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BUNDESTAG/8177: Heute im Bundestag Nr. 312 - 21.03.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 312
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 21. März 2019, Redaktionsschluss: 16.10 Uhr

1. Marokkaner warnten viermal vor Amri
2. Dauer der Juristenausbildung
3. Grüne wollen Richter-Fortbildung fördern
4. AfD-Fraktion will EZB befragen können


1. Marokkaner warnten viermal vor Amri

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Der marokkanische Inlandsgeheimdienst DGST hat im Herbst 2016 in einem Zeitraum von vier Wochen viermal auf verdächtige Aktivitäten des späteren Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri hingewiesen. Dies berichtete der zuständige Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamtes (BKA) in Rabat am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Der heute 47-jährige Robin O'Debie vertritt seine Behörde seit Anfang 2015 in Marokko und Mauretanien. Zuvor war er kurzzeitig im Libanon, in Tunesien und Algerien tätig gewesen. Die Mitteilungen über Amri seien zeitgleich auch dem Residenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Rabat zugeleitet worden, sagte der Zeuge.

Der erste Hinweis sei am 20. September, der letzte am 17. Oktober 2016 eingegangen. Die Marokkaner hätten von Amri als von einem "Islamonauten" gesprochen, was in ihrer Terminologie die Bezeichnung für einen Islamfanatiker sei, der durch Aktivitäten im Internet auffällig werde. Die mitgelieferten Bilder Amris seien erkennbar dessen Facebook-Profil entnommen worden. Ihrerseits habe sich die marokkanische Seite nach Telefonnummern und Kontaktpersonen Amris in Deutschland erkundigt. Die Abteilung Staatsschutz beim BKA habe auf diese Fragen hin allerdings nur bestätigen können, dass ihr die Person Amri bekannt sei.

O'Debie rühmte die Zusammenarbeit mit den marokkanischen Sicherheitsbehörden als "sehr gut", sogar "herausragend" und vertrauensvoll. Fragen würden in kürzestmöglicher Frist beantwortet, wobei die Marokkaner "immer sehr werthaltige Informationen" lieferten. Auch über Amri seien sie zum Teil recht genau unterrichtet gewesen. So hätten sie gewusst, dass der gebürtige Tunesier vor seiner Einreise nach Deutschland vier Jahre lang in Italien im Gefängnis gesessen hatte.

Die Mitteilung, dass Amri in nächster Zeit in Deutschland möglicherweise irgendetwas im Schilde führen könnte, sei allerdings wohl nicht konkret genug gewesen, um im BKA gleich alle Alarmglocken schrillen zu lassen. Im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) der deutschen Sicherheitsbehörden kamen die Warnungen aus Marokko am 2. November 2016 zur Sprache. Verabredet wurde, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Plausibilität der Hinweise überprüfen sollte. Dies geschah zunächst durch eine Anfrage bei einem US-Nachrichtendienst, die freilich unbeantwortet blieb.

Auf seinem Schreibtisch seien im Laufe des Jahres 2016 rund 110 "operative Vorgänge" gelandet, von denen etwa 30 im Zusammenhang mit Hinweisen auf radikalislamische Aktivitäten gestanden hätten, berichtete der Zeuge. Unter diesen seien die vier Mitteilungen der DGST zum Fall Amri in keiner Weise "außergewöhnlich" gewesen. Etwa zwei bis drei Tage nach Eingang der letzten beiden Hinweise am 17. Oktober habe er seine marokkanischen Ansprechpartner zu einer Unterredung aufgesucht, in der es unter anderem um die Frage gegangen sei, woher sie ihre Informationen über Amri hatten. In der Regel sei es so gewesen, dass die marokkanischen Dienste auf der Suche nach Islamisten das Internet, insbesondere Facebook, "detailliert" ausgewertet hätten.

Seine eigene Rolle in Rabat beschrieb O'Debie als die eines "Briefboten" beim Informationsaustausch deutscher und marokkanischer Sicherheitsbehörden. Er habe in gut vier Jahren rund 500 "operative" und 250 "Grundsatzvorgänge" bearbeitet. Diese beträfen die deutsche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für die marokkanische Polizei, mit der er ebenfalls befasst sei.

