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BUNDESTAG/8263: Heute im Bundestag Nr. 400 - 10.04.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 400
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 10. April 2019, Redaktionsschluss: 14.04 Uhr

1. Senkung der Stromsteuer abgelehnt
2. Vom Teufelskreislauf zum Kreislauf
3. Kinderchancengeld der FDP abgelehnt
4. Umgang mit Kohle-Kommission-Beschluss
5. Stand bei der ePrivacy-Verordnung
6. Bürokratie bei Rentenbesteuerung
7. Umsetzung der Grundsteuer-Reform


1. Senkung der Stromsteuer abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Eine Senkung der Stromsteuer wird es vorerst nicht geben. Der Finanzausschuss lehnte in seiner Sitzung am Mittwoch unter Leitung der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) einen entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion (19/8268) ab. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stimmten ebenso wie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen den Antrag. AfD-Fraktion und Fraktion Die Linke enthielten sich. Die FDP-Fraktion stimmte zu. Die Stromsteuer sollte nach Vorstellungen der FDP-Fraktion ab 2021 auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Die Finanzierung könne durch steigende Einnahmen aus dem Emissionshandel, insbesondere aufgrund einer Ausweitung des Handels auf die Sektoren Verkehr und Wärme, erfolgen. Nach Angaben der FDP-Fraktion ist Strom für private Haushalte in knapp 20 Jahren um 70 Prozent teurer geworden.

Beschlossen wurde nach einer vom Ausschuss vorgenommenen Änderung der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften (19/8037). Damit sollen Befreiungen von der Steuer beihilferechtskonform ausgestaltet werden. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Die AfD-Fraktion lehnte ab, die anderen Fraktionen enthielten sich. Abgelehnt wurden zwei Entschließungsanträge der FDP-Fraktion und ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

In der Aussprache betonte die CDU/CSU-Fraktion die Bedeutung der Anpassung an die Beihilfevorschriften. Forderungen nach einer Senkung der Stromsteuer seien diskussionswürdig, aber in diesem Gesetzgebungsverfahren unangemessen. Ähnlich äußerte sich die SPD-Fraktion, nach deren Ansicht die Oppositionsforderungen in einem anderen Kontext diskutiert werden könnten.

Die AFD-Fraktion bemängelte die "ausufernde Bürokratie" in dem Gesetzentwurf. Diese Kritik kam auch von der FDP-Fraktion, die zudem Steuerbefreiungen für bestimmte Wasserkraftwerke verlangte. Die Linksfraktion erklärte, einige Punkte seien nicht ausreichend gelöst worden. Bündnis 90/Die Grünen kritisierten, Kritikpunkte der Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung an zu starker Bürokratie und der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe seien nicht aufgegriffen worden.

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2. Vom Teufelskreislauf zum Kreislauf

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit haben sich am Mittwochmittag mit dem Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten befasst. Unter der titelgebenden Frage "Wie können wir Rezyklate aus Kunststoffverpackungen verstärkt im Kreislauf führen?" diskutierten die Abgeordneten im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs mit vier geladenen Sachverständigen etwa, ob etwa eine Rezyklat-Quote ein Weg sein könnte, den Einsatz von und die Nachfrage nach den Sekundär-Rohstoffen zu erhöhen. Zudem wurde auch debattiert, inwiefern Anforderungen an die Haltbarkeit von Verpackungen angepasst werden könnten, um den Einsatz von recyclingfreundlicheren Materialien zu ermöglichen.

Isabell Schmidt (IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V.) sagte, die von ihrem Verband repräsentierten Verpackungs-Hersteller begrüßten die politisch angestrebte Schließung der Stoffkreisläufe. Die Branche habe sich das Ziel gesetzt, bis 2025 90 Prozent recycling- oder mehrwegfähige Verpackungen auf den Markt zu bringen, aktuell liege die Quote bei 75 Prozent. Zudem wolle die Branche bis dahin eine Million Tonnen Recycling-Kunststoffe oder nachwachsende Rohstoffe einsetzen, der Ist-Stand 2017 liege bei 400.000 Tonnen. Der Einsatz von Rezyklaten werde aktuelle durch die fehlende Eignung für den Lebensmittelkontakt, Qualitätseinschränkungen wie etwa Graufärbungen und mangelnde Liefersicherheit gehemmt. Zudem bestünden marktseitig Hemmnisse in der mangelnden Vermarktungsfähigkeit, fehlenden Qualitätsstandards sowie einer teils geringen Preistoleranz. Schmidt regte Verbesserung bei der Sammlung an sowie einen neuen Recyclingpfad beispielsweise für PET-Schalen. Zudem müsse darüber nachgedacht werden, Anforderungen an Mindesthaltbarkeit zu überdenken, um recyclinggerechteres Design ("Design for Recycling") zu ermöglichen.

