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BUNDESTAG/6286: Heute im Bundestag Nr. 038 - 24.01.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 038
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 24. Januar 2017, Redaktionsschluss: 09.32 Uhr

1. Sportanlagenlärm im Fokus der Experten
2. Disput über Höhe des Rentenniveaus


1. Sportanlagenlärm im Fokus der Experten

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die geplante Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung (SALVO) ist am Montag bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf grundsätzliche Zustimmung gestoßen. Mehrere Sachverständige forderten über den Entwurf der Bundesregierung (18/10483) hinaus eine sogenannte Privilegierung von Kinderlärm auch bei Nutzung von Sportanlagen. Auf Kritik stießen die höheren Grenzwerte im "Urbanen Gebiet". Der Verordnungsentwurf steht am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung.

Die Novelle der SALVO sieht vor, die Richtwerte für die abendlichen Ruhezeiten sowie für die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr um fünf Dezibel zu erhöhen. Damit gelten für diese Zeiten die gleichen Richtwerte wie tagsüber außerhalb der Ruhezeiten. Unberührt bleiben die morgendlichen Ruhezeiten. Der Verordnungsentwurf sieht zudem Richtwerte für die geplante neue Baugebietskategorie "Urbanes Gebiet" vor. Weiterhin soll die Regelung für Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt wurden oder die ohne Genehmigung errichtet werden konnten, konkretisiert werden. Geregelt werden soll, welche Umbauten oder Änderungen zulässig sind, damit die entsprechende Anlage weiterhin den "Altanlagenbonus" nutzen kann, der eine Grenzwertüberschreitung ermöglicht.

Klaus Hebborn (Deutscher Städtetag) sprach von einem "deutlichen Fortschritt für den Sport". Das gelte insbesondere für die Regelung zum Altanlagenbonus. Der Verordnungsentwurf trage dem notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen jener, die wohnortnah Sport treiben wollen, und berechtigten Ruheinteressen "im Großen und Ganzen" Rechnung. Kritisch betrachtet Hebborn die geplanten Grenzwerte für das Urbane Gebiet. Die vorgeschlagenen 63 dB(A) seien zu hoch, 60 db(A), wie sie auch für Kern-, Dorf- und Mischgebiete vorgesehen sind, seien vorzuziehen.

Christian Popp (Lärmkontor GmbH) schloss sich der Kritik an den Grenzwerten für das Urbane Gebiet an. Der Lärm-Gutachter schlug zudem vor, den Altanlagenbonus um ein akustisches Kriterium zu ergänzen, nach dem eine Änderung dann wesentlich ist, wenn der Pegel um mehr als zwei db(A) erhöht wird. Ganz grundsätzlich regte Popp an, über die Ausgestaltung der Nachtruhezeit, aktuell von 22 bis 6 Uhr, nachzudenken. Seit Einführung habe sich das Freizeitverhalten der Menschen verändert, die Ladenöffnungszeiten ebenfalls und die Sommerzeit sei eingeführt worden. Viele Konflikte ließen sich durch eine Verschiebung entschärfen.

Kai H. Warnecke (Haus & Grund Deutschland) kritisierte die geplante Anhebung von fünf db(A) innerhalb der Ruhezeiten. Diese falle zu hoch aus, eine Erhöhung um zwei db(A) sei ausreichend. Grundsätzlich sei der Verordnungsentwurf aber ein guter Ausgleich der verschiedenen Interessen. Problematisch sei auch, dass der Altanlagenbonus die Neuinstallation von Lautsprecheranlagen erlauben soll. Dies würde zu Konflikten führen, da die subjektive Wahrnehmung der Anwohner sich dadurch "dramatisch" veränderte. Das Ersetzen von Lautsprecheranlagen sei hingegen kein Thema, sagte Warnecke.

Andreas Klages (Deutscher Olympischer Sportbund, DOSB) betonte, es sei wichtig, die SALVO jetzt zu ändern, hätten in den vergangenen Jahren doch "Problemdruck und Konfliktintensität" zugenommen. Dem Kabinettsentwurf beschied Klages, im Grundsatz einen guten Interessensausgleich vorzunehmen. Dringend geboten sei aber eine Privilegierung von Kinderlärm auch auf Sportanlagen. Die 2011 im Bundes-Immissionsschutzgesetz getroffene Entscheidung, dass Kinderlärm etwa aus Kitas keine "schädliche Umwelteinwirkung" darstellt, müsse auch auf Sportanlagen übertragen werden, forderte Klages. Diese Ungleichbehandlung sei "blanker Unsinn". Die Änderung sei auch deswegen nötig, weil Sportvereine inzwischen Partner der Ganztagsschulen seien. Fände Schulsport auf einer Sportanlage statt, verkürzten sich dadurch die Beurteilungs- und Mittelungszeiträume nach SALVO. Dies wiederum könne dazu führen, dass der eigentliche Vereinssport wegen Überschreitung der Richtwerte eingeschränkt werden müsse, mahnte Klages.

