale Tiefe des "einschlusswirksamen Gebirgsbereiches" ist vorgesehen.

Diskussionen gab es zu der Mindestanforderung, dass der "einschlusswirksame Gebirgsbereich" mindestens 100 Meter mächtig sein soll. Für Salz und Ton ist dies unproblematisch. Insbesondere Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) wies aber darauf hin, dass durch diese Vorgabe möglicherweise kristalline Gesteinsformationen, insbesondere Granit, von vornherein aus dem Verfahren fielen, obwohl laut Standortauswahlgesetz alle Wirtsgesteine in Betracht gezogen werden sollen. Weitere Mitglieder der Kommission wiesen ebenfalls daraufhin, dass es sehr unwahrscheinlich sei, eine solche Formation zu finden. Bei kristallinen Gesteinsformationen müsse die Möglichkeit bestehen, auch Kleinteiliger mit der Mächtigkeit umzugehen. Dies sieht der Kapitel-Entwurf allerdings in seiner Erläuterung auch vor.

Die Abwägungskriterien dienen - in Zusammenwirken mit separaten Sicherheitsuntersuchungen - dazu, Standortregionen und Standorte im späteren Verlauf des Suchverfahrens zu vergleichen. Unter ihnen sind Kriteriengruppen eingeordnet, die sich etwa auf die Güte des Isolationsvermögens und dessen Absicherung beziehen. In Hinblick auf das Kriterium "Gute Temperaturverträglichkeit" diskutierten die Mitglieder der Endlager-Kommission, ob auch für Salz eine Temperaturgrenze von 100 Grad eingeführt werden sollte. Bei Kristallin und Ton ist das Konsens. Wenzel sprach sich für eine solche Lösung aus, da es für die Sicherheit auf jeden Fall besser wäre. Zudem würden bei 200 Grad gegebenenfalls Probleme bei der Rückholung der Abfälle auftreten, wenn diese nötig wäre. Atomindustrie-Vertreter Bernhard Fischer wiederum betonte, dass eine höhere Temperatur auch Vorteile böte. So würde Salz dann schneller "kriechen". Wissenschafts-Vertreter Wolfram Kudla verwies zudem darauf, dass aus höheren Temperaturen auch eine kleinere Endlager-Fläche resultierte. Die Temperaturhöhe solle seiner Ansicht nach innerhalb verschiedener Endlager-Konzepte abgewogen werden. Eine Festlegung auf 100 Grad sei nicht geboten, sagte Kudla. Klaus Brunsmeier vom BUND mahnte mit Blick auf die Vergangenheit an, alles gut zu hinterfragen, was Aussagen zum Thema Salz beträfe. 100 Grad seien ein guter Ansatz, um "loszumarschieren", das Kriterium sei aber für weitere Forschung offenzuhalten, wie es auch Wissenschafts-Vertreter Ulrich Kleemann gefordert hatte. Zur nächsten Sitzungen sollen nun Vorschläge zur Entscheidung vorgelegt werden.

Uneinigkeit besteht auch in Hinblick auf die Rolle des Deckgebirges. Innerhalb der Arbeitsgruppe gelang es bisher nicht, einen Kompromiss darüber herzustellen, ob deckgebirgsspezifische Kriterien in der Abwägung eine Rolle spielen sollten. Dagegen sprach sich etwa Atomindustrie-Vertreter Fischer aus. Es sei nicht gelungen, ein solches Kriterium für alle Endlagersysteme zu formulieren. Das Kriterium sei auch nicht notwendig, da in anderer Form etwa im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung die Rolle des Deckgebirges auch behandelt werden könne. Ähnlich äußerte sich Steffen Kanitz (CDU). Ein Abwägungskriterium, das sich nur auf die Schutzfunktion von Deckgebirgen für Salz beziehe, sei gegenüber den anderen Typen eine Ungleichbehandlung. Mit der Festlegung einer Mindesttiefe sei das dahinter stehende Problem aufgegriffen worden. Wissenschafts-Vertreter Detlef Appel hatte in dem Kapitel-Entwurf hingegen einen Ansatz formuliert, der eine "orientierende Beurteilung" von Deckgebirgen im Hinblick auf den Schutz des "einschlusswirksamen Gebirgsbereiches" erlauben soll, bis ausdifferenziertere Kriterien vorliegen. Niedersachsens Umweltminister Wenzel wiederum hatte vorgeschlagen, bei Salzformationen ein "günstiges Deckgebirge" für einen Zeitraum von 15.000 Jahren als "Mindestanforderung" aufzunehmen. Kanitz und Appel sollen nun zur nächsten Sitzung einen Kompromissvorschlag vorlegen.

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2. Regelung zu Umgang mit Dauergrünland

Ernährung und Landwirtschaft/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/EIS) Die Vorschriften über die Ausweisung von Gebieten mit umweltsensiblem Dauergrünland und über die Genehmigung zur Umwandlung von Dauergrünland soll geändert werden. Dafür legt die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes (18/8514) vor, der bestehendes Recht hinsichtlich der Umwandlung von Grünland in eine nichtlandwirtschaftliche Fläche ermöglichen soll. Die Änderungen sollen nach Aussage der Bundesregierung dazu dienen, betriebliche Interessen und den Schutz des Dauergrünlands miteinander zu vereinbaren. Ohne eine Gesetzesänderung wäre eine Umwandlung von umweltsensiblem Dauergrünland in eine nichtlandwirtschaftliche Fläche gänzlich unzulässig. Mit der Änderung soll die Umwandlung umweltsensiblen Dauergrünlands in nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen in Einzelfällen genehmigungsfähig werden sowie die Umwandlung sonstigen Grünlands ermöglicht werden, ohne dafür Ersatzflächen schaffen zu müssen. Bereits nach bisherigem Recht erfolgte Umwandlungen sollen als genehmigt anerkannt werden.