Michael Wiener (DSD - Duales System Holding GmbH & Co. KG) verwies darauf, dass für Rezyklat-Hersteller vor allem die mangelnde Nachfrage ein großes Problem sei. Das verhindere Investitionen und technologische Weiterentwicklung. Zudem seien Rezyklate meist um 25 Prozent teurer als neue Kunststoffe (Primärkunststoffe), weil externe Kosten in letztere nicht eingepreist würden. Dies führe zu einem "Teufelskreislauf", der die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe verhindere. Wiener forderte eine verbindliche dynamische Quote für den Einsatz von Rezyklaten. Demnach sollte für 2020 eine Rezyklateinsatz-Quote für Verpackungen und Produkte von 20 Prozent angesetzt werden, die bis 2025 auf 40 Prozent steigen sollte. Eine solche Quote würde den Markt "deutlich und verlässlich ankurbeln". Dafür müssten allerdings auch Normen und Mindeststandards geschaffen werden. Wiener regte weiterhin an, die Forschung durch die Schaffung eines Recyclinginstituts zu stärken.

Eric Rehbock (bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.) sagte, man müsse dahin kommen, dass der Nicht-Einsatz von Rezyklaten gerechtfertigt werden müsse. Dabei sei auch die Politik und die öffentliche Hand in der Pflicht, stellte Rehbock klar. Aktuell betrage der Rezyklatanteil an der verarbeiteten Kunststoffmenge in Deutschland 12,3 Prozent. Diese Rezyklate stammten aber zu 60 Prozent aus Abfällen, die bei Herstellung- und Verarbeitung anfielen.

Wie auch andere Sachverständige betonte Rehbock die Bedeutung des "Design for Recycling". Insbesondere mehrlagige Folien stellten aktuell ein Problem dar, diese seien "nicht auseinanderzukriegen". Würde man die Anforderungen an die Haltbarkeit reduzieren, könnte recyclingfähigeres Material eingesetzt werden. Zudem müssten Ansprüche je nach Einsatzart der Rezyklate unterschieden werden. So stellten sich unterschiedliche Anforderungen an Lebensmittelverpackungen, Verpackungen für Kosmetika oder eine Putzmittelflasche. Rehbock kritisierte, dass - obwohl die dualen Systeme dafür "fleißig bezahlen" - die kommunale Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung gelitten habe. Zudem gebe es sehr kontraproduktive kommunale Systeme für die Restmüllsammlung, die zu einem hohen Verschmutzungsgrad bei der Sammlung von Verpackungsabfällen führten und zu Problemen in den Sortieranlagen.

Henning Wilts (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH) sagte, dass in Deutschland Abfall noch zu wenig genutzt werde. So gebe es zwar eine hohe Verwertungsquote, die Nachfrage nach Rezyklaten sei aber gering. In der Kreislaufwirtschaft werde aktuell zu sehr auf die Optimierung der Einzelschritte fokussiert und zu wenig auf Kooperation. Einzelne Instrumente werden nach Wilts Auffassung nicht ausreichen, um den Einsatz von Rezyklaten zu erhöhen. Es brauche ein über das Abfallrecht hinausgehenden Instrumentenmix. Eine Rezyklatquote könne Anreize für Investitionen und Forschung liefern und zudem für eine verlässliche Nachfrage sorgen. Wilts mahnte zudem eine "Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft" an, etwa durch auf der Blockchain-Technologie basierende Pfandsysteme. Weiterhin regte der Sachverständige eine deutsche Kunststoffstrategie an.

