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BUNDESTAG/9261: Heute im Bundestag Nr. 1411 - 12.12.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1411
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 12. Dezember 2019, Redaktionsschluss: 14.03 Uhr

1. Staatsanwalt über Konflikt mit BKA
2. Vorgänge um PKW-Maut werden untersucht
3. AfD fordert Entlastung der Betriebsrentner
4. Personalvorgaben im Krankenhaus


1. Staatsanwalt über Konflikt mit BKA

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Ein Mitarbeiter der Generalbundesanwaltschaft hat dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz") eine Auseinandersetzung um die Glaubwürdigkeit eines Informanten des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts im Herbst 2015 und Frühjahr 2016 geschildert. Kern des Konflikts sei gewesen, dass das Bundeskriminalamt Angaben des V-Mannes über zwei angeblich geplante Anschläge als unwahrscheinlich bewertet habe, sagte Oberstaatsanwalt Dieter Killmer in seiner Vernehmung am Donnerstag. Er bestätigte damit in Teilen Aussagen eines Kriminalhauptkommissars aus dem Düsseldorfer LKA, des Zeugen M., der dem Ausschuss im vergangenen Monat über die Auseinandersetzung berichtet hatte.

Er habe jedenfalls keinen Zweifel, dass ein Vieraugengespräch, in dem ein BKA-Kollege dem Zeugen M. anvertraut haben soll, der V-Mann solle auf "Anweisung von ganz oben" mundtot gemacht werden, stattgefunden habe, sagte Killmer. Der heute 49-jährige Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof war im Herbst 2015 mit Ermittlungen gegen einen Islamistenkreis um den Hildesheimer Hassprediger Abu Walaa befasst, der im Verdacht stand, Freiwillige für den Krieg des sogenannten Islamischen Staates (IS) in Syrien zu rekrutieren. Die wichtigste Quelle in dieser Gruppe war der als "VP01" geführte Informant des Düsseldorfer LKA.

Im November 2015 berichtete die VP01 über ein Gespräch mit einem Anhänger Abu Walaas. Dieser habe eine Todesliste im Ausland lebender Iraker erwähnt, die liquidiert werden sollten, und von Plänen erzählt, deutsche Polizeireviere mit Handgranaten anzugreifen. Im selben Monat lieferte die VP01 einen Hinweis auf den späteren Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri, der einen Anschlag mit Schnellfeuergewehren im Sinn habe. Das Bundeskriminalamt schätzte die Gefährdungslage in beiden Fälle als außerordentlich gering ein. Es sei kaum glaubhaft, dass ein und derselbe Informant mehrfach an so hochvertrauliche Informationen gelange, lautete nach Angaben des Zeugen das Hauptargument.

Für die Bundesanwaltschaft habe sich daraus ein Dilemma ergeben. Wenn das BKA Angaben eines wichtigen V-Mannes derart massiv in Frage stellte, konnte dies ein schlechtes Licht auf die persönliche Glaubwürdigkeit der Quelle insgesamt werfen, womit einer laufenden Ermittlung womöglich die Basis entzogen wäre. Am 21. Dezember 2015 habe darüber beim niedersächsischen LKA eine erste Aussprache stattgefunden. Dabei hätten Vertreter des BKA vorgetragen, ihnen seien im Laufe des Jahres 450 Hinweise auf angeblich geplante Anschläge zugegangen, darunter 150 von "menschlichen Quellen". Nie habe sich die Information erhärten lassen.

Ein weiteres Mal sei das Thema am 23. Februar 2016 bei der Bundesanwaltschaft zur Sprache gekommen. Dabei hätten zwei V-Mann-Führer aus Nordrhein-Westfalen die Verlässlichkeit ihres Informanten mit dem Hinweis untermauert, dieser genieße das persönliche Vertrauen zweier ranghoher islamistischer Autoritäten. Ein anwesender Vertreter des BKA habe daraufhin zugesagt, die Gefährdungsanalyse so umzuformulieren, dass die Glaubwürdigkeit der Quelle als solche nicht mehr in Zweifel stehe.

Kriminalhauptkommissar M. hatte dem Ausschuss berichtet, der zweite BKA-Kollege habe ihm anschließend mitgeteilt, die V01 solle auf höhere Weisung "aus dem Spiel genommen" werden. Killmer bestätigte, dass M. ihn sowie zwei Staatsanwaltskollegen unmittelbar nach diesem Vieraugengespräch darüber verständigt habe. Er habe sehr aufgebracht gewirkt.

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2. Vorgänge um PKW-Maut werden untersucht

Bundestagsnachrichten/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Der 2. Untersuchungsausschuss der laufenden Wahlperiode hat seine Arbeit aufgenommen. Am Donnerstag konstituierte sich der Untersuchungsausschuss zur Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen (PKW-Maut), um anschließend in nichtöffentlicher Sitzung über Verfahrensfragen zu beraten.

Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses hatte der Bundestag am 28. November beschlossen. Aufgabe des Ausschusses ist es laut Beschluss des Bundestages, die Vorgänge rund um die Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen "unter vertraglichen, rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen, haushälterischen und politischen Gesichtspunkten" zu untersuchen.

Den Vorsitz des Untersuchungsausschusses hat Udo Schiefner (SPD) inne. Stellvertretende Vorsitzende ist Nina Warken (CDU). Insgesamt gehören dem Ausschuss neun ordentliche Mitglieder an, wobei die Unionsfraktion durch Ulrich Lange (Obmann), Nina Warken und Michael Frieser vertreten wird. Für die SPD-Fraktion sitzen Udo Schiefner und Kirsten Lühmann (Obfrau) im Ausschuss. Je ein Mitglied stellen die Fraktionen der AfD (Wolfgang Wiehle), der FDP (Christian Jung), von Die Linke (Jörg Cezanne) und von Bündnis 90/Die Grünen (Stephan Kühn). Mit der inhaltlichen Arbeit beginnen wird der Untersuchungsausschuss im Januar 2020, wobei er zunächst Sachverständige anhören will.

Unmittelbar vor Beginn der konstituierenden Sitzung betonte der Ausschussvorsitzende Schiefner, der Ausschuss sei "keine politische Show-Bühne". "Der Ausschuss ist nicht in der Rolle des Anklägers und nicht in der Rolle des Verteidigers, sondern in der des Aufklärers", erklärte der SPD-Politiker. Vor dem Hintergrund der "schweren Vorwürfe und offenen Fragen, die im Raum stehen", gelte es, die Vorgänge mit der "gebotenen Sachlichkeit" aufzuklären.

Der Ausschuss biete "die große Chance, die Diskussion um die Infrastrukturabgabe zu versachlichen", sagte Ulrich Lange (CSU) in einem Statement vor Beginn der Sitzung. Von einem "guten, demokratischen Verfahren" sprach Kirsten Lühmann (SPD). Auch Wolfgang Wiehle (AfD) äußerte die Hoffnung, dass die Vorgänge sachlich aufgeklärt würden. Christian Jung (FDP) sagte, eine der Aufgaben des Ausschusses werde es sein, aufzuklären, welche Personen im Hintergrund beteiligt gewesen seien. Jörg Cezanne (Die Linke) erklärte, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sei "heute schon politisch verantwortlich zu machen". Stephan Kühn (Grüne) warf die Frage auf, warum der Betreibervertrag unterschrieben worden sei, ohne dass Rechtssicherheit geherrscht habe.

Der Vertrag mit dem Betreiberkonsortium aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim war Ende 2018 notariell beurkundet worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch eine Klage Österreichs gegen das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hängig war. Dieser entschied am 18. Juni 2019, die Infrastrukturabgabe verstoße gegen europäisches Recht, namentlich gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Vorgesehen war zwar, dass auch Halter eines in Deutschland zugelassenen Fahrzeugs die Abgabe hätten zahlen müssen; ihnen wäre aber - im Unterschied zu Haltern eines im Ausland zugelassenen Autos - die KfZ-Steuer mindestens in Höhe der Mautgebühr erlassen worden.

Unmittelbar nach dem EuGH-Urteil kündigte die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, die Betreiberverträge zum 30. September 2019. Teile der Opposition erwarten deshalb, dass die Betreiber hohe Schadenersatzforderungen wegen des ihnen entgangenen Gewinns stellen werden. Bundesverkehrsminister Scheuer seinerseits hat gegenüber der Öffentlichkeit die Kritik an seinem Vorgehen zurückgewiesen und argumentiert, es sei seine Pflicht gewesen, sich rechtzeitig um Einnahmen in Milliardenhöhe zu kümmern.

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3. AfD fordert Entlastung der Betriebsrentner

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/15788) eine deutliche Entlastung der Betriebsrentner von Sozialbeiträgen. Mit der Einführung eines Freibetrages würden die systematischen Fehler, durch die eine betriebliche Altersvorsorge unattraktiv werde, nicht beseitigt.

Die Abgeordneten fordern, dass alle staatlich geförderten Verträge der betrieblichen Altersvorsorge nur einmal mit Beitragszahlungen zur Sozialversicherung belastet werden. Ferner sollten auf Antrag der Betroffenen doppelt gezahlte Beiträge zur Sozialversicherung auf Verträge der betrieblichen Altersvorsorge rückerstattet werden.

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4. Personalvorgaben im Krankenhaus

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/15790) verbindliche Personalvorgaben für alle in Krankenhäusern aktiven Berufsgruppen. Die alleinige Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen und Pflegepersonaluntergrenzen seien nicht ausreichend, um eine gute Versorgung im Krankenhaus sicherzustellen.

Es sollten daher die Kosten für alle im Krankenhaus tätigen Berufsgruppen aus den Fallpauschalen (DRG) ausgegliedert werden. Zudem müssten verbindliche patienten- und aufgabengerechte Personalvorgaben für alle im Krankenhaus tätigen Berufsgruppen gelten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1411 - 12. Dezember 2019 - 14.03 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2019

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