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BUNDESTAG/6107: Heute im Bundestag Nr. 621 - 24.10.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 621
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 24. Oktober 2016, Redaktionsschluss: 10.27 Uhr

1. Grüne fordern Strafen für Unternehmen
2. Grüne zu Weisungen an Bundesermittler
3. Nichtfinanzielle Firmen-Berichtspflichten
4. Grüne zu Landesverrat und Pressefreiheit
5. Transparenz von Vergleichsportalen
6. Probleme elektronischer Anwaltspostfächer
7. Entwarnung bei Reichsbürger-Trick
8. Auswirkungen des Patientenrechtegesetzes


1. Grüne fordern Strafen für Unternehmen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) Die Einführung schmerzhafter Sanktionen für Unternehmen, die gegen Gesetze verstoßen, fordern die Grünen in einem Antag (18/10038). Solche Rechtsverstöße könnten schwerwiegende Folgen haben, schreiben sie darin unter Verweis auf Skandale von Firmen "wie VW, Siemens, KiK oder Rheinmetall". Nach dem deutschen Individualstrafrecht könnten aber nur konkrete Personen zur Rechenschaft gezogen werden. Die "Möglichkeit, Verantwortung insbesondere in großen Unternehmen gezielt zu verschleiern", führe zusammen mit überlasteten Staatsanwaltschaften dazu, dass es "selten zu individuellen Schuldfeststellungen gegenüber einzelnen Wirtschaftsakteuren" komme.

Die Grünen fordern daher von der Bundesregierung einen Gestzentwurf, der "die bestehenden Regelungen zur Sanktionierung von Unternehmen und Verbänden in einem eigenständigen Gesetz zusammenfasst" und um mehrere, im Antrag einzeln aufgeführte Tatbestände und Sanktionen ergänzt. Zudem solle das Gesetz eine Regelung enthalten, nach dern "zukünftig widerlegbar vermutet wird, dass bei Straftaten, pflichtwidrigem Verhalten oder schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten aus Unternehmen heraus ein dortiges Organisationsverschulden vorliegt". Dadurch sollen Sanktionen gegen das Unternehmen als solches statt gegen individuelle Mitarbeiter oder Führungskräfte verhängt werden können.

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2. Grüne zu Weisungen an Bundesermittler

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) Die Grünen wollen das Weisungsrecht des Bundesjustizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt einschränken. Dies fordern sie in einem Antrag (18/10037) als Lehre aus der Affäre um das Internetportal netzpolitik.org im vergangenen Sommer. Gegen dieses hatte der Generalbundesanwalt zunächst wegen des Verdachts auf Landesverrat ermittelt, diese Ermittlungen dann aber nach einer Intervention des Justizministeriums eingestellt. Die Berliner Staatsanwaltschaft habe festgestellt, dass dabei eine Weisung erfolgt sein, und "damit die anderslautende Auskunft der Bundesregierung widerlegt, der für Justiz zuständige Bundesminister habe zu keinem Zeitpunkt von seinem Weisungsrecht gegenüber dem Generalbundesanwalt Gebrauch gemacht", heißt es in dem Antrag. Die Grünen fordern nunmehr ein Gesetz, "mit dem das externe Einzelfallweisungsrecht des Bundesjustizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt ausdrücklich auf evident rechtsfehlerhafte Entscheidungen sowie Fehl- oder Nichtgebrauch von Ermessen beschränkt wird und die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die transparente Ausübung eines solchen Weisungsrechts konkret definiert werden".

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3. Nichtfinanzielle Firmen-Berichtspflichten

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) Die Grünen sind unzufrieden damit, wie die Bundesregierung eine EU-Richtlinie zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen umsetzen will, und fordern die Vorlage eines neuen Gesetzentwurfs. Die Richtlinie zur "Corporate Social Responsibility", kurz CSR-Richtlinie (2014/95/EU) schreibt vor, dass große Unternehmen künftig in ihrem Jahresabschluss nicht mehr nur über betriebswirtschaftliche Aspekte ihrer Tätigkeit berichten müssen, sondern auch unter anderem über ihren Umgang mit der Umwelt, mit ihren Arbeitnehmern und mit Menschenrechten. Die Angaben sollen interessierten Bürgern bei der Entscheidung helfen, ob sie in dieses Unternehmen investieren, mit ihm Geschäfte machen oder seine Produkte kaufen oder nutzen wollen.