Offen zeigte sich Wilts für eine Bepfandung von bestimmten Kunststoffverpackungen, wie es für PET-Flaschen schon üblich ist. Die Einführung des Pfandsystems für PET-Flaschen habe zu einer Standardisierung geführt und den Kreislauf geschlossen, führte Wilts aus. Skeptisch zeigte sich IK-Vertreterin Schmidt gegenüber eine Bepfandung abseits der PET-Flaschen. In diesem Bereich sei die Bepfandung erfolgreich, im restlichen Bereich sei man mit den dualen Systemen gut bedient, so Schmidt.

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3. Kinderchancengeld der FDP abgelehnt

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Die FDP ist mit ihrer Forderung nach einer Bündelung der kinderbezogenen Leistungen für Familien in einem "Kinderchancengeld" gescheitert. Der Familienausschuss lehnte den entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion (19/7692) am Mittwoch ohne Aussprache mit den Stimmen aller anderen Fraktionen ab. Der Antrag der Liberalen sieht ein dreisäuliges Modell für das Kinderchancengeld vor. In der ersten Säule sollen alle bisherigen einkommensunabhängigen Leistungen gebündelt werden und nicht mehr nach der Zahl der Kinder differenziert werden. Dieser Grundbetrag soll jedem Kind zustehen und automatisiert ausgezahlt werden. In der zweiten Säule sollen insbesondere die Leistungen für Kinder nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch und der Anteil an Wohngeld, Unterkunft und Heizung zusammengefasst werden. Die dritte Säule soll die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakt beinhalten.

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4. Umgang mit Kohle-Kommission-Beschluss

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Vorschläge der Kohle-Kommission für ein erfolgreiches Bewältigen des Strukturwandels in Bergbau-Regionen werden nach wie vor von der Bundesregierung geprüft. Dies geht aus der Antwort (19/8916) auf eine Kleine Anfrage (19/8205) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Es sei geplant, frühzeitig ein Gesetz zur Unterstützung des Strukturwandels vorzulegen, heißt es weiter. Die Umsetzung hänge auch vom Ergebnis von Verhandlungen mit den Kraftwerksbetreibern ab. "Am Ende wird das Parlament über die Gesetzesvorschläge entscheiden." Ziel sei, noch vor der Sommerpause eine gesetzliche Grundlage für die Strukturförderung vorzulegen.

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5. Stand bei der ePrivacy-Verordnung

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass die Verhandlungen über die ePrivacy-Verordnung vor den Europawahlen abgeschlossen werden. Nach gegenwärtigem Sachstand sei dies eher unwahrscheinlich, heißt es in der Antwort (19/8919) auf eine Kleine Anfrage (19/8227) der FDP-Fraktion. Derzeit werde ein Vorschlag auf der Grundlage aktueller Präsidentschaftstexte weiterhin auf der Ebene der Ratsarbeitsgruppe diskutiert. Ein genauer Zeitplan liege nicht vor, so die Bundesregierung weiter. Die Verordnung soll den Privatsphärenschutz bei elektronischer Kommunikation stärken, im Prinzip analog zur EU-Datenschutzgrundverordnung.

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6. Bürokratie bei Rentenbesteuerung

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die Bürokratie bei der Rentenbesteuerung ist Thema einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion (19/8905). Die Fraktion will erfahren, wie viele Bürger Renten beziehen und wie viele davon zur Einkommensteuer veranlagt werden. Auch wird nach dem Aufkommen an Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag aus der Rentenbesteuerung gefragt. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage verweisen die Abgeordneten darauf, dass die Fertigung einer Einkommensteuererklärung anspruchsvoll und oft mühselig sei. Daher soll sich die Bundesregierung zu Entbürokratisierungsvorhaben äußern wie zum Beispiel dem Amtsveranlagungsverfahren in Mecklenburg-Vorpommern, bei dem auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verzichtet werden kann, wenn außer den Rentenbezügen keine weiteren Einkünfte erzielt werden.

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7. Umsetzung der Grundsteuer-Reform

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Den Umsetzungsstand der Reform der Grundsteuer will die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/8910) in Erfahrung bringen. Gefragt wird, wie viele wirtschaftliche Einheiten neu bewertet werden müssen und inwiefern der im Rahmen der Einheitsbewertung vorhandene Datenbestand überprüft und ergänzt werden muss.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 400 - 10. April 2019 - 14.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2019

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