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BUNDESTAG/6583: Heute im Bundestag Nr. 336 - 29.05.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 336
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 29. Mai 2017, Redaktionsschluss: 14.52 Uhr

1. Disput über Bundespolizeibeauftragten
2. Arbeitszeitgesetz: Lob vom DGB
3. Schadsoftware über Online-Werbung


1. Disput über Bundespolizeibeauftragten

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Mit ihrer Forderung nach einem unabhängigen Bundesbeauftragten zur Aufklärung polizeilicher Fehler und Missstände erntet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen energischen Widerspruch der Betroffenen. In einer Anhörung des Innenausschusses sprachen Vertreter der Polizeigewerkschaften am Montag von einem "Generalverdacht" gegen die Beamten und von "politischer Paralleljustiz". Als "Element der Qualitätssicherung" und "Instrument moderner Mitarbeiterführung" möchten dagegen die Grünen den Vorschlag verstanden wissen. Ihrem Gesetzentwurf zufolge (18/7616) soll der Beauftragte vom Bundestag gewählt werden und für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zollverwaltung zuständig sein. Mindestens alle zwei Jahre solle er schriftlich Bericht erstatten.

Sympathie für den Gesetzentwurf äußerten in der Anhörung die beiden als Sachverständige geladenen unabhängigen Juristen. Hartmut Aden, Professor für Öffentliches Recht in Berlin, wies darauf hin, dass es in zahlreichen anderen Ländern, "sogar in manchen Nicht-Rechtsstaaten", nationale Beauftragte zu Beobachtung polizeilichen Verhaltens bereits gebe. Insofern hinke Deutschland der internationalen Entwicklung "etwas" hinterher. Der Gesetzentwurf enthalte "einiges interessantes Potenzial" und sei "grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung".

Nachholbedarf in Deutschland sah auch die Berliner Rechtsanwältin Anna Luczak, die Stellungnahmen des Deutschen Instituts für Menschenrechte und Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes erwähnte. Dieser haben in mehreren Verfahren, wenn auch bisher noch nicht gegen die Bundesrepublik, die Unabhängigkeit der ermittelnden Instanz bei Beschwerden gegen die Polizei als entscheidendes Kriterium hervorgehoben. Es dürfe nicht sein, dass in solchen Fällen Ermittler und Beschuldigte derselben Weisungskette unterlägen. Die geltende deutsche Rechtslage entspreche insofern nicht den Vorgaben des Gerichtshofes. Die Möglichkeit bestehe, dass Deutschland durch ein Urteil aus Straßburg gezwungen werden könne, einen Polizeibeauftragten zu berufen.

"Der Gesetzentwurf nimmt die Bundespolizei in einen Generalverdacht. Er schürt das Misstrauen", erklärte dagegen der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek. Die deutsche Polizei genieße hohes Ansehen in der Bevölkerung, gerade auch im Vergleich zu den Polizeien anderer Länder. Der Hinweis auf die internationale Rechtslage sei daher nicht stichhaltig: "Wir haben in Deutschland eine andere Polizeikultur, die von Transparenz und gegenseitiger Achtung ausgeht. Deshalb brauchen wir in Deutschland keinen Bundespolizeibeauftragten."

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, machte geltend, dass die Bundespolizei bereits über eine "Fülle von Einrichtungen" der Selbstkontrolle verfüge, und äußerte sich überzeugt, "dass es einer Ausweitung nicht bedarf". Ein vom Bundestag berufener und dem Parlament verantwortlicher Polizeibeauftragter wäre nach seinen Worten nichts anderes als eine Instanz der "politischen Paralleljustiz".

Auch Bundespolizeipräsident Dieter Romann hält nach eigenen Worten einen "Bundespolizeibeauftragten derzeit aus fachlicher Sicht für noch nicht ausreichend indiziert". Romann widersprach für seine Behörde der Vermutung der Sachverständigen Luczak, dass bei der Aufklärung von Beschwerden gegen polizeiliche Übergriffe Ermittler und Beschuldigte derselben Weisungskette unterlägen: "Wir geben jeden Verdachtsfall sofort an die zuständige Landespolizei und die Landesstaatsanwaltschaft ab. Wir ermitteln in strafrechtlich relevanten Fällen nicht gegen uns selbst." Seit Mai 2015 verfüge die Bundespolizei über eine "Vertrauensstelle", die auch anonyme Hinweise auf Verfehlungen oder Misstände entgegennehme. Sie habe im ersten Jahr ihre Bestehens 22 Eingaben registriert, im vorigen Jahr 44 und bis Mai diesen Jahres bereits 47.

