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BUNDESTAG/6602: Heute im Bundestag Nr. 355 - 01.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 355
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 01. Juni 2017, Redaktionsschluss: 16.31 Uhr

1. Umsatzsteuerbetrug auf Online-Plattformen
2. Einheitsdenkmal soll errichtet werden
3. Förderung der Minderheitensprachen
4. Zahl der Geldwäsche-Meldungen gestiegen
5. Handel mit Neuseeland und Australien
6. Bewertung des PKGr zum Fall Amri


1. Umsatzsteuerbetrug auf Online-Plattformen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs auf Online-Handelsplattformen. In einem Antrag (18/12556) wird die Bundesregierung aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wie die Abgeordneten erläutern, steigt der Marktanteil von Handelsplattformen im Internet ständig. Zugleich würden sich die Anzeichen mehren, dass besonders in China ansässige Händler keine Umsatzsteuer abführen würden. Die Fraktion zitiert Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft, wonach sich der Schaden durch diesen Umsatzsteuerbetrug auf mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr belaufe. Sämtliche Online-Marktplätze würden ein Steuerausfallrisiko bergen.

Mit dem Gesetzentwurf müsse erreicht werden, dass die an der Abwicklung der Geschäfte Beteiligten an den steuerlichen Pflichten der leistenden Unternehmer beteiligt würden, etwa durch eine Gesamtschuldnerschaft, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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2. Einheitsdenkmal soll errichtet werden

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmal soll noch in der laufenden Legislaturperiode durch Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU) veranlasst werden. Dies fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in einem gemeinsamen Antrag (18/12550) unter Berufung auf die Beschlüsse des Bundestages vom 9. November 2007 und vom 4. Dezember 2008 zur Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals. Nach dem Willen von Union und Sozialdemokraten soll der Denkmalsentwurf "Bürger in Bewegung" von Milla & Partner auf der Berliner Schlossfreiheit bis zur Einweihung am 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution im Herbst 2019 realisiert werden. Im Gegenzug soll auf die Rekonstruktion der Kolonnaden des Kaiser-Wilhelm-Denkmals verzichtet werden. Zur Finanzierung des Vorhabens sollen die ursprünglich im Bundeshaushalt 2009 zur Verfügung gestellten Mittel erneut zur Verfügung und gegebenenfalls aufgestockt werden.

Der Haushaltsausschuss hatte im April 2016 die Mittel für den Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmal wegen Kostensteigerungen gesperrt. In den Bundeshaushalt für 2017 waren dann Mittel für die Rekonstruktion der Kolonnaden des Kaiser-Wilhelm-Denkmals eingestellt worden.

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3. Förderung der Minderheitensprachen

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AW) Anlässlich des 25. Jahrestages der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sprechen sich die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD dafür aus, die politische Partizipation der anerkannten nationalen Minderheiten und der Sprecher der Regionalsprache Niederdeutsch weiter zu stärken. In ihrem gemeinsamen Antrag (18/12542) fordern die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung unter anderem auf zu prüfen, ob das im Gerichtsverfassungsgesetz geregelte Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht Sorbisch zu sprechen, auf die anderen anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland sowie die Sprechergruppe der Regionalsprache Niederdeutsch ausgeweitet werden soll. Ebenso soll geprüft werden, ob das Minderheitennamensänderungsgesetz so geändert werden kann, dass es Sorbinnen künftig möglich ist, die sorbische weibliche Form des Nachnamens zu führen. Nach dem Willen von Union und Sozialdemokraten soll die Bundesregierung Initiativen zur Förderung von Regional- und Minderheitensprachen in Bildungseinrichtungen, insbesondere Konzepte zur stärkeren Vermittlung in diesen Sprachen an die junge generation, unterstützen.

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde am 5. November 1992 vom Europarat verabschiedet und bislang von 25 Staaten ratifiziert. Deutschland gehört zu den Erstunterzeichnern und ratifizierte die Charta 1998. Damit hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, die Sprachen der vier anerkannten nationalen Minderheiten - das Dänische, das Nord- und Saterfriesische, das Nieder- und Obersorbische und das Romanes - sowie die Regionalsprache Niederdeutsch zu schützen und zu fördern.

