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BUNDESTAG/6211: Heute im Bundestag Nr. 725 - 12.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 725
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 12. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 13.45 Uhr

1. Mehr Kontrolle der GKV-Selbstverwaltung
2. Bundesrat will Arzneimittelreform ändern
3. Themen des G6-Innenministertreffens
4. Umsetzung der Aachener Erklärung
5. Extremisten bei Flüchtlingshilfe
6. Fragen zum Einsatz von Uranmunition


1. Mehr Kontrolle der GKV-Selbstverwaltung

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Nach mehreren skandalträchtigen Alleingängen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) setzt die Bundesregierung nun auf erweiterte Durchgriffsrechte in der gesamten gesundheitlichen Selbstverwaltung. Das sogenannte Selbstverwaltungsstärkungsgesetz (18/10605), das jetzt im Bundestag zur Beratung vorliegt, soll die Spitzenorganisationen vor "Selbstblockaden" schützen. Es beinhaltet Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung, die internen Transparenzpflichten sowie Kontrollmechanismen.

In der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Ärzte und Krankenkassen mit ihren Spitzenorganisationen Teil der gemeinsamen Selbstverwaltung. Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen schließen untereinander sowie mit den Verbänden der Krankenhäuser, Apotheker oder auch Heil- und Hilfsmittelherstellern Leistungsverträge ab.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung. Der G-BA entscheidet verbindlich darüber, welche Gesundheitsleistungen von der GKV erstattet werden. Die Bundesregierung sorgt in der Selbstverwaltung lediglich für den gesetzlichen Rahmen und übernimmt die Rechtsaufsicht.

Um Kompetenzüberschreitungen und Unregelmäßigkeiten zu verhindern, sollen die Kontrollrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane verbessert werden. So sollen künftig die Einsichts- und Prüfrechte als Minderheitsrechte ausgestaltet werden. Die Berichtspflichten des Vorstands werden gesetzlich festgelegt. Ferner werden Regelungen zur erleichterten Abwahlmöglichkeit der Vorsitzenden der Selbstverwaltungsorgane neu aufgenommen.

Für die Mitglieder der Selbstverwaltung sollen schärfere interne und externe Kontrollen eingeführt werden. So werden die Prüf- und Mitteilungspflichten bei Beteiligungen und Neugründungen der Organisationen erweitert. Die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung soll regelmäßig extern überprüft werden. Mit der verpflichtenden Einrichtung einer Innenrevision sollen Verstöße an die Aufsicht gemeldet werden.

Der Gesetzentwurf sieht Möglichkeiten vor, in bestimmten Fallkonstellationen Satzungsänderungen durchzusetzen oder rechtswidrige Beschlüsse der Selbstverwaltungsorgane aufzuheben. Um einen rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen, soll das Gesundheitsministerium dazu berechtigt sein, eine "Person für besondere Angelegenheiten" zu benennen und in die betreffende Spitzenorganisation zu entsenden.

Die Führungsebene der KBV soll dem Entwurf zufolge von zwei auf drei Vorstände erweitert werden, wobei neben einem Hausarzt und einem Facharzt noch eine "neutrale Person" hinzukommt. Das soll in Streitfällen eine Lösung bringen, indem künftig die Mehrheit entscheidet.

Einzelne Regelungen des Gesetzentwurfes sollen auf den G-BA übertragen werden. Das Gesetz soll 2017 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

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2. Bundesrat will Arzneimittelreform ändern

Gesundheit/Unterrichtung

Berlin: (hib/PK) Der Bundesrat begrüßt das geplante Arzneimittelstärkungsgesetz (AMVSG) der Regierung im Grundsatz, regt aber Änderungen und Ergänzungen an, darunter ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Ein solches Verbot sei nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19. Oktober 2016 erforderlich, um die Preisbindung für diese Arzneimittel zu erhalten, heißt es in der Stellungnahme der Länderkammer zu dem Gesetzentwurf (18/10208), wie aus einer Unterrichtung der Bundesregierung (18/10608) hervorgeht. Eine andere "rechtsklare" Regelung sei nicht ersichtlich.

