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BUNDESTAG/8373: Heute im Bundestag Nr. 512 - 07.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 512
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 7. Mai 2019, Redaktionsschluss: 11.40 Uhr

1. Berufsorientung muss praxisnaher werden
2. Nato-Beitritt Nordmazedoniens
3. AfD fordert Verbot der BDS-Bewegung
4. Friedensprozess in Kolumbien
5. Asylanträge von Tschetschenen
6. Natürliches Vorkommen von TFA


1. Berufsorientung muss praxisnaher werden

Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt/Ausschuss

Berlin: (hib/FLA) Bei 17.000 Betrieben ging keinerlei Bewerbung für einen Ausbildungsplatz ein. Unklare Vorstellungen vieler Schulabgänger über Berufsbilder bleiben das größte Ausbildungshindernis. Dies sind Ergebnisse der letzten der Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die bei einer Sitzung der Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" zu dem Erörterungsgrundlagen gehörten. Die Sachverständigen-Anhörung unter Leitung von Stefan Kaufmann (CDU) beschäftigte sich mit den "Motivationsfaktoren für eine erfolgreiche berufliche Aus- und Weiterbildung".

Der erste Teil der Sitzung befasste sich mit der Sicht der Arbeitgeber auf diese Thematik. Dabei erläuterte das sachverständige Kommissionsmitglied Achim Dercks die DIHK-Umfrage. Ein Viertel der teilnehmenden Unternehmen hätten die unklaren Berufsvorstellungen beklagt. Die Berufsorientierung müsse mithin ausgebaut und praxisnäher werden, meinte er. Insbesondere an den Gymnasien sollten Beschäftigungsperspektiven, Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen der akademischen sowie der beruflichen Bildung aufgezeigt werden.

Zudem wies Dercks darauf hin, dass für 72 Prozent der Betriebe IT-Kenntnisse der Jugendlichen in Zukunft ein wichtiges Einstellungskriterium seien. Die erweiterten ihren Suchradius beispielsweise auf Studienabbrecher. 16 Prozent der Betrieb böten Anreize für Bewerber - etwa zusätzliche Urlaubstage oder höhere Ausbildungsvergütung.

Barbara Dorn von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hob hervor, dass 80 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe auch tatsächlich ausbildeten. Drei von vier Auszubildenden würden von den Unternehmen übernommen - der höchste Wert seit 20 Jahren. Sie stufte die duale Ausbildung als zentrales Element für die Fachkräftesicherung und Grundpfeiler für die Stärke des deutschen Wirtschaftssystems ein.

Für leistungsstarke Jugendliche biete das duale System attraktive Entwicklungsmöglichkeiten - etwa über Abiturientenprogramme mit der Kombination von Ausbildung und Fortbildung in drei Jahren oder mit einem dualen Studium. Allerdings müssten leistungsschwächere Jugendliche noch besser in die duale Ausbildung integriert werden.

Volker Born vom Zentralverband des Deutschen Handwerks - auch er ist sachverständiges Kommission-Mitglied - machte sich für ergebnisoffene Studien- und Berufsorientierung flächendeckend an allen Schulformen stark. Jugendliche müssten über die Entwicklungsmöglichkeiten in der beruflichen Aus- und Weiterbildung informiert und bei der Auswahl eines ihren Eignungen und Neigungen entsprechenden Ausbildungswegs unterstützt werden. Das Thema müsse in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften an den allgemeinbildenden Schulen verankert werden.

Born unterstrich, gerade wegen der vielen Kleinbetriebe im Handwerk die besondere Bedeutung überbetrieblicher Unterstützungsangebote auch bei der Gewinnung von Nachwuchs. Dazu zählten Kooperationsvereinbarungen mit allgemeinbildenden Schulen oder Messeauftritte.

Die externe Expertin Katharina Weinert vom Handelsverband Deutschland betonte: "Die Eltern sind das A und O bei der Berufsorientierung." Damit seien sie eine wichtige Zielgruppe für die Aufklärung über Karrieremöglichkeiten. Zudem müsse die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen vertieft werden. Sie machte klar, dass junge Leute ihren Ausbildungsbildungsbetrieb vor allem über ihre Interessenlage aussuchten - beispielsweise Mode oder Technik, Kundenkontakt oder Büro. Es müsse ein breites Ausbildungsspektrum für unterschiedliche Talente geboten werden. Sie hob die Bedeutung einer großen Durchlässigkeit bei der Ausbildung mit möglichem Wechsel von einer zweijährigen in eine dreijährige Ausbildungszeit hervor. 80 Prozent der Führungskräfte im Handel hätten ihre Karriere mit einer Lehre begonnen. Berufsschulen müssten nicht zuletzt mit Blick auf die Digitalisierung gut ausgestattet sein.

