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BUNDESTAG/8367: Heute im Bundestag Nr. 506 - 06.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 506
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 6. Mai 2019, Redaktionsschluss: 16.07 Uhr

1. Expertenkritik am Zensusgesetz 2021
2. Chancen der Optogenetik
3. Neue Professuren für Künstliche Intelligenz
4. Fachprogramm Medizintechnik
5. Plattform für digitale Hochschulbildung


01. Expertenkritik am Zensusgesetz 2021

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte "Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Zensus im Jahr 2021" (19/8693) ist bei einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montag teilweise auf Kritik gestoßen. Die Einzelsachverständige Kirsten Bock bemängelte, einige der Erhebungsmerkmale seien nicht erforderlich und verstießen gegen den Grundsatz der Datenminimierung. Peter Büttgen als Vertreter des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit verwies auf im Gesetzentwurf befindliche Grauzonen hinsichtlich der Verantwortlichkeiten bei der Erhebung. Frederick Richter von der Stiftung Datenschutz kritisierte, beim Testlauf zum Zensus sei der Klardatenbestand genutzt worden, was ein unnötiges Risiko hinsichtlich des Datenschutzes darstelle.

Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes, betonte hingegen, es gehe um einen Abgleich "zwischen dem Wünschenswerten und dem Möglichen". Dies sei mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "gut gelungen".

Mit dem Gesetz soll die Rechtsgrundlage für die Durchführung des Zensus 2021 geschaffen werden. Er knüpft laut Bundesregierung "an die bewährten Elemente des letzten Zensus im Jahre 2011 an und sieht dort, wo notwendig, methodische und organisatorische Fortentwicklungen vor". Den Angaben zufolge umfasst der Zensus 2021 eine Bevölkerungszählung, eine Gebäude- und Wohnungszählung, eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis und Erhebungen an Anschriften mit Sonderbereichen.

Wie der Zensus 2011 ist auch der Zensus 2021 laut Vorlage als registergestützte Erhebung konzipiert. "Dabei werden in erster Linie bereits vorhandene Verwaltungsdaten genutzt und nur dann ergänzende Erhebungen durchgeführt, wenn Verwaltungsdaten für bestimmte Merkmale nicht vorhanden oder aus statistischer Sicht nicht für die Auswertung geeignet sind", schreibt die Bundesregierung weiter. Neben Übermittlungen behördlicher Daten, insbesondere Melderegisterdaten und bestimmter Datensätze oberster Bundesbehörden, seien auch "ergänzende primärstatistische Befragungen der Bevölkerung vorgesehen".

Aus Sicht von Kirsten Bock stehen aber Fragestellungen nach der Religionsmitgliedschaft oder auch nach "früheren Vornamen, Geschlecht und Geburtstag" nicht im Zusammenhang mit staatlicher Aufgabenwahrnehmung. Diese Erhebungsmerkmale gingen auch über die EU-Vorgaben hinaus.

Nach Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gibt es keinen Grund, Religionszugehörigkeit als Standarderhebungsmerkmal in den Zensus zu integrieren, sagte Peter Büttgen. Denkbar sei, dies als freiwillige Angabe abzufragen.

Der geplante Aufbau eines zentralen Registers ist nach Ansicht von Torsten Frenzel von der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern nicht nötig. Die Bundesländer hätten schon jetzt zentrale Melderegister, deren bundesweite Vernetzung sichergestellt sei. Der Aufbau eines zentralen Registers, so Frenzel, würde zusätzliche Kosten verursachen und "weder die Qualität der Daten verbessern, noch den zeitlichen Kontext der Umsetzung beschleunigen".

Professor Ralf Münnich von der Universität Trier sagte, eine Löschung der erhobenen Daten impliziere einen sehr hohen Informationsverlust und verhindere damit eine geeignete Post-Analyse des Zensus. Gerade für die Weiterentwicklung wäre es seiner Ansicht nach außerordentlich wichtig, diese Daten einer gesonderten Forschung zur Verfügung zu stellen. Um gerade für das sehr ambitionierte Ziel der zukünftigen Durchführung eines Registerzensus notwendige Informationen aus dem Zensus 2021 zu erhalten, sei eine sichere Forschungsumgebung, etwa unter Aufsicht des Datenschutzes für möglicherweise kritische Merkmale, von besonderer Bedeutung.

