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BUNDESTAG/9470: Heute im Bundestag Nr. 161 - 10.02.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 161
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 10. Februar 2020, Redaktionsschluss: 17.23 Uhr

1. Zuverlässigkeitsprüfung im Luftverkehr
2. Regulierung von ADM-Systemen
3. Keine Prognosen zur Grundsteuer C
4. Kindesentführungen ins Ausland
5. Einfluss auf Direktzahlungengesetz
6. Einfluss auf Tierwohlkennzeichen


1. Zuverlässigkeitsprüfung im Luftverkehr

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Über Änderungen bei der Zuverlässigkeitsprüfung im Luftverkehr haben Experten am Montagnachmittag während einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses diskutiert. Grundlage dazu waren ein Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Verbesserung der Rahmenbedingungen luftsicherheitsrechtlicher Zuverlässigkeitsüberprüfungen" (19/16428), die dazu erfolgte Stellungnahme des Bundesrates (19/16717) sowie ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten und Luftsportler" (19/16481). Mit Blick auf mögliche Angriffe sogenannter Innentäter, die aus Sicht der Bundesregierung eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs darstellen, sieht der Regierungswurf unter anderem vor, künftig Erkenntnisse aus dem Erziehungsregister und dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister bei der Bewertung der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen. Der Bundesrat hält es laut seiner Stellungnahme für sinnvoll, Luftfahrtunternehmen zu verpflichten, die Ausweispapiere der Fluggäste vor Einstieg in das Flugzeug zu prüfen und mit den bei der Buchung angegebenen Daten abzugleichen.

Für Uwe Büchner, Leitender Ministerialrat beim Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, ist die Schaffung eines gemeinsamen Luftsicherheitsregisters die wichtigste Maßnahme. Der aktuell praktizierte Austausch von Negativlisten auf Papier durch die Bundes- und Landesbehörden sei antiquiert, befand er. Auch werde die Mobilität unter den Flughafenmitarbeitern nicht beachtet. Wechsle ein Mitarbeiter vom Flughafen Köln nach München bringe er eine Zuverlässigkeitsbescheinigung mit, die gefälscht oder inzwischen überholt sein könne. Eine Austauschplattform in Form einer Datenbank könne hier hilfreich sein, sagte er. Die vom Bundesrat angedachte Ausweiskontrolle vor dem Boarding hält Büchner aus Flugsicherheitsgründen nicht für notwendig, da die Passagiere die Sicherheitskontrolle dann schon durchlaufen hätten. Mit Blick auf die Kriminalitätsbekämpfung sei der Abgleich dennoch unterstützenswert, sagte der Ministerialrat.

Auch Professor Wolfgang Däubler von der Universität Bremen hält das geplante Luftsicherheitsregister für sehr sinnvoll. Gleiches gelte für die Einschaltung von Bundespolizei und Zollkriminalamt in die Überprüfungen der Zuverlässigkeit. Bedenken mit Blick auf den Datenschutz hat der Arbeitsrechtler nach eigener Aussage hinsichtlich der Möglichkeit, in das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister Einblick nehmen zu können. Der Erkenntnisgewinn durch ein Register, in dem Ermittlungsverfahren aufgeführt sind, sei sehr gering, befand Däubler. Die Gefahr, Unschuldige zu benachteiligen, sei außerordentlich groß, weil die Überprüfungen ein Massengeschäft seien. Mit Blick auf die Einstiegskontrollen kritisierte Däubler, dass ein entsprechender Gesetzentwurf des Bundesrates nicht weiterverfolgt worden sei. Es sei nicht schlüssig, wenn auf der einen Seite die Zuverlässigkeitsprüfungen verstärkt werden, gleichzeitig aber eine andere Sicherheitslücke bleibe.