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3. Stellnetze als Falle für Seevögel

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Nach Hochrechnung einer Untersuchung verenden jährlich über 17.000 Seevögel in Stellnetzen an der deutschen Ostseeküste. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8462) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Fischerei in Natura-2000-Gebieten (18/8161) hervor, die den Umgang mit in Nord- und Ostsee entsprechend ausgewiesenen Schutzgebieten in den Fokus stellt. Dazu heißt es weiter, dass ein im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) durchgeführtes Forschungsprojekt (BELLEBAUM 2011) in den Jahren 2006 bis 2009 insgesamt 526 Seevogelbeifänge in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns und der angrenzenden deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) im Rahmen stichprobenartiger Untersuchungen in der Stellnetzfischerei dokumentiert habe. Basierend auf den ermittelten Beifangraten sei der jährliche Beifang durch Stellnetzfischer auf ungefähr 17.300 bis 19.800 Seevögel im Zeitraum November bis Mai hochgerechnet worden. Den größten Anteil der Beifänge hätten Tauchenten, darunter Tafelenten, Reiherenten, Bergenten und Schellenten, sowie Meeresenten, darunter Eiderenten, Eisenten, Trauerenten und Samtenten, ausgemacht. In der Antwort heißt es einschränkend über das Ergebnis, dass eine genaue Quantifizierung der Seevogelbeifänge in der Stellnetzfischerei in den deutschen Meeresgebieten nicht möglich sei, weil keine Auskunftspflicht der Fischer bestehe und keine kontinuierlichen Beifang- und Totfund-Monitoringprogramme existieren würden. Natura-2000 ist nach Auskunft des Umweltministeriums ein EU-weites Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten. Für die Gebiete würden Regelungen zu deren Schutz und Management unter der Maßgabe entwickelt, dass diese auch genutzt werden können.

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4. TTIP: Weniger Weizen, mehr Ölsaaten

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Der geplante Zollabbau für Agrarprodukte im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) dürfte zu zusätzlichen Importen vor allem von Mais und Weizen aus den Vereinigten Staaten in die EU führen. Davon geht die Bundesregierung in einer Antwort (18/8477) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8135) aus. Grund dafür sei, dass die USA in diesem Bereich leichte Vorteile gegenüber der EU hätte, die allerdings durch Wechselkurseffekte überlagert werden könnten. Zudem würden die USA bei diesen Rohstoffen mit anderen wettbewerbsfähigen Exportnationen wie Russland, der Ukraine oder Argentinien konkurrieren. Nach Modellrechnungen des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts zum vollständigen Zollabbau sei mit einem Produktionsrückgang bei Weizen von 3,1 Prozent in Deutschland und 1,5 Prozent für die EU insgesamt zu rechnen. Dagegen könnte der Ölsaatenanbau sowohl in Deutschland um 0,8 Prozent als auch in der EU insgesamt um 0,6 Prozent gesteigert werden. Dieser Produktionsanstieg würde teilweise durch die Substitution mit dem Weizenanbau ermöglicht. In den Modellrechnungen werde der Produktionsrückgang bei Weizen auch durch die zunehmenden Exportmöglichkeiten für Ölsaaten erklärt.

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5. Untersuchung von Glyphosat-Beistoffen

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gibt es neben den POE-Tallowaminen (polyethoxylierte Alkulamine) noch andere Beistoffe, die toxischer wirken als der Wirkstoff Glyphosat oder die Toxizität von Glyphosat erhöhen können. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8408) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8168) hervor, die sich mit der Neuzulassung des Wirkstoffs Glyphosat befasst. In der Antwort heißt es dazu weiter, dass solche Effekte im Rahmen der Risikobewertung für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt würden. Aktuell erarbeite eine von der Europäischen Kommission auf Betreiben Deutschlands eingesetzte Arbeitsgruppe von Experten einen entsprechenden Entwurf für den Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, an der auch das BfR beteiligt sei. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe soll anschließend im zuständigen EU-Ausschuss erörtert werden. Der Arbeitsgruppe würden aber zurzeit zu einzelnen Stoffen noch keine Ergebnisse vorliegen. Glyphosat ist nach Darstellung des BfR weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe im Bereich des Pflanzenschutzes zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau.

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6. Klimaschutz in der Landwirtschaft

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Der Beitrag der Landwirtschaft für den Klimaschutz steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8485). Die Bundesregierung soll unter anderem eine Einschätzung darüber abgeben, ob die nationalen Klimaziele bis 2020 noch erreicht werden können und welche Maßnahmen dafür ergriffen werden. Zudem soll der konkrete Reduktionsbeitrag angegeben werden, den die Landwirtschaft erbringen muss.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 299 - 24. Mai 2016 - 13.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2016

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