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BUNDESTAG/6172: Heute im Bundestag Nr. 686 - 23.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 686
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 23. November 2016, Redaktionsschluss: 17.36 Uhr

1. Tätervermögenseinzug unter der Lupe
2. Bundesrat zu Firmen-Berichtspflichten
3. Cyber-Sicherheitsstrategie 2016
4. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
5. Fragen zur Beschaffung von Korvetten


1. Tätervermögenseinzug unter der Lupe

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/PST) Der Grundsatz, Verbrechen dürfe sich nicht lohnen, ist nur schwer in Paragrafen zu fassen - dieser Leitgedanke prägte am Mittwoch eine öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/9525) zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Dabei geht es darum, wirksamer als derzeit Straftätern das Vermögen, das sie durch ihre Taten erworben haben, zu entziehen und der Allgemeinheit zuzuführen. Noch vor der Allgemeinheit sollen allerdings die Opfer die Werte ersetzt bekommen, die sie durch die Tat verloren haben.

Welche Schwierigkeiten sich dabei auftun, erläuterte der Rechtsanwalt Michael Bremen vom Verband der Insolvenzverwalter. Wenn etwa bei Wirtschaftsstraftaten eine Vermögensabschöpfung zur Insolvenz des Täters beziehungsweise seines Unternehmens führe, seien nicht nur die Opfer des eigentlichen Verbrechens geschädigt, sondern auch andere Gläubiger. Bremen nannte Arbeitnehmer, die um ihren Lohn kommen, und Lieferanten, deren Rechnungen nicht bezahlt werden. Deren Interessen sieht Bremen nicht hinreichend berücksichtigt. Auch kritisierte er eine Privilegierung von Steuer- und Sozialversicherungsschulden gegenüber anderen Ansprüchen aus der Insolvenzmasse.

Alfred Dierlamm vom Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer sieht den Opferschutz gegenüber der geltenden Rechtslage nicht gestärkt, sondern eher geschwächt. Da die Vermögensabschöpfung im Strafverfahren angesiedelt werden soll, müssten Geschädigte unter Umständen mehrere Jahre warten, bis sie im Anschluss ihre Forderungen geltend machen können. Dies könne etwa für mittelständische Unternehmen existenzgefährdend sein. Hier würde "ein geschädigtes Unternehmen seiner Rechte beraubt", kritisierte Dierlamm.

Wesentlich positiver beurteilte der Richter am Bundesgerichtshof Jan Gericke den Gesetzentwurf. Er beseitige unnötig komplizierte Regelungen des geltenden Rechts und vereinfache Verfahren. Eine Änderung regte Gericke allerdings an. Bei Strafverfahren gälten zum Teil recht kurze Verjährungsfristen, führte er aus. Dies könne dazu führen, dass Geschädigte nach Ende eines Strafverfahrens Forderungen nicht mehr durchsetzen können. Gericke schlug deshalb vor, in das Gesetz Regelungen aufzunehmen, die sich an den wesentlich längeren Verjährungsfristen des Zivilrechts orientieren.

Als Vertreterin der im Wesentlichen für den Rechtsvollzug zuständigen Länder bat Ina Holznagel vom Justizministerium Nordrhein-Westfalen um mehr Zeit, um die Mitarbeiter der Justiz für die Anwendung des neuen Rechts zu schulen. Das Gesetz solle daher nicht wie vorgesehen am Tag nach Veröffentlichung in Kraft treten, sondern erst ein halbes Jahr später. Den Gesetzentwurf selbst nannte sie in der Theorie schlüssig, sagte aber Probleme in der Praxis voraus. So sei die im Prinzip sinnvolle Möglichkeit einer Nachvollstreckung nach Urteilsspruch mit den geltenden Instrumenten nur schwer umzusetzen. Holznagel plädierte daher dafür, im Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens auch das Vollstreckungsverfahren zu verbessern.

Verfassungsrechtliche Bedenken machte der Münchener Strafrechtsanwalt Markus Meißner gegen die im Gesetzentwurf vorgesehene erweiterte Einziehung geltend. Danach können auch Gegenstände eingezogen werden, die keiner bestimmten Straftat zuzuordnen sind. Meißner attestierte dem Gesetzentwurf, dass seine Regelungen teilweise Strafcharakter hätten, auch wenn sie anders etikettiert seien.

Oberstaatsanwalt Peter Schneiderhan vom Deutschen Richterbund warnte vor erheblichen Zusatzbelastungen der Justizbehörden, wenn der Gesetzentwurf unverändert in Kraft träte. Einerseits würde schon heute Tätervermögen vielfach erfolgreich abgeschöpft. Andererseits würde in den durch die Reform hinzukommenden Fällen oft nichts einzutreiben sein. Schneiderhan sagte einen erheblichen Mehrbedarf an Rechtspflegern voraus, während andererseits kaum eine Entlastung bei den Staatsanwaltschaften zu erwarten sei. Zudem kritisierte Schneiderhan, dass die Regelungen im Gesetzentwurf zum Teil unklar seien. Für die Richter und Staatsanwälte der unteren Gerichte wäre so oft nicht ersichtlich, was der Gesetzgeber eigentlich wolle.

