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BUNDESTAG/5808: Heute im Bundestag Nr. 322 - 01.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 322
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 01. Juni 2016, Redaktionsschluss: 17.31 Uhr

1. Potenziale von Big Data für den Sport
2. Anpassung an den Klimawandel
3. Bundeswehr weiter vor Libanons Küste
4. Mehr Mittel für humanitäre Hilfe gefordert


1. Potenziale von Big Data für den Sport

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Big Data-Anwendungen bieten große Potenziale im Bereich des Sports. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag geladenen Experten einig. Wenngleich sich die Datenanalyse derzeit noch überwiegend auf Bereiche des Spitzensports beschränke, sei davon auszugehen, dass künftig auch im Amateur- und Breitensport Big Data-Anwendungen genutzt werden, hieß es während der Sitzung. Gleichzeitig machten die Experten deutlich, dass datenschutzrechtliche Probleme nicht zu verzeichnen seien, solange das Prinzip der Freiwilligkeit eingehalten werde und personenbezogene Daten anonymisiert und pseudonymisiert würden.

"Die Analyseabteilungen in den Spitzenvereinen werden immer größer", sagte Professor Daniel Memmert, Institutsleiter für Kognitions- und Sportspielforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Für die 1. und die 2. Fußballbundesliga erhebe die Deutsche Fußballliga (DFL) sämtliche Daten während der Spiele am Wochenende und stelle sie allen Vereinen zur Verfügung. Nicht alle würden diese Angebote jedoch nutzen, so Memmert. Oftmals sei das vom jeweiligen Trainer abhängig. "Wir brauchen Trainer, die für die Nutzung neuer Technologien offen sind", sagte der Sportwissenschaftler.

Bei der Nutzung der Big Data-Technologien sei das optimale Zusammenwirken von Material und Mensch das Ziel, sagte Ulf Tippelt, Direktor des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften. Es gehe um "Gegnervorbereitung in Echtzeit". Die Kunst bestehe darin, die Informationen so aufzubereiten, "dass Trainer und Athlet sie in der Kürze der im Wettkampf zur Verfügung stehenden Zeit auch nutzen können", erläuterte er. Seiner Ansicht nach gehört das Thema in die Trainerausbildung hinein. Aber: "Die Trainer müssen nicht unbedingt zu Technikexperten werden."

Das Software-Unternehmen SAP arbeite auch an Big Data-Anwendungen für den Sport, sagte Unternehmensvertreter Stefan Wagner. So unterstütze man auch den Deutschen Fußballbund (DFB) und seine Nationalmannschaft mit Möglichkeiten zur Spielanalyse. Engagiert sei SAP aber auch abseits der finanziell starken Sportarten und -verbände. Ziel sei es dabei, Sportarten interessanter zu machen - beispielsweise das Rudern. Mit der Aufbereitung von Körperdaten des Sportlers wolle man "den Fan ins Boot versetzen". Klar sei dabei, dass der Sportler seine Einwilligung für die Datenverarbeitung geben müsse. "Ich habe aber noch keinen Athleten erlebt, der das nicht wollte", sagte Wagner.

Da es um personenbezogene Daten gehe, setze das Bundesdatenschutzgesetz den Rahmen für den Umgang mit personenbezogenen Daten im Sport, sagte Michael Heyn, Referatsleiter bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Dieser Rahmen reiche aus, müsse aber auch im Interesse der Sportler konsequent angewendet werden.

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2. Anpassung an den Klimawandel

Tourismus/Ausschuss

Berlin (hib/wid) Die Bundesregierung sieht nur begrenzte Möglichkeiten, Kommunen und Fremdenverkehrswirtschaft bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu unterstützen. "Es gibt keine allein auf den Tourismus ausgelegte Strategie", sagte die zuständige Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium Iris Gleicke (SPD) am Mittwoch im Tourismusausschuss. Zur Begründung verwies sie auf die vorrangige Zuständigkeit der Länder. Als Beauftragte des Bundes für Mittelstand und Tourismus habe sie allenfalls die Möglichkeit, "auf bestimmte Themen aufmerksam zu machen" und Einzelmaßnahmen anzustoßen, sagte Gleicke. So sei mittlerweile dafür gesorgt, dass auch Beherbergungsbetriebe und Gaststätten in den Genuss von Fördermitteln zur Wärmedämmung und Erhöhung der Energieeffizienz kommen können.

In einer Aussprache zum Fortschrittsbericht über die Anpassungsstrategie der Bundesregierung an den Klimawandel hatte zuvor ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Frage nach einer "Strategie für den Tourismusbereich" aufgeworfen. Der Klimawandel betreffe in besonderer Weise den Fremdenverkehr und werde das Verhalten von Reisenden verändern. Schon sei die Rede von der Ostseeküste als der "Türkei der Zukunft": "Wie kann der Bund Kommunen unterstützen, um neue Tourismusmodelle zu unterstützen", fragte der Grünen-Vertreter, der zugleich Vorbehalte gegen den Begriff "Anpassung" äußerte. In seinen Ohren klinge das zu sehr nach "Kapitulation" vor dem Klimawandel.

Die Anpassungsstrategie, auf die sich der Fortschrittsbericht bezieht, wurde nach Gleickes Worten seit 2008 entwickelt und 2011 verabschiedet. Nicht zuletzt nach dem Pariser Klimaschutz-Abkommen vom Dezember vorigen Jahres sei es jetzt geboten, sie fortzuschreiben. Der Bericht verzeichnet 146 Einzelmaßnahmen. Allerdings erregte eine Formulierung den Unmut der Abgeordneten. Die Verfasser hatten festgestellt, der Klimawandel habe auf den Tourismus keine dramatischen Auswirkungen.