Die Rahmenbedingungen der Aus- und Weiterbildung bestimmten den zweiten Teil der Anhörung. Das sachverständige Kommissionsmitglied Francesco Grioli von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie machte klar, dass die berufliche Bildung einem ständigen Veränderungsprozess unterliege - und damit auch die motivierenden Faktoren. Er lenkte zum einem den Blick auf die Digitalisierung. Vor allen das Prozess-Know-How der Beschäftigten werde verstärkt gefordert sein. In allen Betrieben sollte eine Qualifikationsanalyse vorgenommen werden, regte er an. In ihrem Rahmen sollten Qualifikationen ermittelt werden, über die Beschäftigte verfügten, die aber von den Betrieben nicht genutzt oder nicht bewusst genutzt werden.

Grioli verwies überdies darauf, dass in den letzten Jahren Angebot und Nachfrage nach akademischer Bildung stark zugenommen habe. Für die Attraktivität der beruflichen Bildung werde es entscheidend sein, stärker anschlussfähig an akademische Bildungswege zu sein. So müssten Betriebe auch duale Studiengänge anbieten.

Die ebenfalls zur Enquete-Kommission gehörige Expertin Angela Kennecke von der Airbus Operations GmbH - sie rede nicht für das Unternehmen, sondern aus ihrer Erfahrung etwa als Betriebsrätin - befand, Sozialkompetenzen gewönnen durch die voranschreitende Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. Sie verwies dabei unter anderem auf die vermehrte Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams und die Globalisierung der Märkte. Sozialkompetenzen seien im Schulsystem aktiv auszubilden und in die betriebliche Weiterbildung zu integrieren.

Kennecke plädierte dafür, den Stellenwert von Ausbildung für alle Berufe zu steigern. Sie forderte für das duale Studium klare Rahmenbedingungen durch Regelungen im Bundesbildungsgesetz. Es gelte, die kaum noch überschaubare Anzahl an Studienangeboten einzudämmen. Der Begriff "dual" müsse durch die Definition qualitativer Mindeststandards geschützt werden.

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2. Nato-Beitritt Nordmazedoniens

Auswärtiges/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung will von deutscher Seite die Voraussetzungen für einen Nato-Beitritt der Republik Nordmazedonien schaffen und hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt (19/9744). Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitgliedstaaten hätten im Juli 2018 der Regierung in Skopje eine Einladung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ausgesprochen, vorbehaltlich der Umsetzung der von den Regierungen in Skopje und Athen im Prespa-Abkommen im Juni 2018 vereinbarten innerstaatlichen Verfahren zur Klärung der Namensfrage. "Das Parlament in Skopje hat am 11. Januar 2019 die innerstaatliche Umsetzung des Prespa-Abkommens beschlossen, das griechische Parlament am 25. Januar 2019", heißt es dazu in der Vorlagen.

Das Protokoll zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Nordmazedonien als Grundlage einer förmlichen Einladung zum Beitritt sei am 6. Februar durch die 29 Nato-Mitglieder unterzeichnet worden. "Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass der Nato-Beitritt der Republik Nordmazedonien einen Beitrag zu Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum leisten wird."

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3. AfD fordert Verbot der BDS-Bewegung

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die AfD-Fraktion fordert ein Verbot der BDS-Bewegung ("Boycott, Divestment and Sanctions") in Deutschland. In einem Antrag (19/9757) weisen die Abgeordneten darauf hin, dass die BDS-Bewegung, die Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren wolle, "ihren Ursprung in antisemitischen und antizionistischen Initiativen arabischer Gruppen hat, die lange vor der Gründung des Staates Israel bereits aktiv waren und die zwischen 1933 und 1945 in engem und freundschaftlichem Kontakt mit der nationalsozialistischen Regierung Deutschlands standen". Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, "allen Gruppierungen, die sich zur BDS-Bewegung zählen, sofort jegliche Förderung aus Bundesmitteln zu streichen; dies gilt insbesondere auch für die finanzielle Unterstützung BDS-naher NGOs durch parteinahe Stiftungen". Neben einem Verbot der Bewegung in Deutschland - etwa auf dem Wege des Vereinsrechts - treten die Abgeordneten auch dafür ein, "sich zur Verantwortung für das Unrecht zu bekennen, dass jüdischen Siedlern in Palästina durch arabische Boykottaufrufe in Zusammenarbeit und im Zusammenhang mit der Herrschaft des Nationalsozialismus angetan wurde".