Frank Dörner, Rechtsanwalt für Luftfahrtrecht, kritisierte das Prinzip der Regelvermutung, wonach Piloten als unzuverlässig gelten, wenn sie wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt wurden. Dörner sprach von einer "Überkriminalisierung". Straftaten aus dem Insolvenzrecht, dem Sozialrecht oder dem Steuerrecht seien nicht in den Zusammenhang mit Schwerstkriminalität, Terror oder Gewalttaten zu bringen, sagte er. Benötigt werde hier eine Korrektur, die auch zu einer Akzeptanz der Betroffenen führt. Es brauche eine Einzelfallgerechtigkeit statt einer "pauschalen Vermutung, jeder über 60 Tagessätze gehört nicht mehr in die Luftfahrt".

Arnd Krummen von der Gewerkschaft der Polizei kritisierte als Vertreter der Bundespolizei, dass Sicherheitsaufgaben an Flughäfen in den Händen von privaten Unternehmen lägen. Derartige hoheitliche Aufgaben müssten mindestens von Beschäftigten einer Bundesanstalt für Luftsicherheit ausgeführt werden, sagte er. Es sei zu begrüßen, dass es der Bundespolizei künftig ermöglicht werden soll, die Mitarbeiter zu überprüfen. Krummen sprach sich zudem gegen die Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten aus. Auch mit kleineren Flugzeugen, so der Polizei-Vertreter, könne sehr wohl großer Schaden angerichtet werden.

Auch Christoph Schaefer, Director Aviation Security bei der Lufthansa, lehnte Ausnahmen für Privatpiloten aus. Die Möglichkeit, Einblick in das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister zu nehmen, begrüßte er ebenso wie das Luftsicherheitsregister. Wirksam könne das aber nur sein, "wenn alle Bundesländer mitziehen". Der Lufthansa-Vertreter räumte ein, dass die Berufszugangsschranke, die die luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung darstelle, ohne weiteres gerechtfertigt sei, da es um den Schutz hochwertiger Rechtsgüter und insbesondere von Leib und Leben möglicher Anschlagsopfer gehe. Allerdings müsse die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens gewahrt bleiben. In Deutschland habe die Negativquote in den letzten Jahren - obwohl jeder Zweifel ein Ablehnungsgrund sei - nur bei fünf Prozent gelegen. In der aktuellen Situation des Fachkräftemangels in bestimmten Sparten sei es wichtig, dass die Ergebnisse der Überprüfung "zügig zur Verfügung stehen", sagte Schaefer.

Keine Bedenken gegen den Gesetzentwurf hat Berthold Stoppelkamp vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft. Die Überprüfungen müssten auf fundierter Grundlage in einem vertretbaren Zeitraum erfolgen, forderte er. Mit der Einrichtung eines zentralen Registers verbinde er die Hoffnung auf die Beschleunigung der Prozesse insbesondere auf der Arbeitgeberseite, sagte Stoppelkamp. Sonderregelungen für Privatpiloten lehnte er ab. Es nicht nachvollziehbar, wenn Putzfrauen auf den Flughafen überprüft würden, nicht aber Privatpiloten, die durchaus zur Gefährdung der Luftsicherheit in Deutschland beitragen könnten.

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2. Regulierung von ADM-Systemen

Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Potenziale/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz haben sich am Montag in ihrer Sitzung mit Feinheiten einer möglichen Regulierung algorithmischer Entscheidungssysteme (ADM-Systeme) befasst. Fünf Sachverständige trugen dazu in öffentlicher Sitzung unter Leitung von Kommissions-Mitglied Ronja Kemmer (CDU) vor.

Katharina Zweig, sachverständiges Mitglied der Kommission und Leiterin des Algorithm Accountability Lab der Technischen Universität Kaiserslautern, betonte in ihrem Vortrag, dass eine Regulierung nur für einen kleinen Teil von ADM-Systemen notwendig sei, nämlich solche mit lernenden Komponenten und die über Menschen entscheiden. Zweig verwies dazu auf ein bereits in einer früheren Sitzung diskutiertes Kritikalitäts-Modell, das die Regulierungsanforderungen anhand der Intensität des Eingriffes bestimmt.

Roberto V. Zicari (Initiative Z-inspection) betonte in seinem Vortag die Bedeutung von Vertrauen im Einsatz von KI-Systemen. Zicari verwies zudem wiederholt auf Empfehlungen der Datenethik-Kommission. Er empfahl unter anderem, dass der Staat keine proprietären KI-Systeme einsetzen sollte, die mit Berufung auf Geschäftsgeheimnisse Transparenz verhinderten.

