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BUNDESTAG/6719: Heute im Bundestag Nr. 472 - 24.08.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 472
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 24. August 2017, Redaktionsschluss: 10.45 Uhr

1. Mafiakriminalität in Deutschland
2. Islamistische Terrorgruppen im Kaukasus
3. Regierung: BAföG bleibt wirksam


1. Mafiakriminalität in Deutschland

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Fragen zur "italienischen Mafiakriminalität in Deutschland" sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/13320) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/13198). Danach befindet sich das Schadens- und Bedrohungspotenzial der Organisierten Kriminalität (OK) in Deutschland weiterhin auf einem hohen Niveau. Täter der OK betätigten sich in allen Kriminalitätsbereichen. OK-Gruppierungen machten vor nationalen Grenzen nicht halt, sondern arbeiteten eng mit Gruppierungen aus dem Ausland zusammen.

Den Angaben zufolge werden nach derzeitigen Erkenntnissen der Bundesregierung mehr als 560 Personen als mutmaßliche Mitglieder von Gruppierungen der italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) in Deutschland zugerechnet. Die aus Sicht der Bundesregierung in der IOK-Bekämpfung bedeutendste Gruppierung ist - gemessen an der Gesamtzahl der gegen sie geführten OK-Ermittlungsverfahren sowie der Gesamtzahl ihrer sich dauerhaft in Deutschland aufhaltenden mutmaßlichen Mitglieder - die "'Ndrangheta", wie aus der Antwort weiter hervorgeht.

Mit Stand Juni 2017 liegen der Bundesregierung danach Informationen über 333 in Deutschland wohnhafte beziehungsweise sich dauerhaft aufhaltende mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta vor. Wie die Bundesregierung ferner ausführt, wurden ihrer Kenntnis nach in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland 65 OK-Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der 'Ndrangheta geführt; die Kriminalitätsfelder umfassten hierbei "Rauschgiftkriminalität, Eigentumskriminalität, Geldwäsche, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Gewaltkriminalität, Steuer-/Zolldelikte, Wirtschaftskriminalität und Waffenhandel".

Bei der "Camorra" sowie der "Cosa Nostra" handelt es sich der Antwort zufolge gemessen an der Gesamtzahl der gegen diese Gruppierungen geführten OK-Ermittlungsverfahren sowie der Gesamtzahl ihrer sich dauerhaft in Deutschland aufhaltenden mutmaßlichen Mitglieder aus Sicht der Bundesregierung um zwei in der IOK-Bekämpfung "bedeutende" Gruppierungen, wie der Vorlage ferner zu entnehmen ist. Mit Stand Juni 2017 liegen der Bundesregierung danach Informationen über 124 in Deutschland wohnhafte beziehungsweise sich dauerhaft aufhaltende mutmaßliche Mitglieder der Cosa Nostra sowie über 87 der Camorra vor. Gegen mutmaßliche Mitglieder der Cosa Nostra seien nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland 13 OK-Ermittlungsverfahren geführt worden und gegen mutmaßliche Mitglieder der Camorra 18 OK-Ermittlungsverfahren.

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2. Islamistische Terrorgruppen im Kaukasus

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Über ihre Kenntnisse über islamistische terroristische Organisationen im Nordkaukasus berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/13319) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/13196). Wie die Bundesregierung darin ausführt, galt als bedeutendste Organisation "bisher das sogenannte ,Kaukasische Emirat' (KE), das im Oktober 2007 proklamiert wurde und vorrangig im russischen Nordkaukasus aktiv ist beziehungsweise war". Ihr langfristiges Ziel sei die Gründung eines islamischen Zentralstaates.

Das KE bekannte sich den Angaben zufolge unter anderem zu den Anschlägen auf die Moskauer Metro 2010 sowie zu dem Sprengstoffanschlag auf den Flughafen Domodedovo Anfang 2011 in Moskau. Die Organisation stehe seit vielen Jahren unter hohem Verfolgungsdruck der russischen Sicherheitsbehörden und verliere seit 2012 kontinuierlich an Bedeutung. Viele ihrer "Kämpfer" seien nach Syrien abgewandert, zudem habe sie im Nordkaukasus schwere Verluste auf Führungsebene erlitten. Im Jahr 2011 sei die die Organisation in die al-Qaida-Sanktionsliste der Vereinten Nationen aufgenommen worden.

In Deutschland ist das KE laut Bundesregierung als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft. Belegbare Aktivitäten des KE in Deutschland seien nicht bekannt.