Aus der Praxis einer Landesbeschwerdestelle berichtete Volker Schindler, der seit vier Monaten als Bürgerbeauftragter in Baden-Württemberg amtiert. Unter den Fällen, die er zu bearbeiten habe, beträfen 15 bis 25 Prozent Klagen über polizeiliches Fehlverhalten. Auch Schindler äußerte sich kritisch über den Gesetzentwurf der Grünen, die dem Polizeibeauftragten die Rolle eines Ermittlers in Straf- und Disziplinarverfahren zuschrieben. Die mittlerweile fünf Bürgerbeauftragten der Länder verstünden sich dagegen eher als Konfliktmediatoren. Zweifel äußerte Schindler zudem an der Unabhängigkeit eines Polizeibeaufragten, der vom Bundestag berufen werde und diesem berichtspflichtig sei.

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2. Arbeitszeitgesetz: Lob vom DGB

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/CHE) Der Deutsche Gewerkschaftsbund bewertet die von der Bundesregierung geplanten Änderungen des Arbeitszeitgesetzes positiv. Das wurde während einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagmittag deutlich. Gegenstand der Anhörung war ein Gesetzentwurf (18/12041) der Bundesregierung zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes beziehungsweise an dieses Gesetz im "Omnibusverfahren" angehängte zahlreiche andere Gesetzesänderungen. Sie betreffen unter anderem das Arbeitszeitgesetz, die Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) oder die Einführung des elektronischen Fingerabdrucks bei der Identitätsfeststellung im Asylverfahren.

Die Änderungen im Arbeitszeitgesetz sehen vor, dass die Tarifparteien des Bäckereihandwerks durch eine Öffnungsklausel die Möglichkeit erhalten, "dem Bedarf entsprechende Beschäftigungszeiten an Sonntagen von bis zu fünf Stunden für das Herstellen und weitere drei Stunden für das Austragen oder Ausfahren zuzulassen". Die Regelung bezieht sich auf die Betriebszeit und nicht auf die Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers. Diese Änderungen seien nötig, um die Wettbewerbschancen des Bäckereihandwerks herzustellen. Es sei wichtig, dass es bei der geplanten Verlängerungsmöglichkeit an Sonntagen bei der Betriebsbezogenheit der Ausnahmeregelungen bleibe. Würde sich diese stattdessen auf den einzelnen Arbeitnehmer beziehen, gäbe es faktisch keine Einschränkung der Sonntagsarbeit mehr, so der DGB. Dem Zentralverband des Deutschen Bäckereihandwerks gehen die Änderungen nicht weit genug. Er forderte, die zulässige Arbeitszeit für einzelne Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen auf acht Stunden auszuweiten und plädierte für eine personengebundene Regelung. Diese hätte zumindest einen zeitversetzten Einsatz von Mitarbeitern ermöglicht.

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3. Schadsoftware über Online-Werbung

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Verbreitung von Schadsoftware über Online-Werbung (,Malvertising')" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12392). Darin verweist die Fraktion darauf, dass der Markt für Onlinewerbung immer mehr an Bedeutung gewonnen habe. Charakteristisch für diesen Markt sei die "zentrale Rolle von Agenturen, die zwischen den Werbenden und den Webangeboten, auf denen Werbung geschaltet wird, vermitteln und dafür eigene Infrastruktur einsetzen". In Folge dessen sei es im Regelfall für die Betreiber einer Webseite "nicht mehr im Einzelnen nachvollziehbar oder steuerbar, wer dort Werbung betreibt".

Dieser Umstand werde bereits seit einiger Zeit zur Verbreitung von Schadsoftware ("Malware") ausgenutzt, heißt es in der Vorlage weiter. Diese Methode werde auch als "Malvertising" bezeichnet. Der weltweit durch Malvertising verursachte Schaden solle sich Schätzungen zufolge auf zirka eine Milliarde US-Dollar pro Jahr summieren.

Wissen wollen die Abgeordneten, welche Erkenntnisse die Bundesregierung über das Ausmaß an Malvertising und über den dadurch in Deutschland entstehenden Schaden hat. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, welche Empfehlungen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zum Schutz vor Malvertising herausgibt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 336 - 29. Mai 2017 - 14.52 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2017

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