Zur Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (18/9982) "zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten" vorgelegt, den der Bundestag am Donnerstag, 20. Oktober, in erster Lesung beraten hat.

Dazu haben die Grünen einen Antrag (18/10030) vorgelegt, der nun zusammen mit dem Regierungsentwurf in die Ausschussberatung geht. Darin schreiben sie, die Regierung habe "die Chance vertan, Transparenz über nachhaltiges Unternehmenshandeln zu einem wesentlichen Kriterium der Unternehmensführung zu machen" und bleibe "sogar noch hinter der angekündigten 1:1-Umsetzung" der EU-Richtlinie zurück. So verlange der Regierungsentwurf nur die Darstellung von nichtfinanziellen Risiken, die zugleich auch Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und die Lage des Unternehmens hätten. Die EU-Richtlinie hingegen sehe vor, "dass Unternehmen auch solche wesentlichen Risiken für Mensch und Umwelt offenlegen, die nicht unmittelbar geschäftsrelevant sind", heißt es in dem Antrag und weiter: " Gerade dadurch erfolgt eine Verbesserung der Transparenz in Bezug auf Klima und Menschenrechte."

Die Grünen verlangen von der Bundesregierung die Vorlage eines neuen, in zahlreichen Punkten veränderten Gesetzentwurfs. Unter anderem sollen die Berichtspflichten in verschiedener Hinsicht erweitert werden. Zudem sollen nicht nur kapitalmarktnotierte Unternehmen, sondern auch Familenbetriebe und andere Großunternehmen mit über fünfhundert Mitarbeitern diesen Berichtspflichten unterliegen. Zudem soll "eine inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen Informationen durch externe Fachkräfte mit Expertise in Umwelt- und Sozialaudits" vorgeschrieben werden.

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4. Grüne zu Landesverrat und Pressefreiheit

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Medien oder ihre Mitarbeiter, wie sie im vergangenen Jahr gegen das Internetportal netzpolitik.org eingeleitet worden waren, sollen künftig strengeren Voraussetzungen unterliegen. Das fordern die Grünen in einem Antrag (18/10036). So soll im Strafgesetzbuch präziser definiert werden, was ein Staatsgeheimnis ist. Verschiedene gesetzliche Bestimmungen, aufgrund derer sich Medientätige in Ausübung ihrer Arbeit strafbar machen könnten, sollen gestrichen oder neu gefasst werden. Zudem sollen Journalisten in Strafverfahren besser vor Durchsuchungen und Beschlagnahmen geschützt werden. Mehr Schutz sollen auch sogenannte Whistleblower erhalten. Schließlich beantragen die Grünen, das Geheimschutzrecht des Bundes auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen.

In der Begründung heißt es, Fälle wie der von "netzpolitik.org" zeigten, "dass notwendige Konsequenzen für den Schutz der Medienfreiheit nicht nur durch Behebung von (strukturellen wie einzelfallbezogenen) Vollzugsdefiziten, Rechtsanwendungsfehlern und politischen Fehlern, sondern maßgeblich auch in der Gesetzgebung noch immer nicht, jedenfalls nicht vollständig gezogen wurden". Insbesondere die Straftatbestände des Geheimnisverrats bedürften "dringend rechtsstaatlicher Überarbeitung und Ergänzung im Hinblick auf die Verfassungsanforderungen und insbesondere die Rechte von Medienangehörigen einerseits und die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden andererseits".

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5. Transparenz von Vergleichsportalen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) "Mehr Transparenz und Klarheit bei Buchungs- und Vergleichsportalen schaffen" wollen die Grünen mit einem Antrag (18/10043). "Viele Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen auf die Angaben der Portalbetreiber und richten ihre Kaufentscheidung maßgeblich daran aus", schreiben sie darin. Daher müsse "erkennbar sein, welche Leistung ein Portal bietet und welche nicht". Dem würden derzeit viele Portale nicht gerecht. Die Grünen fordern deshalb gesetzlich verpflichtende Angaben der Portale unter anderem über Betreiber, Provisionen und die Kriterien, auf denen das angezeigte Ergebnis beruht. Zudem müssten die Betreiber Werbung und "gesponserte Links" klar abgrenzen und kenntlich machen, die genannten Preise und Verfügbarkeiten stets aktuell halten und alle Produkte oder Anbieter nach einheitlichen Standards bewerten.