Frederick Richter von der Stiftung Datenschutz betonte, aus datenschutzrechtlichen Gründen - aber auch mit Blick auf finanzielle Aspekte - sei eine rein registergestützte Auswertung wünschenswert. Was eine bundesseitige Datenschutzfolgenabschätzung angeht, die die Ländern fordern würden, der Bund aber nicht für nötig halte, so sei es laut Richter "zwingend", dass diese vor Beginn des Zensus "komplett" abgeschlossen sein müsste, da sie sonst ihrer Sinn verfehle.

Georg Thiel sagte, der Zensus 2021 sei die konsequente methodische Fortentwicklung des Zensus 2011, der valide Ergebnisse bereitgestellt habe. Das Vorgehen und die Methodik seien durch die Statistischen Ämter, die Wissenschaft und das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Ein internationaler Vergleich zeige allerdings, dass auch eine andere Methodik und ein anderes Verfahren vorstellbar seien, "um den künftig steigenden Anforderungen von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft gerecht zu werden". Ein solches ausschließlich registerbasiertes Verfahren zur Ermittlung der notwendigen Informationen wäre nach Aussage des Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, kostengünstiger und würde die Bevölkerung weiter entlasten. "Hierzu sollten die notwendigen Arbeiten fortgeführt werden", regte Thiel an.

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2. Chancen der Optogenetik

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Deutschland ist seit der Entdeckung der Optogenetik neben den USA eine führende Nation im Bereich der optogenetischen Forschung. Deutschland hat in diesem Feld ausgewiesene Wissenschaftler und im internationalen Vergleich eine sehr gute Ausgangsposition. Unter dem Dach der Hightech-Strategie 2025 hat die Bundesregierung Handlungsfelder und Förderungsmöglichkeiten entwickelt. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/9722) auf die Kleine Anfrage der FDP (19/9084).

Vor dem Hintergrund des großen Potenzials fördere die Bundesregierung die Entwicklung und Anwendung optogenetischer Methoden im Rahmen verschiedener Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Es handele sich dabei um Maßnahmen zu den Neurowissenschaften, der Proteomforschung, der Systembiologie, der Photonik und der individualisierten Medizin. Das BMBF habe die Optogenetik im Rahmen seiner Fachprogramme bis heute mit insgesamt circa 78 Millionen Euro unterstützt. Es sei derzeit allerdings keine eigenständige Fördermaßnahme zur Optogenetik geplant.

Das Forschungsfeld der Optogenetik befindet sich überwiegend noch im Bereich der Grundlagenforschung, betont die Bundesregierung. Das Hauptanwendungsgebiet liege derzeit in den Neurowissenschaften. Zunehmend würden aber auch therapeutisch relevante Ansätze verfolgt. Der Fokus liege dabei auf den Themen Makuladegeneration, Parkinson, Schlaganfall und Epilepsie. Auch wenn Anzahl und Arten an neuen und verbesserten optogenetischen Werkzeugen kontinuierlich zunehmen würden, seien noch einige Herausforderungen im Bereich der Grundlagenforschung zu überwinden. Dazu gehörten insbesondere die geringe Eindringtiefe des Lichts und die Verwendung von viralen Vektoren zur Übertragung auf menschliche Zellkulturen.

Grundsätzlich könnte die Optogenetik Anwendung in den Lebenswissenschaften wie den Neurowissenschaften, der Pflanzenphysiologie, der Lebensmittelsicherheit und -qualität wie auch der Messtechnik finden. Im Falle der Hirnforschung könne das Verständnis der Funktionsweise des Gehirns indirekt die Möglichkeit eröffnen, neue Computerarchitekturen für die Künstliche Intelligenz zu entwickeln (Neuronales Computing, Postdigitale Computer). Gleichwohl seien Anwendungen in der Medizin aufgrund bislang nur weniger Humanstudien und den Zulassungsbestimmungen nur in wenigen Fällen bereits relevant. Hier gelte es, in ausgewählten Anwendungen die grundsätzliche Machbarkeit aufzuzeigen.

Ziel der Unterstützung neuer technologischer Bereiche wie der Optogenetik sei es, ihr Potenzial für Menschen und Gesellschaft zu nutzen. Auch sei die Bundesregierung bestrebt, langfristig die wirtschaftliche Verwertung der Technologie zu befördern. Im Bereich der Laborforschung oder der Umweltanalytik seien die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Nutzung bereits gegeben, da sich durch die Verbreiterung der Forschungslandschaft auch ein wachsender Bedarf an spezialisierten Werkzeugen und Ausrüstung ereben.