Der EuGH hatte entschieden, dass die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente ausländische Versandapotheken benachteiligt und daher gegen EU-Recht verstößt. So werde ausländischen Apotheken über die Festpreise der Zugang zum deutschen Markt erschwert. Dieses Handelshemmnis sei nicht gerechtfertigt. Mögliche Konsequenzen wären ein Versandhandelsverbot oder die Aufhebung der Preisbindung.

Die Bundesregierung erklärte in ihrer Erwiderung, die vorgeschlagene solche Regelung müsste bei der EU "notifiziert" werden. Dadurch würde sich das Gesetzgebungsverfahren verzögern, was abgelehnt werde. Von einer inhaltlichen Bewertung des Vorschlages könne daher abgesehen werden.

Der Bundesrat kritisierte darüber hinaus die Umsatzschwelle, ab der für neue Medikamente schon im ersten Jahr Rabatte greifen sollen. Bei neuen Medikamenten soll der Vorlage zufolge die freie Preisbildung im ersten Jahr nach Markteinführung nur noch bis zu einem Schwellenwert in Höhe von 250 Millionen Euro gelten.

Nur wenige Präparate kämen auf einen solchen Ausgabenwert, argumentierte der Bundesrat. Es seien auch ganz andere Schwellenwerte denkbar. Zudem könnte mit einer solchen Festlegung ein Anreiz zur Preisgestaltung verbunden sein, auch für eine möglichst genaue Ausschöpfung der Summe.

Die Bundesregierung argumentierte, sie könne in der Festlegung einer Ausgabenobergrenze keinen Anreiz für die Ausschöpfung dieses Limits erkennen. Die Regelung könnte auch einen Anreiz geben für eine Preisgestaltung im Sinne einer Begrenzung der Ausgaben.

Das Gesetz soll 2017 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

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3. Themen des G6-Innenministertreffens

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um ein informelles Treffen der Innenminister der sechs einwohnerstärksten EU-Staaten (G6) - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen - geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/10465) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/10223). Danach nahmen an dem Treffen in Rom im Oktober dieses Jahres unter anderem auch US-Justizministerin Loretta Lynch und US-Heimatschutzminister Jeh Johnson teil. Themen des Treffens waren laut Bundesregierung "Migration, Terrorismusbekämpfung und Radikalisierung sowie Cyber Security".

Bei dem Thema Migration seien die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, insbesondere in Afrika, und die Frage einer Differenzierung von politisch Verfolgten und Flüchtlingen, die aus ökonomischen Gründen ihr Land verlassen, besprochen worden, heißt es in der Antwort weiter. Zum Thema Terrorismusbekämpfung und Radikalisierung habe ein Austausch zu den verschiedenen Strategien, Radikalisierung zu begegnen, stattgefunden. Das Thema "Cyber Security" sei als große Herausforderung für die Sicherheitsbehörden diskutiert worden.

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4. Umsetzung der Aachener Erklärung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die "Umsetzung der Bestandteile der ,Aachener Erklärung' zur grenzüberschreitenden Polizeizusammenarbeit" ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/10541) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/10326). Wie die Abgeordneten darin schrieben, haben die Innenminister der Niederlande, Belgiens, Deutschlands sowie der Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen die Vertiefung ihrer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gegen "Eigentumskriminalität und Wohnungseinbruchsdiebstahl" beschlossen. Eine "Aachener Erklärung" benenne acht "konkrete Maßnahmenpakete" zur Verfolgung von sogenannten "reisenden Tätergruppen".

Wie die Bundesregierung dazu ausführt, ist die "Aachener Erklärung" eine Kooperationsvereinbarung der sechs beteiligten Staaten und Länder für eine bessere Bekämpfung der grenzüberschreitenden Eigentumskriminalität in Belgien, Deutschland und den Niederlanden. Die konkrete Ausgestaltung der acht Maßnahmenfelder sowie die Festlegung der erforderlichen Umsetzungsschritte oblägen den beteiligten Landeskriminalämtern, dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle sowie den kriminalpolizeilichen Zentralstellen Belgiens und der Niederlande.