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2. Dauer der Juristenausbildung

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/mwo) Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (Studien- und Prüfungszeit im Studiengang "Rechtswissenschaft mit Abschluss erste Prüfung") vorgelegt (19/8581). Mit dem Gesetzentwurf wird die Studien- und Prüfungszeit für den Studiengang auf fünf Jahre erhöht, wie es in der Vorlage heißt. Damit werde den im Zuge der Reform der Juristenausbildung 2002/2003 vorgenommenen Änderungen und tatsächlichen Anforderungen des Studiengangs angemessen Rechnung getragen. Was Studien- und Prüfungszeit anbelangt, werde der Studiengang Masterstudiengängen gleichgestellt.

Zur Begründung heißt es, die mit der Reform erhöhte Dauer für Studium und Prüfungszeitraum auf insgesamt viereinhalb Jahre habe sich als zu niedrig erwiesen, wie die tatsächliche durchschnittliche Verlängerung der Studienzeiten zeige. Die Festlegung der Studien- und Prüfungsdauer habe unmittelbare Auswirkungen auf die Förderung der Studenten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und damit mittelbare Auswirkungen auf die Erfolgschancen der auf staatliche finanzielle Hilfe angewiesenen Studenten, heißt es weiter.

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3. Grüne wollen Richter-Fortbildung fördern

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/mwo) Der Bundestag soll die Bundesregierung auffordern, die Qualifizierung von Richtern gesetzlich zu verankern. Einen entsprechenden Antrag (19/8568) hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt. Danach soll im Deutschen Richtergesetz das Recht und die Pflicht für Richter aufgenommen werden, sich zur Erhaltung und Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten fortzubilden nebst einer Verpflichtung der Dienstherren, dies durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. In das Gerichtsverfassungsgesetz sollen spezifische qualitative Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter und -richterinnen aufgenommen werden. Zudem soll das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geändert werden.

Zur Begründung heißt es, die Verbesserung der Qualität des familiengerichtlichen Verfahrens sei ein seit langem dringliches und allseits unterstütztes Vorhaben. Es gelte, unbeschadet des hohen Engagements der Familienrichter, endlich die nötigen strukturellen Veränderungen ins Werk zu setzen. Die Bundesregierung sei hier trotz eines einstimmigen Beschlusses des Bundestages vom Juli 2016 nach wie vor untätig.

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4. AfD-Fraktion will EZB befragen können

Bundestagsnachrichten/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die AfD-Fraktion strebt eine Regelung zum sogenannten bankenunionalen Fragerecht des Bundestages an. Dabei geht es um das Recht von Abgeordneten, sich von der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Ausschuss für einheitliche Abwicklung (SRB - Single Resolution Board) informieren zu lassen.

Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag (19/8558) konkret, die Regelung zu "Kleinen Anfragen" laut Paragraf 104 der Geschäftsordnung des Bundestages um eine "Bankenunionale Anfrage" und eine "Große bankenunionale Anfrage" zu erweitern.

Demnach sollen einzelne Mitglieder des Bundestages von der EZB und dem SRB auf Anfragen und Bemerkungen schriftliche Antworten verlangen können. Die Anfragen und Bemerkungen sollen beim Präsidenten eingereicht und von diesem an die Befragten weitergeleitet werden mit der Aufforderung, sie innerhalb eines Monats zu beantworten. Der Präsident solle die Antworten entgegennehmen und an die Fragesteller weiterleiten.

Die AfD fordert sodann, mit einer Ergänzung von Paragraf 75 der Geschäftsordnung des Bundestages die Anfragen und Bemerkungen an die EZB oder den SRB sowie deren Antworten auf die Tagesordnung des Parlaments setzen zu können.

Mit der Vorlage werde eine Regelungslücke geschlossen, heißt es zur Begründung in dem Antrag. In der Eurokrise habe Deutschland weitere Hoheitsrechte an die EU abgegeben, im Rahmen der Bankenunion, die hauptsächlich in zwei Verordnungen geregelt sei: der SSM-Verordnung (Single Supervisory Mechanism) und der SRM-Verordnung (Single Resolution Mechanism). Mit der SSM-Verordnung werde die Aufsicht über die Großbanken in der Eurozone geregelt, mit der SRM-Verordnung die Abwicklung von Großbanken in der Eurozone.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 312 - 21. März 2019 - 16.10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2019

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