Die Koalitionsfraktionen weisen in ihrem Antrag darauf hin, dass die sprachliche Vielfalt in Deutschland und Europa nach wie vor akut gefährdet sei. Nach Schätzungen der Unesco werde die Hälfte der weltweit über 6.000 gesprochenen Sprachen bis Ende dieses Jahrhunderts aussterben, wenn nichts dagegen unternommen wird.

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4. Zahl der Geldwäsche-Meldungen gestiegen

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Zentralstelle für Geldwäsche-Verdachtsmeldungen (Finance Intelligence Unit - FIU) verzeichnet seit mehreren Jahren einen massiven Anstieg der eingehenden Verdachtsmeldungen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/12521) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12176) schreibt, hat sich die Zahl der Meldungen seit 2012 verdoppelt. Wurden 2014 noch 24.054 Meldungen abgegeben, so stieg deren Zahl im Jahr 2015 auf 29.108. Daher werde das Personal der FIU auf 165 Stellen ausgebaut.

Außerdem teilt die Regierung mit, dass zwischen 2011 und 2015 79 Verfahren gegen Kreditinstitute wegen Verstoßes gegen geldwäscherechtliche Bestimmungen eingeleitet worden seien. Weitere 59 Verfahren seien gegen Leitungspersonen von Kreditinstituten eingeleitet worden.

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5. Handel mit Neuseeland und Australien

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Deutsche Unternehmen haben im Jahr 2015 Waren im Wert von 8,44 Milliarden Euro nach Australien exportiert. Das geht aus der Antwort (18/12312) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12019) hervor. Der Wert der Exporte nach Neuseeland lag im Jahr 2015 bei 1,08 Milliarden Euro. Die meisten Waren stammten demnach aus den Bereichen Kfz und Kfz-Teile, Maschinen und Elektrotechnik. Deutschland wiederum importierte aus Australien vor allem Kohle, Metallerze, Arznei- und Nahrungsmittel, aus Neuseeland Nahrungsmittel, Rohstoffe und Messtechnik.

Die jüngsten Zahlen zu Investitionen stammen aus dem Jahr 2013. Die deutschen Direktinvestitionen in Australien beliefen sich in diesem Zeitraum auf 16,35 Milliarden Euro, die in Neuseeland auf 697 Millionen Euro.

Bezüglich der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit Australien und mit Neuseeland verweist die Bundesregierung auf eine Ankündigung der Europäischen Kommission. Diese wolle demnach in Kürze ein Verhandlungsmandat im Europäischen Rat für die Aufnahme der Verhandlungen einholen. Einen Zeitplan habe die Kommission bisher nicht veröffentlicht.

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6. Bewertung des PKGr zum Fall Amri

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Eine "erläuternde Sachverhaltsdarstellung zur öffentlichen Bewertung des Parlamentarischen Kontrollgremiums" (PKGr) vom 29. März dieses Jahres zum Fall des Attentäters Anis Amri, bei dessen Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 zwölf Menschen ums Leben kamen, liegt als Unterrichtung (18/12585) durch das Gremium vor. Sie befasst sich unter anderem mit den Aktivitäten Amris in Deutschland, der Gefährdungsbewertung im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) sowie mit "Kenntnislage und Tätigwerden" des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND). Daneben beinhaltet sie auch die Sondervoten der Abgeordneten André Hahn (Die Linke) und Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) sowie als Anlage die öffentliche Bewertung des PKGr vom 29. März zum Bericht seines Ständigen Bevollmächtigten.

Dieser sollte laut Vorlage im Auftrag des Gremiums die Tätigkeit des BfV und des BND einschließlich der Zusammenarbeit mit weiteren Behörden im GTAZ im Zusammenhang mit dem Fall Amri untersuchen. Am 29. März legte er dem PKGr seinen Bericht vor, auf dessen Grundlage das Gremium zu seiner Bewertung kam.