Ab dem 23. Juni 2015 sollen Angehörige des KE dem sogenannten "Islamischen Staat" (IS) die Treue geschworen haben, woraufhin die IS-loyale Gruppe "Vilayat Kavkaz" gebildet wurde, wie die Bundesregierung weiter schreibt. So habe Aslan Byutukayev, einer der ehemals einflussreichsten Kommandeure des KE, im Juni 2015 mittels einer Audiobotschaft seinen Treueeid gegenüber dem sogenannten IS geleistet. In der Folge sei Ende Juni 2015 die "IS-Provinz Kaukasus" mit Rustam Aselderov als "Emir" an der Spitze ausgerufen worden. Diese Provinz umfasse die Regionen Tschetschenien, Dagestan, Inguschetien und Karbadino-Balkarien.

"Unter der Flagge des IS sollen bis zu 7.000 Jihadisten aus Russland und anderen GUS-Staaten kämpfen. Allein aus Dagestan sollen 1.200 dieser Kämpfer stammen", heißt es in der Vorlage ferner. Dies habe die größte nordkaukasische Republik im Dezember 2016 offiziell verlauten lassen.

Wie aus der Antwort zudem hervorgeht, hat die "Provinz Kaukasus" des sogenannten IS seit dem Tod von Aselderov Anfang Dezember 2016 keinen "Emir" mehr. Daneben existierten weitere kleinere, teilweise unabhängig agierende Zellen, die zahlenmäßig weniger bedeutend seien. Von Aktivitäten islamistischer terroristischer Organisationen besonders betroffen seien die Teilrepubliken Inguschetien und Dagestan.

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3. Regierung: BAföG bleibt wirksam

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Die Bundesregierung widerspricht dem Vorwurf von Bündnis 90/Die Grünen, dass es beim Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) einen "Wirksamkeitsverlust" gibt. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/13325) auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (18/13195). Ziel des BAföG sei die Sicherung von Chancengleichheit. Diese lasse sich an der Zahl der Bildungsteilnehmer zur Erreichung eines qualifizierten und berufsqualifizierenden schulischen oder akademischen Bildungsabschlusses messen und nicht an der bloßen Zahl der während ihrer Ausbildung mit BAföG Geförderten.

Da es in 2016 eine BAföG-Novelle gegeben hat, hält die Bundesregierung die Schlussfolgerung für nicht nachvollziehbar, dass ein Rückgang der Zahlen von Geförderten als solcher bereits als Beleg für einen angeblichen "Wirksamkeitsverlust" des BAföG taugen könnte. Die Zahlen bezögen sich auf das gesamte Kalenderjahr 2016, also auch auf die Zeit vor dem vollen Inkrafttreten des 25. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföGÄndG). Auch die Befunde der 21. Sozialerhebung bezögen sich auf die Situation vor der Novelle und könnten daher für eine Bewertung des aktuellen Stands nicht ohne weiteres herangezogen werden.

Das BAföG gewährleiste nach dem Subsidiaritätsprinzip Förderungsansprüche regelmäßig nur dann, wenn Schülern beziehungsweise Studenten oder deren zum Unterhalt verpflichtete Eltern selbst keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stünden. Wenn daher dank gestiegener Einkommen weniger Auszubildende auf staatliche Leistungen nach dem BAföG angewiesen seien, sei dies keineswegs als Beleg für einen angeblichen "Wirksamkeitsverlust" des BAföG zu werten, führt die Bundesregierung aus.

Die Bundesregierung schlüsselt auf, dass laut der aktuellen Bundesstatistik des Statistischen Bundesamtes 2016 insgesamt rund 162.000 Personen mit dem Aufstiegs-BAföG gefördert worden seien. Damit konnte der noch 2015 zu verzeichnende Rückgang um fast sechs Prozent bei den AFBG-Geförderten mit der Novelle des Gesetzes und dem neuen Aufstiegs-BAföG bereits in den ersten Monaten nach Inkrafttreten der Novelle gestoppt werden. Die mit dem 3. Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBGÄndG) vorgenommenen Verbesserungen zeigten insofern - auch mit Blick darauf, dass die Novelle nur in fünf Monaten des Kalenderjahres 2016 greifen konnte - bereits erste Wirkung. Laut Bundesregierung sind im Jahr 2014 insgesamt 924.770 Studenten gefördert worden. Im Jahr 2015 waren es 870.455 und in 2016 noch 822.933.

Dies macht laut Bundesregierung deutlich, dass die volle Wirkung der deutlichen Anhebungen der Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge zum Sommer/Herbst 2016 zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gemessen werden könnten. Dies gelte auch für die gerade bekannt gewordene BAföG-Statistik 2016.

Im Übrigen argumentiert die Bundesregierung, dass der aktuelle BAföG-Höchstförderungssatz von 735 Euro dem entspreche, was ein auswärts wohnender erwachsener Student derzeit unterhaltsrechtlich nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle an Barunterhaltsleistungen von seinen Eltern erwarten darf. Die an Schüler oder Studenten weitergeleitete Kindergeldleistungen blieben für BAföG-Empfänger zudem ganz ohne Anrechnung, stünden also gegebenenfalls zusätzlich zur Verfügung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 472 - 24. August 2017 - 10.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2017

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