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6. Probleme elektronischer Anwaltspostfächer

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/PST) Die Bundesregierung sieht keine gravierenden Probleme im Zusammenhang mit der Einführung der besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (beA). Dies geht aus ihrer Antwort (18/9994) auf eine Kleine Anfrage (18/9862) der Grünen hervor. Diese Postfächer für den elektronischen Rechtsverkehr sollten dem Antrag zufolge am 29. September 2016 in Betrieb genommen werden. Durch zwei Eilbeschlüsse des Anwaltsgerichtshofs Berlin sei aber der für ihre Einrichtung zuständigen Bundesrechtsanwaltskammer untersagt worden, die Postfächer ohne die ausdrückliche Zustimmung der Antragsteller empfangsbereit einzurichten.

Die Bundesregierung verweist nun darauf, dass nach der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung (RAVPV) Inhaber eines beA ohnehin nicht vor dem 1. Januar 2018 verpflichtet seien, diese zu nutzen. Weiter führt sie aus, dass der Gesetzgeber die Einrichtung solcher Postfächer der Bundesrechtsanwaltskammer als Selbstverwaltungsangelegenheit übertragen habe. . Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz führe insoweit nur eine Rechtsaufsicht. Es habe "bisher keinen Anlass für ein rechtsaufsichtliches Einschreiten" gegeben.

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7. Entwarnung bei Reichsbürger-Trick

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/PST) Ein als "Malta Inkasso" bezeichneter juristischer Trick, mit dem sogenannte "Reichsbürger" Geld von Justizmitarbeitern einzutreiben versuchen, hat nach Angaben der Bundesregierung keine Aussicht auf Erfolg. Dies geht aus ihrer Antwort (18/9978) auf eine Kleine Anfrage (18/9868) der Linken hervor.

Wie die Fraktion Die Linke in ihrer Anfrage unter Berufung auf Medienberichte schreibt, haben "Reichsbürger" in Malta ein Inkassounternehmen gegründet, über das sie "horrende Geldsummen" geltend machen. Dazu würden erfundene Schulden in ein amerikanisches Online-Handels-Register eingetragen, was ausreiche, um diese vor einem Gericht in Malta ungeprüft geltend zu machen. Wenn nicht umgehend durch einen in Malta zugelassenen Anwalt Widerspruch eingelegt werde, ergehe ein in Deutschland vollstreckbares Urteil.

Dazu schreibt die Bundesregierung, sie stehe in der "Reichsbürgerproblematik" "in ständigem Kontakt mit den hier zuständigen Landesjustizverwaltungen". Auch mit der maltesischen Regierung und der für das Schuldnerregister zuständige Behörde im US-Bundesstaat Washington habe sie sich ausgetauscht. Dies habe dazu geführt, "dass es nach Kenntnis der Bundesregierung diesem Personenkreis bisher nicht gelungen ist und zukünftig auch nicht gelingen wird, ihre erfundenen und unberechtigten Forderungen durchzusetzen".

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8. Auswirkungen des Patientenrechtegesetzes

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die Auswirkungen des im Februar 2013 in Kraft getretenen Patientenrechtegesetzes sind Thema einer Kleinen Anfrage (18/10022) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ein Schwerpunkt des Gesetzes sei gewesen, bei Behandlungsfehlern die Rechte von Patienten zu stärken.

Jedoch sei es weiterhin schwierig für derart geschädigte Patienten, Unterstützung zu erhalten, um den Behandlungsverlauf zu überprüfen und Schadenersatzansprüche durchzusetzen.

Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung nun wissen, wie sich die Häufigkeit der Fälle und der Umgang mit Behandlungsfehlern entwickelt haben, welche Verbesserungen das Gesetz bewirkt hat und wo noch Handlungsbedarf besteht.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 621 - 24. Oktober 2016 - 10.27 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2016

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