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BUNDESTAG/5822: Heute im Bundestag Nr. 336 - 06.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 336
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 06. Juni 2016, Redaktionsschluss: 16.50 Uhr

1. Streit über Prostituiertenschutzgesetz
2. Anhörung zum Ausbau digitaler Netze
3. Vier gemeldete Störungen
4. Planung für Bundesfernstraßengesellschaft
5. Übernahme griechischer Regionalflughäfen


1. Streit über Prostituiertenschutzgesetz

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Prostituiertenschutzgesetzes entzweit Experten. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag vor allem die geplante Anmeldepflicht und verpflichtende Gesundheitsberatung für Prostituierte. Weitgehend unstrittig hingegen ist die angestrebte Erlaubnispflicht für Bordelle und das Verbot ausbeuterischer Geschäftspraktiken wie zum Beispiel Flat-Rate-Angebote.

Anja Kasten vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, Johanna Thie von der Diakonie Deutschland, Maria Wersig vom Deutschen Juristinnenbund und Claudia Zimmermann-Schwartz vom nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium lehnten die Anmeldepflicht ab. Nach ihrer Ansicht werden viele der Prostituierten der Anmeldepflicht nicht nachkommen, weil sie anonym bleiben wollen. Der Grund hierfür sei das hohe Maß an gesellschaftlicher Stigmatisierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern, sagte Zimmermann-Schwartz. Sie müssten damit rechnen, ihre Wohnung oder eine weitere Beschäftigung gekündigt zu bekommen, wenn ihre Tätigkeit als Prostituierte bekannt wird, fügte Anja Kasten an. Die Pflicht zur Anmeldung steigere die Gefahr eines ungewollten Outings. Auch Andrea Hitzke vom Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel bezweifelte, dass eine Anmeldepflicht den Prostituierten mehr Schutz bietet. Maria Wersig argumentierte, dass eine Anmeldepflicht im Zwei-Jahresrhythmus unverhältnismäßig sei und in die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit eingreife. Johanna Thie verwies darauf, dass Gesundheitsberatungen vor allem dann angenommen würden und erfolgreich seien, wenn sie auf freiwilliger Basis erfolgen.

Leni Breymaier vom Verein "Sisters - für den Ausstieg aus der Prostitution" in Stuttgart wies diese Argumentation zurück. Rund 80 bis 90 Prozent der Prostituierten seien Frauen aus den Ländern Südosteuropas, die meist der deutschen Sprache nicht mächtig oder gar Analphabeten seien. Für diese Frauen sei Stigmatisierung überhaupt kein Problem, da ihre Existenz von der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommen werde. Die Pflicht zur Anmeldung sei letztlich die einzige Chance, einen Kontakt zu diesen Frauen herzustellen, um ihnen gegebenenfalls Wege aus der Prostitution aufzuzeigen. In diesem Sinne argumentierte auch Heike Rudat vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Die Fachärzte für Psychosomatische Medizin, Lutz-Ulrich Besser, und Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Wolfgang Heide sprachen sich für die verpflichtende Gesundheitsberatung aus. Sie verwiesen auf die hohen körperlichen und seelischen Gefährdungen der Sexarbeiterinnen. Prostitution sei "eine organisierte Form des Seelenmordes" und "der Erniedrigung", sagte Besser. Heide sprach sich für ein gänzliches Verbot der Prostitution für Schwangere aus. Schwangere Prostituierte würden im Internet "regelrecht versteigert".

Auch Helmut Fogt von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände begrüßte eine Anmeldepflicht und eine verpflichtende Gesundheitsberatung prinzipiell. Allerdings müsste das Personal in den Behörden dafür auch speziell geschult sein, zudem müssten Dolmetscher bereitgestellt werden. Er verwies zugleich auf die hohen Kosten, die den Kommunen dadurch entstünden. Der Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing von der Universität Bonn sagte, sowohl die Anmeldepflicht wie auch die Pflichtberatung stelle verfassungsrechtlich kein Problem dar. Der Staat habe eine Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern, diese könne auch gegen den Willen der Geschützten durchgesetzt werden.