Matthias Spielkamp (Algorithmwatch) fordert von der öffentlichen Verwaltung zudem, pro-aktiv über den Einsatz von ADM-Systemen zu informieren. Zudem sprach er sich für ein EU-weites ADM-Register aus.

Rebekka Weiß (Bitkom) forderte, in der Debatte nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen des Einsatzes von ADM-Systemen hervorzuheben. Durch ihren Einsatz ließen sich beispielsweise Diskriminierungen besser erkennen. Die Verbandsvertreterin betonte, dass die Selbstregulierung eine Chance biete. Eine Unterregulierung sei indes auch schädlich, da so nicht das erforderliche Vertrauen hergestellt werden könne.

Lina Ehrig (Verbraucherzentrale Bundesverband) betonte, Vertrauen sei kein Selbstläufer, aber wichtig, damit Verbraucher entsprechende Systeme annehmen würden. Ein Regulierung anhand des Schädigungspotentials sah Ehrig als sinnvoll an. Sie forderte zudem, Standardisierung und Normung anzugehen.

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3. Keine Prognosen zur Grundsteuer C

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Gemeinden erhalten ab dem Jahr 2025 die Möglichkeit, aus städtebaulichen Gründen für baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der unbebauten Grundstücke einen gesonderten Hebesatz festzusetzen (Grundsteuer C). Dies erläutert die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/16698) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/16189). Ob und inwieweit Kommunen von der Grundsteuer C Gebrauch machen würden, könne im Voraus nicht abgeschätzt werden. Auch Prognosen zur Höhe der Grundsteuer C will die Regierung nicht abgeben. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die regionalen Marktverhältnisse von Bedeutung.

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4. Kindesentführungen ins Ausland

Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MWO) Mit grenzüberschreitenden Kindesentführungen beschäftigt sich eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/16783). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie viele Rückführungsanträge im Jahr 2019 in Deutschland gestellt wurden und wie viele Rückführungsanträge bezüglich Kindesentführungen noch anhängig sind. Weiter fragen sie, ob bei Auslandsbesuchen der Bundeskanzlerin, eines deutschen Ministers oder des Bundespräsidenten das Thema Kindesentführungen angesprochen wurde. Den Fragestellern zufolge werden jedes Jahr hunderte deutscher Kinder ins Ausland entführt. Trotz des völkerrechtlich bindenden Haager Kindesentführungsübereinkommens sei es für die Betroffenen sehr schwierig, ihre Kinder wieder nach Deutschland zurückzuführen.

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5. Einfluss auf Direktzahlungengesetz

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Das Regierungshandeln soll transparent und für alle Bürger nachvollziehbar sein. Deshalb stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entsprechende Gesetz- und Referentenentwürfe und dazu eingegangene Stellungnahmen auf der Internetseite des Ministeriums ein. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/16772) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/16396) zur Einflussnahme auf den Gesetzentwurf zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes (Bundesratsdrucksache 410/19) hervor. Demnach können aktuelle Entwürfe und Stellungnahmen auf folgender Internetseite des BMEL abgerufen werden: [1]

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6. Einfluss auf Tierwohlkennzeichen

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Das Regierungshandeln soll transparent und für alle Bürger nachvollziehbar sein. Deshalb stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entsprechende Gesetz- und Referentenentwürfe und dazu eingegangene Stellungnahmen auf der Internetseite des Ministeriums ein. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/16775) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/16371) zur Einflussnahme auf den Gesetzentwurf zur Einführung und Verwendung eines Tierwohlkennzeichens (Tierwohlkennzeichengesetz - TierWKG) (Bundesratsdrucksache 464/19) hervor. Demnach können aktuelle Entwürfe und Stellungnahmen auf folgender Internetseite des BMEL abgerufen werden: [1]

[1] https://www.bmel.de/DE/Service/Gesetze-Verordnungen/_Texte/GlaeserneGesetze.html

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 161 - 10. Februar 2020 - 17.23 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2020

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