Auch Thomas Härtel (Landessportbund Berlin) schloss sich dieser Forderung an. Die Verordnung gehe aber in die richtige Richtung. Neben der Kinderlärm-Privilegierung forderte Härtel zudem, den Altanlagenbonus auf Anlagen bis 2017 zu erweitern. Zudem fällt die Erhöhung der Grenzwerte nach Auffassung des Landessportbundes Berlin zu gering aus.

Rüdiger Engel (Baurechtsamt der Stadt Freiburg im Breisgau) sah in dem Verordnungsentwurf einen "neuen Rahmen" für die Innenentwicklung von Städten. Sport dürfe nicht "vor die Tore der Stadt verbannt werden". Wie auch Popp schlug Engel vor, die Nachtruhezeiten anzugehen, indem auf die erste Nachtstunde nach 22 Uhr verzichtet werde.

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2. Disput über Höhe des Rentenniveaus

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die Forderung der Linksfraktion nach einer Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent ist bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montag auf ein geteiltes Echo gestoßen. Gegen eine solche Anhebung sprach sich Volker Hansen von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aus. Während der Anhörung, der zwei Unterrichtungen der Bundesregierung (18/10570, 18/10571), zwei Anträge der Linksfraktion (18/10471, 18/8610) und ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7371) zu Grunde lagen, sagte Hansen, dies führe zu Mehrbelastungen für Arbeitnehmer aber auch Arbeitgeber, die mit Sicherheit bei der Frage Arbeitsangebot/Arbeitsnachfrage eine große Wirkung hätten und für Wachstum und Beschäftigung von großem Nachteil sein würden. Allein die von Sozialministerin Andre Nahles (SPD) in ihrem Rentenkonzept enthaltene Zielgröße eines Rentenniveaus von 46 Prozent würde nach Aussage des BDA-Vertreters im Jahr 2040 zu einem Rentenversicherungsbeitragssatz von 25,8 Prozent führen. Ein Rentenniveau von 53 Prozent würde den Satz auf 29,4 Prozent erhöhen, sagte Hansen.

Professor Ursula Engelen-Kefer bewertete das anders. Das Rentenniveau müsse wieder auf 53 Prozent angehoben werden, forderte sie. Das Szenario eines Beitragssatzes von über 29 Prozent schocke sie dabei gar nicht. "Das müssen Arbeitnehmer ja heute schon bezahlen, da sie ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten müssen und zusätzlich noch vier Prozent ihres Bruttogehalten in Zusatzrenten investieren sollen", sagte Engelen-Kefer. Die frühere stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sagte, dass die gesetzliche Rente dringend gestärkt werden müsse. Es gelte den Vertrauensverlust in die gesetzliche Altersrente zu bekämpfen. Dies sei vor allem im Interesse der jüngeren Menschen.

Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) sagte, ob man das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben wolle, sei eine politische Entscheidung. Beachtet werden müsse jedoch, dass die Höhe des Rentenniveaus nichts über die tatsächliche Höhe der Renten aussage. In den vergangenen Jahren sei die Rente trotz des abgesenkten Rentenniveaus gestiegen. Als sehr sinnvoll bezeichnete er die im Rentenkonzept der Bundesregierung enthaltenen zwei Haltelinien bei den Beitragssätzen und beim Rentenniveau. Dies stelle sicher, dass die demografischen Belastungen nicht einseitig verteilt würden.

Für einen Bundeszuschuss aus Steuermitteln in die Rente sprach sich Markus Hofmann vom DGB aus. Damit könne man im Gesamtmix aus einer verantwortbaren Anhebung des Rentenniveaus und der Beitragssätze eine Finanzierung schaffen, die die Menschen nicht übermäßig belaste. Der Gewerkschaftsvertreter sprach sich zudem für eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent aus, der in einem zweiten Schritt eine Steigerung auf 50 Prozent folgen müsse.

Professor Axel Börsch-Supan nannte drei Problemgruppen bei der Altersarmut: die Kleinselbstständigen, die Erwerbsgeminderten und die Langzeitarbeitslosen. Hier müsse punktuell vorgegangen wie etwa mit der Erwerbsminderungsrente. Professor Eckart Bomsdorf stimmte dem zu. Das Drehen am Rentenniveau löse das Problem der Altersarmut nicht. Stattdessen müssten jene, die keine Alterssicherung haben, stärker einbezogen werden. Bomsdorf sprach sich zugleich für die Beibehaltung der Rentenanpassungsformel aus, die sich bewährt habe. Sie leiste einen akzeptablen Interessenausgleich zwischen der Generation der Rentner und der Beitragzahler.

Kritik an der Riester-Rente äußerte Constantin Papaspyratos vom Bund der Versicherten. Die Kostenstruktur der Riester-Rente sei insbesondere für Niedrig- und Geringverdiener nicht geeignet, urteilte er. Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte ein Verbot der Provisionen für Anlage- und Altersvorsorgeprodukte, da diese einen Interessenkonflikt darstellen würden. Mohn verwies auf Erfahrungen in Großbritannien, wo ein solches Provisionsverbot zu einer Steigerung der Beratungsqualität geführt habe. Zugleich seien die Produkte einfacher und kostengünstiger geworden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 038 - 24. Januar 2017 - 09.32 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2017

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