Die wesentlichen Akteure der Optogenetik seien derzeit insbesondere Universitäten und Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkten in der grundlagennahen biotechnologischen und biomedizinischen Forschung. Das Forschungszentrum Jülich, das Karlsruher Institut für Technologie und das Helmholtz-Zentrum Geesthacht Zentrum für Material- und Küstenforschung befassten sich mit der Beeinflussung molekularer Wechselwirkungen. Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, das Forschungszentrum Jülich und die Technische Hochschule Aachen beschäftigten sich mit neuen Optosensoren und Photoregulatoren zur Lichtvermittelten Steuerung und Analyse molekularer Systeme. Die Universität Marburg, das Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und die Universität Potsdam beschäftigten sich mit der Entwicklung einer optimierten Zellfabrik, bei der die Lichtregulation die Trennung zwischen Wachstumsphase und Produktionsphase der Zellfabrik erlaube. Das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) in Aachen ziele darauf ab, eine innovative, hochspezifische, lichtinduzierbare Technologie zur Genomeditierung mit hohem disruptiven Potenzial auf der Basis fluoreszierenden Nanopolymere zu entwickeln. An der Universität Göttingen würde gemeinsam mit der Universität Freiburg Cochlea-Implantate auf optogenetischer Basis entwickelt.

Im Rahmen von Verbundprojekten zur Optogenetik würden sich erste Beteiligungen von Unternehmen finden. Durch die gemeinsame Arbeit von Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft werde zugleich der Wissens- und Technologietransfer in der Optogenetik aus der Forschung in die Anwendung sichergestellt.

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3. Neue Professuren für Künstliche Intelligenz

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Die AfD-Fraktion befürchtet, dass die von der Bundesregierung bis 2025 in Aussicht gestellte Förderung der Künstlichen Intelligenz (KI) in einer Gesamthöhe von drei Milliarden Euro in Bezug auf den Haushaltsplan für 2020 bereits in Frage zu stehen scheint, da für den Bereich KI die Fördermittel drastisch gesenkt worden seien. Das schreiben die Abgeordneten in einer Kleinen Anfrage (19/9437). Die Fraktion weist ferner darauf hin, dass die Bundesregierung in ihrem Strategiepapier zur KI ein Programm zur wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und Lehre im Bereich KI angekündigt hat, mit mindestens einhundert zusätzlichen neuen Professuren eine breite Verankerung der KI an Hochschulen abzusichern.

Die AfD-Fraktion möchte wissen, wie viele Professuren es im Bereich KI und fachähnlichen Bereichen gibt und auf welche Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen diese verteilt sind. Zudem interessiert die Fraktion, welche der angekündigten einhundert zusätzlichen Professuren für eine Verankerung der KI in den Hochschulen bereits besetzt worden sind und bis zu welchem Zeitpunkt mit einer Besetzung der angedachten Professuren zu rechnen ist.

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4. Fachprogramm Medizintechnik

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Die FDP-Fraktion will erfahren, welche konkreten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der nationale Strategieprozess "Innovationen für die Medizintechnik" der Bundesregierung aus den Jahren 2011 und 2012 ergeben hat, und wie diese umgesetzt wurden. Ferner interessiert die Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/9587), welche Formate es nach Kenntnis der Bundesregierung seitdem zur Umsetzung und Weiterführung des Strategieprozesses Medizintechnik gibt und wie die Bundesregierung die aus dem Strategieprozess hervorgegangene nationale Innovationsplattform Medizintechnik bewertet.

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5. Plattform für digitale Hochschulbildung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Mit dem Aktionsplan "Einrichtung einer europaweiten Plattform für die digitale Hochschulbildung" formuliert die Europäische Kommission einen nächsten Schritt zur Umsetzung einer EU-Agenda für die Hochschulbildung. Die FDP möchte in ihrer Kleinen Anfrage (19/9628) gerne wissen, welche Ziele die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung mit der vierten Aktion des Aktionsplans für digitale Bildung zur Einrichtung einer europäischen Plattform für digitale Hochschulbildung verfolgt und ob die Bundesregierung diese Ziele unterstützt. Zudem fragt die FDP, welche Ziele die Bundesregierung im Hinblick auf die Digitalisierung und Internationalisierung deutscher Hochschulen durch die Einrichtung einer europäischen Plattform für digitale Hochschulbildung unterstützten will.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 506 - 06. Mai 2019 - 16.07 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2019

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