"Irritiert" äußerte sich eine Vertreterin der SPD-Fraktion und verwies auf Erfahrungen in ihrer bayerischen Heimat, wo im vergangenen Winter Skilifte geschlossen geblieben seien aus Mangel an Schnee. Eine Vertreterin der Fraktion Die Linke berichtete aus Thüringen, dass auch dort "der ausbleibende Winter einen ganz große Rolle" spiele in der Diskussion über die Zukunft des Fremdenverkehrs: "Man weiß, was passiert, aber ich habe immer noch das Gefühl, dass man viel zu wenig tut, um darauf zu reagieren." Eine Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion mahnte mehr Sensibilität an bei der Abfassung künftiger Berichte: "Das Übersehen des touristischen Faktors ist fast schon typisch." Der Klimawandel habe "handfeste wirtschaftliche Auswirkungen" und stelle die Fremdenverkehrsbranche vor völlig neue Fragen. Warum es immer noch Kommunen in traditionellen Wintersportgebieten gebe, die große Liftanlagen planten, fragte sich ein weiterer Unionsabgeordneter: "Das Problem ist noch nicht bei den Entscheidungsträgern vor Ort angekommen."

Gleicke räumte ein, sie hätte sich die beanstandete Formulierung im Fortschrittsbericht "etwas sensibler gewünscht". Die Frage sei in der Tat: "Was passiert in Regionen, die vom Wintersport gelebt haben, aber noch nicht Toscana-Weine anbauen können?" Bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels wünsche sie sich mehr Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen betroffenen Kommunen.

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3. Bundeswehr weiter vor Libanons Küste

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll sich ein weiteres Jahr an der UNIFIL-Mission (United Nations Interim Force in Lebanon) vor der libanesischen Küste beteiligen. Dieser Einsatz auf See habe ein doppeltes Mandat, schreibt die Bundesregierung in einem Antrag (18/8624), der am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht: "Er sieht neben der Sicherung der seeseitigen Grenzen auch die Unterstützung der libanesischen Streitkräfte beim Aufbau von Fähigkeiten vor, die Küste und die territorialen Gewässer des Landes selbstständig zu überwachen." In erster Linie solle verhindert werden, dass Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial ohne Zustimmung der libanesischen Regierung in den Libanon gebracht werden. Die Zahl der einzusetzenden Bundeswehrsoldaten beträgt laut Antrag unverändert bis zu 300, die Kosten für die Verlängerung des Mandates bis Ende Juni 2017 beziffert die Bundesregierung auf rund 32,2 Millionen Euro.

Die Sicherheitslage im Nahen Osten habe sich auch im Vergleich zum letzten Mandatszeitraum nicht verbessert, heißt es in der Begründung des Antrags. Der Konflikt in Syrien sowie das brutale Vorgehen der islamistischen Terrororganisationen "Islamischer Staat" (IS), würden den Libanon innen- wie außenpolitisch unverändert vor erhebliche Herausforderungen stellen. So versuche der IS seit Monaten vor allem in den Grenzprovinzen des Libanon Fuß zu fassen - was bisher jedoch an den libanesischen Streit- und Sicherheitskräften scheitere.

Zudem sei das Land in besonderen Maße durch die Aufnahme von derzeit etwa 1,1 Millionen Flüchtlingen aus Syrien herausgefordert. "UNIFIL war - gerade mit Blick auf die unverändert instabile Gesamtlage in der Region - im letzten Mandatszeitraum ein Stabilitätsfaktor und hat bei inner- und zwischenstaatlichen Konflikten deeskalierend und ausgleichend auf die Akteure in der Region eingewirkt", schreibt die Bundesregierung. Angesichts der schwierigen sicherheitspolitischen Gesamtsituation sei ein Abzug von UNIFIL derzeit nicht zu verantworten.

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4. Mehr Mittel für humanitäre Hilfe gefordert

Menschenrechte/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Wenige Tage nach dem humanitären Weltgipfel der Vereinten Nationen in Istanbul Ende Mai fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mehr Anstrengungen der Bundesregierung für eine "flexible, wirksame und zuverlässige humanitäre Hilfe". Humanitäre Krisen haben heute ein seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gekanntes Ausmaß angenommen, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/8619), der am Freitag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. "Sowohl die direkt betroffenen Länder als auch die internationale Gemeinschaft sind überfordert, die Kluft zwischen dem humanitären Bedarf und den zur Verfügung stehenden Mitteln wird trotz aller Anstrengungen immer größer."

Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, die Mittel, die für akute Notsituationen verfügbar sind, zu erhöhen sowie mindestens 30 Prozent der Mittel für humanitäre Hilfe in Zukunft ohne Zweckbindung zu vergeben. Außerdem soll die Planbarkeit der humanitären Hilfe verbessert werden, indem finanzielle Zusagen an Partnerorganisationen in weit stärkerem Maße als bisher im Voraus und über mehrere Jahre hinweg getroffen werden. Die Fraktion spricht aber auch von einer Doppelaufgabe: Neben humanitären Hilfsleistungen müsse es darum gehen, mit Krisenprävention, Katastrophenvorsorge und Entwicklungszusammenarbeit humanitäre Notsituation erst gar nicht entstehen zu lassen - ohne deshalb die Unabhängigkeit und Neutralität der humanitären Hilfe in Frage zu stellen. Die Bundesregierung sei deshalb noch stärker als bisher aufgefordert, "auf sich abzeichnende Krisen frühzeitig mit klaren und kohärenten diplomatischen Initiativen zu reagieren, dabei die internationalen Institutionen einzubeziehen und die entsprechenden Kapazitäten zur zivilen Krisenprävention auf nationaler und internationaler Ebene weiter auszubauen".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 322 - 1. Juni 2016 - 17.31 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2016

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