Einig waren sich die Sachverständigen, dass Prostitution ein sehr weites Spektrum an unterschiedlichsten Erscheinungsformen aufweise und deshalb eine gesetzliche Regulierung sehr schwierig sei. Heike Rudat verwies allerdings darauf, dass die allerwenigsten Frauen in der Branche selbstbestimmt arbeiten. Die meisten würden dies aus wirtschaftlicher Not tun.

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2. Anhörung zum Ausbau digitaler Netze

Verkehr und digitale Infrastruktur/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Der Ausbau digitaler Netze ist Thema einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur am Mittwoch, 8. Juni. Elf Sachverständige werden dabei zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) (18/8332) Stellung nehmen.

Ziel des Entwurfes ist die Kostensenkung und damit Beschleunigung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze. Dazu ist unter anderem vorgesehen, Netzbetreibern Ansprüche auf die Nutzung existierender passiver Netzinfrastrukturen einzuräumen. Weitere Synergien für den Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze verspricht sich die Bundesregierung von der Verpflichtung, bei öffentlich finanzierten Bauarbeiten eine bedarfsgerechte Mitverlegung von Glasfaserkabeln sicherzustellen. Außerdem sind Anpassungen bei den Wegerechtsregelungen im Telekommunikationsgesetz geplant, beispielsweise durch die Möglichkeit der Verlegung in geringerer Verlegetiefe.

Zu der Anhörung geladen sind: Thomas Abel vom Verband Kommunaler Unternehmen, Volker Bartsch vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches, Stefan Birkenbusch vom Bundesverband Glasfaseranschluss, Wilhelm Eschweiler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur, Professor Thomas Fetzer von der Universität Mannheim, Sven Knapp vom Bundesverband Breitbandkommunikation, Wolfgang Kopf von der Deutschen Telekom, Christian Lieberknecht vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Franziska Löw vom Verband der Kabelnetzbetreiber, Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag sowie ein noch nicht benannter Vertreter des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten.

Die Anhörung beginnt um 11.00 Uhr in Berlin, Konrad-Adenauer-Straße 1, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 600. Besucher werden gebeten, sich beim Sekretariat des Ausschusses unter Angabe des Namens und des Geburtsdatums anzumelden: E-Mail: verkehrsausschuss@bundestag.de oder Telefon 030-227-32426.

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3. Vier gemeldete Störungen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Im vergangenen Jahr haben insgesamt 2.518 außergewöhnlich große Schiffe die Seeschifffahrtsstraßen Jade, Weser und Elbe befahren. Dabei wurden insgesamt vier technische Störungen gemeldet. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/8589) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7931) zur Havarie des Containerschiffs "CSCL Indian Ocean" bei Hamburg hervor.

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4. Planung für Bundesfernstraßengesellschaft

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung kann noch keinen konkreten Zeitplan für die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft vorlegen. Dies geht aus ihrer Antwort (18/8599) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8313) hervor. Es sei beabsichtigt, die für die Reform der Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesautobahnen notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen noch in der 18. Legislaturperiode umzusetzen, heißt es weiter.

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5. Übernahme griechischer Regionalflughäfen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Über die Haltung der Bundesregierung zur Übernahme griechischer Regionalflughäfen durch die Fraport AG will sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/8629) informieren. Die Abgeordneten interessiert unter anderem, an welchen Sitzungen der Bundesregierung und deren nachgeordneten staatlichen Stellen Vertreterinnen und Vertreter der Fraport AG und des Landes Hessen teilgenommen haben und ob es die Bundesregierung für legitim hält, dass deutsche Unternehmen mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung Nutznießer des griechischen Privatisierungsfonds sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 336 - 6. Juni 2016 - 16.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2016

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