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BUNDESTAG/8385: Heute im Bundestag Nr. 524 - 08.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 524
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. Mai 2019, Redaktionsschluss: 14.51 Uhr

1. Ausschuss beschließt weitere Anhörungen
2. Keine Gehwegnutzung durch E-Scooter
3. FDP fordert Einwanderungsgesetzbuch
4. FDP verlangt Offensive gegen Bürokratie


1. Ausschuss beschließt weitere Anhörungen

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/MWO) Die Durchführung von zwei weiteren öffentlichen Anhörungen hat der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz auf seiner 48. Sitzung unter Leitung seines Vorsitzenden Stephan Brandner (AfD) am Mittwoch beschlossen. Danach sollen am 5. Juni 2019 Sachverständige zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) (19/9739) gehört werden. Der Entwurf sieht unter anderem eine Verbesserung der Möglichkeiten der börsennotierten Gesellschaften zur Kommunikation mit ihren Aktionären vor. Für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater werden Transparenzpflichten verankert.

Dem Grunde nach beschlossen wurde eine Anhörung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema "Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht" (19/7983). Danach soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Einführung eines Regelwerkes zur strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen und daneben die Anpassung des Strafprozessrechts zur Ahndung von Unternehmensstraftaten vorsieht. Dies solle auch bei ausschließlich im Ausland begangenen Verfehlungen von deutschen Unternehmen oder Tochterunternehmen gelten.

Eine bereits beschlossene Anhörung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Fortbildung von Richterinnen und Richtern sowie Qualitätssicherung im familiengerichtlichen Verfahren" (19/8568) wurde auf 25. September terminiert. Mit großer Mehrheit abgelehnt wurde ein Antrag der AfD-Fraktion zur Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum AfD-Gesetzentwurf zur Aufhebung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (19/4810).

Nach längerer Diskussion lehnte der Ausschuss mit den Stimmen aller anderen Fraktionen einen Gesetzentwurf der AfD für ein Gesetz zur Verbesserung der Inneren Sicherheit (19/5040) ab. Mit ihrem umfangreichen Forderungskatalog zur Verschärfung des Straf- und Ausländerrechts war die AfD-Fraktion bereits bei der ersten Lesung im Bundestag auf entschiedene Ablehnung der anderen Fraktionen gestoßen. Während Roman Reusch den Entwurf seiner Fraktion verteidigte, warfen Abgeordnete der anderen Parteien der AfD vor, damit gegen das Völkerrecht und das Grundgesetz zu verstoßen. Eine von der AfD-Fraktion beantragte öffentliche Anhörung zu dem Entwurf hatte der Ausschuss im April abgelehnt.

Nach ausführlicher Debatte lehnte das Gremium einen Antrag der FDP-Fraktion zur Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren (19/8266) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ab. Abgeordnete von CDU/CSU und SPD sahen ebenfalls Handlungsbedarf, verwiesen jedoch auf die notwendige Beteiligung der Länder. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium Christian Lange (SPD) sagte, es sei geplant, dass sich die Länder auf der Justizministerkonferenz Anfang Juni zu dem Thema positionieren. Im Anschluss würden die Eckpunkte festgelegt und ein Regelungskonzept erarbeitet. Ferner beschloss der Ausschuss die Abgabe einer Stellungnahme und die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten zu dem Organstreitverfahren 2 BvE 5/18 vor dem Bundesverfassungsgericht, bei dem es um die Klage der AfD-Fraktion gegen die Parteienfinanzierung geht. Weiter befasste sich der Ausschuss mit einer Reihe von Gesetzentwürfen, Anträgen und Unterrichtungen, bei denen er nicht federführend ist.

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2. Keine Gehwegnutzung durch E-Scooter

Verkehr und digitale Infrastruktur/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung ist nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Steffen Bilger (CDU), kompromissbereit gegenüber dem Bundesrat, was das Thema Gehwegnutzung durch Elektrokleinstfahrzeuge - wie beispielsweise E-Scooter - angeht. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am Mittwoch deutlich, der ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel: "E-Scooter und Hoverboards jetzt bürgerfreundlich zulassen - Flexible Mobilität schnell und innovativ ermöglichen" (19/8543) zugrunde lag. Ziel der Bundesregierung sei es, die entsprechende Verordnung, die ein "ausgewogener Vorschlag" sei, noch im Juni in Kraft treten zu lassen, sagte Bilger.