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4. Friedensprozess in Kolumbien

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der kolumbianische Friedensprozess wird laut Bundesregierung von allen in Kolumbien vertretenen politischen Parteien grundsätzlich unterstützt. In den Parteien bestehen unterschiedliche Vorstellungen zur konkreten Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Friedensvertrag der kolumbianischen Regierung mit der ehemaligen FARC-Guerilla, heißt es in der Antwort (19/9677) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/8443). Die Regierung des neugewählten Präsidenten Iván Duque wolle Anpassungen an dem Friedensvertrag vornehmen, durch die insbesondere die Ausgestaltung der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden geändert werden soll. "In dieser Forderung wird die Regierungspartei Centro Democrático derzeit nur von Teilen der Konservativen Partei und der Partei Cambio Radical unterstützt. Parteien des linken politischen Spektrums wie Polo Democrático und Alianza Verde setzen sich für eine menschenrechtsbasierte Innenpolitik ein."

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit hat die Bundesregierung zwischen Oktober 2013 und Juni 2018 laut Antwort insgesamt 40 Vorhaben der Zivilgesellschaft zur Friedensförderung in Kolumbien unterstützt. Die kolumbianische Regierung habe zuletzt im November 2018 bestätigt, dass sie weiterhin beabsichtige, den Friedensvertrag mit der ehemaligen FARC-Guerilla von 2016 umzusetzen. Auf dieser Grundlage sei die bilaterale "Allianz für Frieden und nachhaltige Entwicklung" vereinbart worden. "Im Rahmen einer Sektorbudgetfinanzierung wird die Auszahlung eines Kredits in Höhe von insgesamt 200 Millionen Euro an die Umsetzung zuvor vereinbarter Reformschritte im Zusammenhang mit dem Friedensprozess geknüpft."

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5. Asylanträge von Tschetschenen

Berlin: (hib/AHE) Nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben im Zeitraum von Januar 2017 bis Februar 2019 insgesamt 7.462 tschetschenische Volkszugehörige mit russischer Staatsangehörigkeit in Deutschland einen Asylantrag gestellt, wobei die erfasste Volkszugehörigkeit auf eigenen Angaben der Asylbewerberinnen und Asylbewerber beruht. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/9678) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor (19/8773). Im gleichen Zeitraum habe das BAMF über die Anträge von 19.099 Tschetschenen entschieden. 593 Personen seien die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt, 438 Personen hätten zudem subsidiären Schutz erhalten. Darüber hinaus habe das BAMF bei 353 Personen Abschiebungsverbote festgestellt. "In wie vielen Verfahren auf die Situation von LGBTI-Personen in Tschetschenien Bezug genommen wurde, lässt sich der Asylgeschäftsstatistik nicht entnehmen", heißt es in der Antwort weiter. Alle Entscheider des BAMF müssten sich vor der Bearbeitung eines Asylverfahrens in die spezifische Situation des entsprechenden Herkunftslandes einarbeiten. Die Entscheidung von Einzelfällen erfolgt stets unter Berücksichtigung der gesamten Flucht- und Lebenssituation der Antragstellenden. "Die Dienstanweisungen des BAMF machen hierzu entsprechende Vorgaben im Einklang mit europäischem und deutschem Recht. In den Leitsätzen zur Russischen Föderation wird auf die Situation der LGBTI in Tschetschenien hingewiesen."

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6. Natürliches Vorkommen von TFA

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Der Bundesregierung ist kein Nachweis bekannt, dass Trifluoracetate (TFA) in großen Mengen natürlich gebildet werden. In einer Antwort (19/9723) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/9089) schreibt die Bundesregierung, dass eine von der FDP in der Anfrage aufgeführte Studie - anders als von den Liberalen dargestellt - keinen Nachweis zu "natürlich vorkommenden TFA" führe. In der Antwort stellt die Bundesregierung zudem die Bewertung des Kältemittels R1234yf durch das Umweltbundesamt dar. Demnach sehe das UBA das Kältemittel unter anderem kritisch, da es "in der Atmosphäre sehr instabil" sei und "bei einer Lebenszeit von zirka zwei Wochen in der Atmosphäre nahezu 100 Prozent der persistenten TFA" bilde, "die schädlich für bestimmte Algen sind".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 512 - 07. Mai 2019 - 11.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2019

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