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BUNDESTAG/9443: Heute im Bundestag Nr. 133 - 30.01.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 133
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 30. Januar 2020, Redaktionsschluss: 10.22 Uhr

1. Nein zu biometrischer Gesichtserkennung
2. Anonymität im öffentlichen Raum
3. Einbürgerung von Nachfahren
4. Gesundheitsfachkräfte aus dem Ausland


1. Nein zu biometrischer Gesichtserkennung

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf einen Verzicht auf den Einsatz biometrischer Gesichtserkennung in öffentlichen Räumen. In einem Antrag (19/16885), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, "von der geplanten gesetzlichen Legalisierung des polizeilichen Einsatzes biometrischer Gesichtserkennung" in öffentlich zugänglichen Räumen Abstand zu nehmen und die entsprechenden Passagen im Entwurfs eines novellierten Bundespolizeigesetzes wie durch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angekündigt ersatzlos zu streichen.

Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion dem Bundestag einen Gesetzentwurf für ein "gesetzliches Verbot der biometrischen, algorithmengesteuerten Gesichtserkennung oder anderweitiger biometrischer Verfahren zum Ziele der anlasslosen, eindeutigen Identifizierbarkeit" von Bürgern in öffentlichen Räumen vorlegen sowie auf europäischer Ebene darauf hinwirken, dass dort ebenfalls eine entsprechende Verbotsregelung verabschiedet wird.

In der Vorlage führen die Abgeordneten aus, dass Demokratien von der Verfügbarkeit grundsätzlich unüberwachter öffentlicher Räume lebten, in denen sich Individuen frei bewegen und äußern können. Die biometrische Gesichtserkennung auf Grundlage algorithmischer Verfahren stelle diese rechtsstaatliche Notwendigkeit in Frage und drohe, die relative Anonymität öffentlicher Räume nachhaltig zu gefährden oder gar zu beenden.

"Die derzeitigen Pläne des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat für eine Legalisierung der sogenannten ,intelligenten Videoüberwachung' und der automatisierten, biometrischen Gesichtserkennung in öffentlichen Räumen stellen eine existenzielle Gefahr für die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger dar", heißt es in dem Antrag weiter. Die "in einem Gesetzentwurf für ein reformiertes Bundespolizeigesetz verankerten Pläne" sähen eine schrittweise Einführung derartiger Systeme auf besonders frequentierten Bahnhöfen und Flugplätzen vor.

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2. Anonymität im öffentlichen Raum

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) "Für ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum - Keine automatisierte Gesichtserkennung durch die Bundespolizei" lautet der Titel eines Antrags der FDP-Fraktion (19/16862), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "im Rahmen der Novelle des Bundespolizeigesetzes weiterhin auf Pläne zu verzichten, mit denen die Bundespolizei die Befugnis zur automatisierten Gesichtserkennung erhalten soll". Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem das "Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum" festgeschrieben wird, und sich zudem im Rat der Europäischen Union unter anderem "für ein europaweites temporäres Moratorium für den Einsatz von Software zur automatisierten und massenhaften Gesichtserkennung im öffentlichen Raum" einsetzen.

Wie die Fraktion ausführt, muss der Gesetzgeber das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum gesetzlich festschreiben, "um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und dabei insbesondere die Privatsphäre und die informationelle Selbstbestimmung auch im öffentlichen Raum zu schützen". Die Bürger dürften auch im öffentlichen Raum keiner Totalüberwachung unterworfen sein. "Eine solche Überwachung würde es ermöglichen, durch lückenlose Bewegungsprofile die Freiheit des Einzelnen übermäßig einzuschränken", schreiben die Abgeordneten.

Zugleich betonten sie, dass das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum nicht schrankenlos gelte. Es könne durch Gesetze und Maßnahmen insbesondere zum Zweck der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung eingeschränkt werden. Der massenhafte Einsatz automatisierter Gesichtserkennung im öffentlichen Raum stelle aber einen völlig unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum dar. Dagegen könne "intelligente Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten ohne automatisierte Gesichtserkennung eine sinnvolle Maßnahme zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sein. Auch der Einsatz von Software, mit der bestimmte Gefahrensituationen automatisch erkannt werden oder bei der Polizeivollzugsbeamte im Einzelfall über ein Einschreiten oder eine Aufzeichnung entscheiden, kann sinnvoll sein", heißt es ferner in der Vorlage.

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3. Einbürgerung von Nachfahren

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/SUK) Nachfahren von Menschen, denen durch das NS-Regime aus politischen, "rassischen" oder religiösen Gründen die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen wurde, sollen nach dem Willen der Grünen einen Anspruch auf (Wieder)-Einbürgerung erhalten. Dies fordert die Fraktion in einem Antrag (19/16846). Zur Begründung heißt es, allein in den letzten zehn Jahren hätten mehr als 30.000 Betroffene einen Einbürgerungsantrag gestellt. Dabei dürften ihnen "keine Steine in den Weg gelegt werden".

Allerdings zeige die Praxis, dass die bestehenden Regelungen bestimmte Personengruppen ausschließen würden und nicht ausreichten. Damit, so schreiben es die Grünen in ihrem Antrag, würde die NS-Unrechtsherrschaft nach 75 Jahren im Staatsangehörigkeitsrecht teilweise fortwirken. Die Bundesregierung solle daher einen Entwurf zur "staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachung" vorlegen und für "unkomplizierte und unbürokratische Verwaltungsverfahren Sorge tragen".

Dass so viele Nachkommen von Menschen, die während der NS-Diktatur verfolgt und zur Emigration gezwungen worden, heute wieder deutsche Staatsangehörige sein wollen, solle "Deutschland mit Dankbarkeit erfüllen". Es sei und bleibe Deutschlands historische Verantwortung, "das geschehene Unrecht, soweit das überhaupt möglich ist, wiedergutzumachen".

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4. Gesundheitsfachkräfte aus dem Ausland

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Das Gesundheitssystem in Deutschland muss nach Ansicht der Grünen-Fraktion systematisch für ausländische Fachkräfte geöffnet werden. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sei das Gesundheitswesen stärker als bisher auf eingewanderte Erwerbstätige angewiesen, heißt es in einem Antrag (19/16844) der Fraktion.

Für ein pluralistisches Gesundheitswesen seien gute Arbeitsbedingungen, berufsspezifische Sprachförderungsangebote, transparente und effiziente Anerkennungsverfahren sowie Unterstützung bei der Anpassungsqualifizierung nötig.

Die Abgeordneten fordern unter anderem bundesweite Standards für Anerkennungsverfahren bei Pflege- und Gesundheitsberufen, berufsspezifische Sprachkurse, die Repräsentanz von Menschen mit Migrationsgeschichte in den Führungsgremien des Gesundheitswesens sowie eine Strategie zur Integration ausländischer Fachkräfte.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 133 - 30. Januar 2020 - 10.22 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2020

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