Von der Verordnung erfasst werden sollen Fahrzeuge ohne Sitz oder selbstbalancierende Fahrzeuge mit oder ohne Sitz, die eine Lenk- oder Haltestange haben, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 und 20 km/h liegt und die verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderungen im Bereich von Brems- und Lichtsystem erfüllen. Laut dem Verordnungsentwurf sollen Elektrokleinstfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 12 km/h grundsätzlich Radwege befahren und ab Vollendung des 14. Lebensjahrs genutzt werden können. Fahrzeuge mit bis zu 12 km/h dürfen auf Fußwegen und ab 12 Jahren genutzt werden.

Nicht nur im Bundesrat, sondern auch bei den zu der Anhörung geladenen Experten stieß die Gehwegnutzung durch Elektrokleinstfahrzeuge auf Ablehnung. Kurt Bodewig von der Deutschen Verkehrswacht sprach von einer erheblichen Gefahrenquelle für zu Fuß gehende. Seiner Ansicht nach ist zudem der Nachweis einer Mofa-Prüfbescheinigung zwingend notwendig. Auch sollte ein Mindestalter von 15 Jahren festgelegt werden.

Christian Kellner vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat bewertete das ähnlich. Er habe die Sorge, dass Kinder helmlos auf der Fahrbahn mit Elektrokleinstfahrzeugen unterwegs sein könnten und damit einer erheblichen Gefahr ausgesetzt seien. Anders etwa als Pedelecs (Elektrofahrräder) seien Elektrokleinstfahrzeuge zuallererst Kraftfahrzeuge.

Darauf wies auch Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hin. Fahrzeuge, mit einer Geschwindigkeit von mehr als 6 km/h (Schrittgeschwindigkeit), die ohne Muskelkraft betrieben würden, würden dem Pflichtversicherungsgesetz unterfallen. Eine Versicherung über die private Haftpflichtversicherung sei ausgeschlossen, sagte er. Es gehe nicht darum, Elektrokleinstfahrzeuge zu verhindern, betonte Brockmann. Um deren Risiken besser abschätzen zu können brauche es aber Verhaltensforschungen.

Forschungsbedarf sah auch Karsten Lemmer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Das betreffe die Unfallvermeidung ebenso wie die Frage, ob Elektrokleinstfahrzeuge andere Mobilitätsformen verdrängen können. Lemmer warb zugleich für eine Offenheit gegenüber neuen Formen der Mobilität. Es gelte jedoch nicht nur zu betrachten was technisch möglich sei, sondern auch, was Akzeptanz finden könne.

Hilke Groenewold vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband sagte, Blinde und Sehbehinderte seien auf den "Schutzraum Gehweg" angewiesen. Verkehrten dort Elektrokleinstfahrzeuge, stelle das eine Gefahr dar. Eine Ausnahme sei gerechtfertigt, wenn Gehbehinderte Elektrokleinstfahrzeuge mit maximal 6 km/h nutzen.

International sei es so, dass die Nutzung der Gehwege teils von vornherein nicht erlaubt oder im Nachgang verboten worden sei, sagte Roland Stimpel von Fuss e.V. "Elektrokleinstfahrzeuge auf Gehwegen vernichten Mobilität", sagte er. Zudem seien viele Gehwege zu schmal. Die empfohlene minimale Wegbreite werde vielfach nicht erreicht und teils auch von Kommunen bewusst unterschritten.

Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag kritisierte, die Kommunalvertreter seien in die Schaffung der Verordnung nicht eingebunden worden. Es dürfe aber nicht sein, dass der Bund großzügige Regelungen vorlege und Gehwege und Fußgängerbereiche generell freigebe. Dies müsse den kommunalen Straßenverkehrsbehörden im Einzelfall überlassen bleiben, forderte er.

Lars Zemke vom Bundesverband Elektrokleinstfahrzeuge zeigte sich erfreut, dass durch eine Verordnung Elektrokleinstfahrzeuge legalisiert werden sollen. Seiner Auffassung nach ist eine Gleichstellung mit Pedelecs sinnvoll. Eine Versicherung, so Lemke, sollte bei Elektrokleinstfahrzeugen bis 25 km/h durch die normale Privathaftpflicht gegeben sein. Gerade bei Elektrokleinstfahrzeugen für Kinder erscheine ihm das vollkommen angemessen, sagte Zemke. Statt verschiedene Sonderreglungen zu erlassen - für Fahrzeuge mit oder ohne Lenkstange - müssten aus seiner Sicht alle Elektrokleinstfahrzeuge beachtet und einheitlich legalisiert werden.