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5. Extremisten bei Flüchtlingshilfe

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Erkenntnisse der Bundesregierung über Aktivitäten von extremistischen Personen beziehungsweise Zusammenschlüssen im Bereich der Flüchtlingshilfe sind ein Aspekt der Antwort der Bundesregierung (18/10562) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/10302). Wie die Bundesregierung darin ausführt, sind im Phänomenbereich "Ausländerextremismus", bezogen auf die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), in Deutschland "mehr als 100 Fälle bekannt geworden, bei denen durch der PKK zuzurechnende Personen Aktivitäten in Bezug auf Flüchtlinge entfaltet wurden". Hierbei handele es sich - neben sozialen Aktivitäten wie etwa Dolmetscherdiensten - in erster Linie um Versuche, Flüchtlinge in die vorhandenen PKK-Aktivitäten und Strukturen einzugliedern. Das Hauptziel der PKK sei es, Flüchtlinge mittelfristig in die Organisationsstrukturen einzugliedern.

Deutsche Linksextremisten brachten sich laut Bundesregierung vor allem auf dem Höhepunkt der "Flüchtlingsdiskussion" in die Unterstützung von Flüchtlingen sowohl im Inland als auch im Ausland aktiv ein. Die dezentral organisierten Aktivitäten reichten dabei den Angaben zufolge von der Sammlung von Sachspenden und deren Verteilung an den Grenzen der Europäischen Union und der Initiierung von "Fluchthilfekonvois" bis zur finanziellen Unterstützung sogenannter Transitmigranten. Linksextremisten hätten sich darüber hinaus an Hausbesetzungen beteiligt, die Migranten Wohnraum schaffen sollten. Das Aktionsfeld "Antirassismus" spiele zudem eine Rolle bei verschiedensten Aktionen linksextremistischer Akteure.

Ferner schreibt die Bundesregierung, dass im Bereich Islamismus mehr als 600 Hinweise auf Aktivitäten in Deutschland lebender Islamisten mit Bezug zu Migranten vorlägen. Darunter befänden sich zirka 360 Hinweise zu unmittelbaren Kontaktaufnahmeversuchen. Art und Umfang der vor allem im Umfeld von Migrantenunterkünften erfolgenden Kontaktaufnahmen seien sehr heterogen.

"Zum Teil treten Islamisten unmittelbar an die Bewohner dieser Einrichtungen heran und verteilen Geld- und/oder Sachspenden (wie zum Beispiel Koranexemplare und Gebetsteppiche)", heißt es in der Antwort weiter. Zusätzlich offerierten sie Unterstützung bei Behördengängen, böten sich als Sprachmittler an oder laden zu einem Moscheebesuch oder zur Teilnahme an Feierlichkeiten ein. Gelegentlich werde den Migranten auch eine Unterkunft außerhalb ihrer Einrichtung oder eine allgemeine Unterstützung bei der Ausübung ihres Glaubens angeboten, unter anderem durch das Abhalten von Gebeten, religiösen Feiern oder Koranunterricht in Migrantenunterkünften.

Aktivitäten von Rechtsextremisten in der Flüchtlingshilfe sind der Bundesregierung zufolge "als nahezu ausgeschlossen zu betrachten".

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6. Fragen zum Einsatz von Uranmunition

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über den Einsatz von Uranmunition durch die US-Streitkräfte in Syrien und im Irak. In einer Kleinen Anfrage (18/10450) will sie unter anderem wissen, welche Kenntnisse die Bundesregierung über den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran hat, ob dies Thema der Gespräche zwischen US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel dieses Jahres in Berlin war und ob die Regierung dies gegenüber den Teilnehmer-Staaten an der "Operation Inherent Resolve" angesprochen hat. Zudem will die Linksfraktion erfahren, ob Soldaten der Bundeswehr im Rahmen ihres Einsatzes in der Türkei und in Syrien mit abgereichertem Uran in Kontakt kamen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 725 - 12. Dezember 2016 - 13.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2016

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