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2. Bundesrat zu Firmen-Berichtspflichten

Recht und Verbraucherschutz/Unterrichtung

Berlin: (hib/PST) Der Bundesrat will einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/9982), mit dem Großkonzerne zu jährlichen Berichten über die gesellschaftlichen Folgen ihres Tuns verpflichtet werden sollen, in einem Punkt verschärfen. Es geht dabei um das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, das eine EU-Richtlinie über "Corporate Social Responsibility" (gesellschaftliche Unternehmensverantwortung) in das deutsche Recht übertragen soll. Kapitalmarktorientierte Großunternehmen sollen danach neben den üblichen Jahresabschlüssen auch über nichtfinanzielle Auswirkungen ihrer Aktivitäten berichten. Dabei geht es um Aspekte wie Umwelt, Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte.

Der Gesetzentwurf verlangt auch die Berichterstattung über "sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen" der Tätigkeit von Zulieferern und Subunternehmern, etwa auf die Umwelt oder betroffene Menschen. Der Bundesrat verlangt in seiner Stellungnahme, welche die Bundesregierung dem Bundestag als Unterrichtung (18/10344) zugeleitet hat, das Wörtchen "sehr" zu streichen. Er begründet dies damit, dass auch in der EU-Richtlinie von "wahrscheinlich schwerwiegend negativen Auswirkungen" die Rede sei. Die Formulierung im Umsetzungsgesetz sei daher "eine unzulässige Einschränkung des Richtlinienwortlauts".

Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäußerung diese Änderung ab. In der Richtlinie sei in den Ausführungen über die Erwägungsgründe von "sehr wahrscheinlich ... schwerwiegenden Auswirkungen" die Rede, zitiert die Bundesregierung daraus. "Aus Gründen der Rechtsklarheit", schreibt sie weiter, habe sie diese Formulierung in den unmittelbaren Gesetzestext übernommen statt bloß in die Begründung.

Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme zudem die Bundesregierung, "eine Evaluierung der Richtlinie vorzusehen und dabei auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft zu überprüfen". Dazu erklärt die Bundesregierung, dass eine solche Überprüfung bis Dezember 2018 durch die Europäische Kommission erfolgen werde.

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3. Cyber-Sicherheitsstrategie 2016

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die "Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland 2016" ist Gegenstand einer Unterrichtung durch die Bundesregierung (18/10395). Wie daraus hervorgeht, schreibt die Cyber-Sicherheitsstrategie 2016 die von der Bundesregierung im Februar 2011 beschlossene Cyber-Sicherheitsstrategie fort und "bildet den ressortübergreifenden strategischen Rahmen für die Aktivitäten der Bundesregierung mit Bezügen zur Cyber-Sicherheit".

Die strategischen Ansätze und Ziele der Cyber-Sicherheitsstrategie 2011 hätten im Wesentlichen auch heute noch Bestand, heißt es in der Vorlage. Die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen machten es aber erforderlich, sie zu ergänzen und in einer neuen, ressortübergreifenden Strategie zu bündeln, "die der Relevanz und Querschnittlichkeit des Themas Cyber-Sicherheit angemessen Rechnung trägt und dieses ganzheitlich erfasst".

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4. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Umsetzung der Bestandteile der 'Aachener Erklärung' zur grenzüberschreitenden Polizeizusammenarbeit" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/10326). Wie die Abgeordneten darin schreiben, haben die Innenminister der Niederlande, Belgiens, Deutschlands sowie der Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen die Vertiefung ihrer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gegen "Eigentumskriminalität und Wohnungseinbruchsdiebstahl" beschlossen. Eine "Aachener Erklärung" benenne acht "konkrete Maßnahmenpakete" zur Verfolgung von sogenannten "reisenden Tätergruppen". Wissen will die Fraktion von der Bundesregierung unter anderem, an welche womöglich bereits vorhandenen Konzepte "im Rahmen der 'Aachener Erklärung' hinsichtlich der neuen 'Präventions- und Bekämpfungskonzepte'" angeknüpft wird.

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5. Fragen zur Beschaffung von Korvetten

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt Auskunft über die Beschaffung von Korvetten für die Bundeswehr. In einer Kleinen Anfrage (18/10228) will sie unter anderem wissen, seit wann das Verteidigungsministerium plant, fünf weitere Korvetten des Typs K130 zu beschaffen. Zudem wollen die Grünen über die sicherheits- und verteidigungspolitischen Gründe für die Beschaffung und die zu erwartenden Kosten informiert werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 686 - 23. November 2016 - 17.36 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2016

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