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3. FDP fordert Einwanderungsgesetzbuch

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) "Für einen konsequenten Ansatz in der Einwanderungspolitik - Eckpunkte eines umfassenden Einwanderungsgesetzbuches" lautet der Titel eines Antrags der FDP-Fraktion (19/9924), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. In der Vorlage wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines einheitlichen Einwanderungsgesetzbuches vorzulegen,

Dabei sollen Asyl für politisch Verfolgte im Sinne des Grundgesetzartikels 16a und Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sowie nach Artikel 18 der Europäischen Grundrechtecharta gewährleisten werden. Ferner soll der Vorlage zufolge ein neuer Schutzstatus für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge eingeführt werden, der auf die Dauer der Kriegs- oder Bürgerkriegshandlungen im Heimatland begrenzt sein soll.

Beim Asylverfahren soll der Bund nach dem Willen der Fraktion für alle Fragen zuständig sein, die den Schutzstatus und den Aufenthalt des Schutzsuchenden in Deutschland betreffen, während sich die Länder auf die Aufgabe der Integration konzentrieren sollen. Registrierung und Erstaufnahme inklusive der medizinischen Versorgung sollen laut Antrag in zentralen Unterbringungseinrichtungen erfolgen, in denen alle mit dem Asylverfahren befassten Behörden sowie die Verwaltungsgerichte eingebunden sind.

Um die Einwanderung in den Arbeitsmarkt "verständlich und einfach zu steuern", will die Fraktion ein "Zwei-Säulen-System" einführen, "bestehend aus einer überarbeiteten Blue Card als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot und der Einführung einer Chancenkarte mit einem Punktesystem zur Steuerung der Vergabe von Visa zur Arbeitssuche". Für anerkannte Flüchtlinge und gut integrierte Asylsuchende soll es nach den Vorstellungen der Abgeordneten die Möglichkeit eines "Spurwechsels" aus dem Asylverfahren oder dem vorübergehenden humanitären Schutzstatus in eine der beiden Säulen der Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben.

Dem " Erhalt der Schengen-Freizügigkeit ohne Grenzkontrollen an den Binnengrenzen" wird in dem Antrag "oberste Priorität" eingeräumt. Offene Grenzen im Schengenraum setzten aber voraus, dass dessen Außengrenzen effektiv geschützt und kontrolliert werden, heißt es in der Vorlage weiter. Solange das nicht gegeben sei, müsse "die Möglichkeit gewährleistet sein, unter bestimmten Bedingungen auch Zurückweisungen an deutschen Außengrenzen vornehmen zu können".

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4. FDP verlangt Offensive gegen Bürokratie

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die FDP-Fraktion hat mehr Entschlossenheit beim Abbau der Bürokratie verlangt. In einem Antrtag (19/9922), der sich auf den Abbau der Bürokratie im Steuerrecht konzentriert, steht besonders eine Vielzahl von Genehmigungen, Statistiken und behördlichen Verfahren im Fokus, mit denen sich vor allem mittlere und kleinere Unternehmen konfrontiert sehen würden. Unter anderem wird gefordert, die Wertgrenze für Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter auf Anschaffungskosten bis zu einem Betrag von 1.000 anzuheben.

Die Abgabezeitpunkte für verschiedene Steueranmeldungen sollen nach dem Willen der FDP-Fraktion vereinheitlicht werden. Steuerpflichtige Rentner, die ausschließlich Renteneinkünfte beziehen, sollen keine Steuererklärung mehr abgeben müssen. In diesen Fällen sollen die dem Finanzamt bekannten Daten für die Steuerfestsetzung verwendet werden. Dann soll die Bundesregierung prüfen, inwiefern zukünftige Gesetzesänderungen, die steuerrechtliche Themenkomplexe betreffen, erst nach einer Karenzzeit in Kraft treten können, wenn die erforderliche IT-Infrastruktur in der Praxis der Verwaltung und der Wirtschaft vorliegt.

Nach Angaben der FDP-Fraktion sind die Bürokratiekosten in den vergangenen Jahren trotz diverser Maßnahmen kaum spürbar gesunken. Dies liege unter anderem daran, dass sich der Gesetzgeber zu stark um eine größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit bemühe, anstatt den Schwerpunkt auf eine passgenaue Regulierung zu legen, die überflüssige Bürokratie vermeide. Zudem würden Maßnahmen und Initiativen zur Entbürokratisierung wie die sogenannte "Bürokratie-Bremse" beziehungsweise die Konzeption einer "One in, one out-Regel" durch Ausnahmetatbestände entkräftet. Von den 1,9 Milliarden Euro an Bürokratieentlastung, auf die sich die Bundesregierung berufe, müssten jedoch 841 Millionen an Ausnahmetatbeständen und eine bislang noch nicht bekannte Summe an Bürokratiekosten für die Mindestlohndokumentationspflichten abgezogen werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 524 - 08. Mai 2019 - 14.51 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2019

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