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BUNDESTAG/6049: Heute im Bundestag Nr. 563 - 29.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 563
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 29. September 2016, Redaktionsschluss: 17.42 Uhr

Zeugin: Keine Hinweise auf weitere Täter
Grüne: Teilhabe älterer Menschen stärken


1. Zeugin: Keine Hinweise auf weitere Täter

3. Untersuchungsausschuss (NSU)/Ausschuss

Berlin: (hib/FZA)) Trotz zahlreicher offener Spuren gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass an den Verbrechen der rechten Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) weitere, bisher unbekannte Täter beteiligt waren. Das sagte die Oberstaatsanwältin Anette Greger am Donnerstag, den 29.09.2016, als Zeugin vor dem 3. Untersuchungsausschuss des Bundestags (NSU II) aus. Greger ist eine der Anklagevertreterinnen im NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer am Oberlandesgericht in München. Sie war geladen worden, um zu klären, ob es neben den drei bekannten Mitgliedern des NSU Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe noch weitere Täter gab und ob entsprechenden Hinweisen nachgegangen worden ist.

Neben den fünf Angeklagten im Münchner NSU-Prozess werde aktuell noch gegen neun andere namentlich Beschuldigte und eine unbekannte Person ermittelt, stellte Greger fest. Indizien dafür, dass diese oder andere Personen bei den Taten des NSU unmittelbar beteiligt waren, gebe es aber nicht. Dem NSU werden neben 15 Banküberfällen und zwei Sprengstoffanschlägen zehn Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zur Last gelegt. Laut Greger gibt es nach wie vor keinen Augenzeugen von den Mordtaten.

Ausführlich befragte der Ausschuss die Zeugin zu den vielen anonymen DNA-Spuren, die an den insgesamt 27 NSU-Tatorten sicher gestellt wurden, bisher aber keiner Person zugeordnet werden konnten. Es sei nach wie vor nicht klar, wie mit diesen Spuren bei den Ermittlungen umgegangen worden sei, sagte der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU). Greger antwortete: Nach ihrer Kenntnis seien alle Spuren, die im NSU-Komplex angefallen seien mit den DNA-Mustern der Beschuldigten abgeglichen worden.

Das reichte Binninger aber offenkundig nicht. Bisher sind lediglich 19 der insgesamt 100 Verdächtigen im NSU-Fall in der DNA-Datenbank des Bundeskriminalamts (BKA) erfasst. 14 dieser Beschuldigten gelten als dringend tatverdächtig, nur sieben davon mussten bisher DNA-Proben abgeben. Auch von den vielen Personen, die an den Tatorten gearbeitet haben - also etwa Polizeibeamte und Mitarbeiter der Spurensicherung - lägen nur teilweise Proben vor. Er könne nicht nachvollziehen, dass zumindest von den dringend Tatverdächtigen noch immer keine Probe verlangt worden sei, sagte Binninger: "Wir finden, dass die DNA-Spurenlage nur sehr selektiv geprüft worden ist." Ebenfalls sei auffallend: An keinem der 27 NSU-Tatorte seien DNA-Spuren der mutmaßlichen Haupttäter Böhnhardt und Mundlos gefunden worden.

Ihre Aufgabe als Staatsanwältin sei es, Beweismittel und nicht die Arbeit der Spurensicherung zu bewerten, stellte Greger klar. Böhnhardt und Mundlos hätten offenkundig bei ihren Bankrauben Handschuhe und Masken getragen, was das Fehlen von DNA-Spuren erklären könnte. Bei den Morden sei davon auszugehen, dass die Täter das ebenso getan und sich nie lange am Tatort aufgehalten hätten. Sie hätten die Opfer nicht oder nur kurz angesprochen und dann sofort per Kopfschuss hingerichtet. "Dabei müssen nicht unbedingt Spuren hinterlassen worden sein", sagte Greger.

Für eine umfassende DNA-Abgabe aller Personen, die Zugang zum Tatort hatten oder mit den dort sicher gestellten Asservaten Kontakt hatten, fehle zudem die Rechtsgrundlage, erklärte Greger. Eine DNA-Abgabe sei ein rechtlicher schwerwiegender Eingriff, vergleichbar mit einer Hausdurchsuchung. So etwas könne nur angeordnet werden, wenn ein schwerwiegender Tatverdacht bestehe und davon auszugehen sei, dass die beschuldigte Person auch in Zukunft schwere Straftaten verüben könnte. "Wir haben also keinerlei Anlass, an einem Tatort wie dem Internetcafé allen Zeugen DNA abzunehmen und dann alles mit allem zu vergleichen", sagte Greger.

Zu vielen der anonymen Spuren - etwa einer Socke von Zschäpe sowie DNA-Funde an der Kleidung des angeschossenen Polizisten Arnold - hatte der Ausschuss spezifische Fragen. Einige dieser Spuren könnten durchaus von möglichen Mittätern stammen, so die Meinung der Abgeordneten. "Ich bewerte die offenen Spuren an der Socke und die Spuren am Polizisten Arnold nicht als Täterspur", antwortete Greger. Mit offenen Spuren müsse man in diesem Verfahren mitunter leben. "Uns wäre lieber, wenn sie mit den offenen Spuren nicht leben, sondern weiter ermitteln würden", entgegnete Binninger. Seiner Auffassung nach hat sich die Staatsanwaltschaft zu früh auf die drei Haupttäter Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe festgelegt. Greber freilich sah das anders. So blieb es beim Dissens.

Der 3. Untersuchungsausschuss soll offene Fragen zur Arbeit der staatlichen Behörden bei den Ermittlungen im Umfeld der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) klären und Handlungsempfehlungen erarbeiten.

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2. Grüne: Teilhabe älterer Menschen stärken

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll die Selbstbestimmung und Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben gestärkt werden. In einem Antrag (18/9797) fordert sie die Bundesregierung auf, eine Strategie des "aktiven Alterns" zu entwickeln und umzusetzen. So soll unter anderem ein Förderprogramm aufgelegt werden, das über altersgerechtes Wohnen, Weiterbildungsangebote und soziale Sicherung in Städten und Gemeinden informiert. Zudem soll das Programm "Altersgerecht Umbauen" der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit Bundesmitteln in Höhe des tatsächlichen Bedarfs ausgestattet werden. Bis zum Jahr 2030 werde der Bedarf an barrierefreien Wohnungen auf drei Millionen steigen. Die Grünen fordern zudem, dass das Nahverkehrsangebot ausgebaut und konsequent barrierefrei gestaltet wird.

Die Grünen berufen sich auf Angaben des Statistischen Bundesamtes, nach denen bis zum Jahr 2050 etwa 30 Prozent der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird. Es bedürfe deshalb einer Strategie, die den verschiedenen Bedürfnissen und unterschiedlichen sozialen, finanziellen und gesundheitlichen Situationen älterer Menschen gerecht werde.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 563 - 29. September 2016 - 17.42 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2016

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