Danach wurde "aufgrund der polizeilich etablierten Betrachtung der Gefährdungshinweise" die von Amri ausgehende Gefahr falsch eingeschätzt. Amri als sehr gefährlich einzuschätzen, sei "auf Basis der vielfältigen vorliegenden Informationen zwingend" gewesen. Um so unverständlicher sei, "dass seine Handlungsspielräume, insbesondere nach Einstellung der Überwachungsmaßnahmen ab dem 21. September 2016, nicht konsequenter eingeschränkt wurden".

Ferner stellte das PKGr in seiner Bewertung fest, dass das System der Gefährdungsbewertung zur Wahrscheinlichkeit einzelner Anschlagshinweise zu kurz greife und weiterentwickelt werden müsse. Die persönliche Gefährlichkeit des Verdächtigen müsse systematisiert bewertet und in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden. Ein einheitliches Vorgehen bei der Behandlung von Gefährdern sei notwendig, "also die koordinierende Steuerung von Informationen und Maßnahmen". Zugleich bedürfe es bundesweit einheitlicher Instrumente für den Umgang mit Gefährdern.

Eine solche einheitliche Behandlung von Gefährdern werde auch eine engere Einbindung von Justiz und Ausländerbehörden erfordern, heißt es in den Feststellungen des PKGr unter anderem weiter. In diesem Zusammenhang sei es notwendig, regelmäßig bei Gefährdern eine Bündelung sämtlicher Verfahren bei einer Staatsanwaltschaft zu prüfen. Die derzeitigen Mechanismen der Information der kommunalen Ausländerbehörden über Gefährder und die entsprechenden Zusammenarbeitsformen mit den Sicherheitsbehörden für die gegenwärtige Gefährdungslage seien nicht ausreichend. Zudem sei der BND bei Auslandsbezügen in derartigen Sachverhalten stärker einzubinden.

Wie aus der Unterrichtung ferner hervorgeht, heißt es in Ströbeles Sondervotum vom 18. April 2017 unter anderem, der Anschlag Amris "hätte nicht nur verhindert werden können, sondern hätte auch verhindert werden müssen", doch hätten die Sicherheitsbehörden versagt. Verantwortlich für das "Versagen der Bundesbehörden" sei die Bundesregierung. Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt (BKA) hätten "ihre Aufgaben und Pflichten zur Verhinderung und Verfolgung terroristischer Straftaten nicht erfüllt, als sie die Übernahme des Falles Amri in federführender Zuständigkeit ablehnten". Die Sicherheitsbehörden in Bund und den betroffenen Ländern hätten bis zum Anschlag gewusst, dass Amri äußerst gefährlich war. "Nicht gehandelt zur Gefahrenabwehr" hätten BKA, BfV sowie die Landeskriminalämter und Landesbehörden für Verfassungsschutz in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Das "Totalversagen der Sicherheitsbehörden" erinnere "an das beim NSU".

Hahn führt der Vorlage zufolge in seinem Sondervotum vom 31. Mai aus, dass der vom Ständigen Bevollmächtigten vorgelegte Bericht "unvollständig und daher nur bedingt beziehungsweise gar nicht geeignet" sei, die Vorgänge um den Anschlag umfassend aufzuklären. Das liege insbesondere daran, dass dem PKGr von den Behörden in Nordrhein-Westfalen "so gut wie keine Unterlagen übergeben" worden seien. Auch suggeriere der Bericht, dass die zuständigen Behörden fast alles richtig gemacht hätten, was aber offenkundig nicht der Fall gewesen sei. Es habe "schwere Pannen, Versäumnisse und Fehlentscheidungen" gegeben, "die in dem Bericht und auch in der Bewertung des Kontrollgremiums nur unzureichend oder gar nicht zur Sprache kommen", heißt es unter anderem in dem Sondervotum Hahns, der sich darin den Kernaussagen Ströbeles anschließt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 355 - 1. Juni 2017 - 16.31 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2017

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